mit den Bänden „Fatale“, „The Homeland Directive“, „Das Cape“, „The Long Tomorrow”, “Die blinde Zitadelle”, “Zwischenlandung auf Pharagonescia“, „Der Nabel der Welt“ und „Buddha“.
// Der renommierte Autor Ed Brubaker, der bereits den beiden Superhelden „Daredevil“ und „Captain America“ eine Frischzellenkur verpasste, hat sich zusammen mit dem „Hellblazer“-Zeichner Sean Philipps daran gewagt, eine komplexe Mystery-Serie in Szene zu setzen. In „Fatale“ dreht sich alles um eine geheimnisvolle Frau, der die Zeit nichts anzuhaben scheint. Ein gewisser Nicolas Lash läuft ihr in den 30er Jahren über den Weg und sieht sich fortan in einer Spirale der Gewalt gefangen. Kurz darauf wagt der erste Band von „Fatale“ (namens „Der Tod im Nacken“) einen Zeitsprung in die 50er Jahre – die mysteriöse Unbekannte, welche auf den Namen Josephine hört, weilt immer noch unter den Lebenden und trifft auf einen Reporter namens Hank Raines…
doch dann geschieht etwas Unerwartetes, was dazu führt, dass man als Leser regelrecht versinken möchte in diesem Werk voller Anspielungen auf den Film Noir- und Horrorbereich. Der erste Band von „Fatale“ atmet eine einzigartige Atmosphäre, der man sich als Leser nur schwer zu entziehen vermag und ist nach „Criminal“ und „Incognito“ der nächste gelungene Coup des gefeierten Teams um Ed Brubaker und Sean Phillips.
// Eine beängstigende Szenerie breitet sich im Rahmen des Comics „The Homeland Directive“ vor dem hektischen Auge des Zuschauers aus. Ein tödliches Bakterium hat die Vereinigten Staaten fest im Griff. Wo es herkommt, ist noch ungeklärt. Aufgrund der Beschaffenheit kann es sich aber eigentlich nur um einen terroristischen Anschlag handeln. So thematisiert das Werk von Robert Venditti (Idee und Szenario) und Mike Huddleston (Zeichnungen und Farben) die atemlose Suche nach den Tätern, die für das Unheil verantwortlich sind. Die Autoren verstehen es dabei sehr gekonnt, den Leser an der Nase herumzuführen. In „The Homeland Directive“ ist nichts, wie es scheint. Das verdeutlichen auch die grandiosen Kolorierungen von Huddleston, welche die unterschiedlichsten Stimmungen kongenial einzufangen vermögen. So folgen wir nach einem kurzen Abstecher ins Büro des Präsidenten einer gewissen Dr. Laura Regan bei ihren Nachforschungen. Doch nicht nur das… Die beiden Schöpfer räumen auch den weiteren Figuren in diesem spannenden Werk genügend Raum zur Entfaltung ein, so dass von Seite zu Seite sein sehr differenziertes Gesamtbild entsteht. Gut und Böse sind in diesem Zusammenhang nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Stattdessen verschwimmen zunehmend die Grenzen, was „The Homeland Directive“ zu einer der gelungensten Graphic-Novels der vergangenen Monate avancieren lässt, die noch dazu mit einem echten Paukenschlag von Finale gesegnet ist.
// Joe Hill, der Comic-Autor der gefeierten Comic-Reihe „Locke & Key“, die wir beim „Strichcode“ ebenfalls schon mehrmals besprochen haben, machte sich bereits vor einigen Jahren daran, eine neue Variante des klassischen Superhelden-Stoffes aus dem Ärmel zu schütteln. Im Gegensatz zu den zahllosen Heldensagen da draußen, setzt er sich in seinem Werk „Das Cape“ vor allem mit der dunklen Seite von Superkräften auseinander. Nachdem der Protagonist seines Werks als kleiner Junge von einem Baum fällt und danach mehrere Operationen über sich ergehen lassen muss, fühlt er sich zunehmend entfremdet von seiner Umgebung. Sein Leben steht fortan auf Pause und kommt erst wieder so richtig in Gang, als er sich eines Tages ein mysteriöses Cape überstreift. Selbiges schenkt ihm die Kraft, einfach abzuheben und so macht er sich daran, all diejenigen mit einem Besuch zu beehren, welche ihn in den vergangenen Jahren im Stich gelassen haben. Bereits das erste Kapitel endet dabei dermaßen drastisch, dass ein Hoffnungsschimmer am Rande des Horizonts nur sehr schwer auszumachen ist. Zusammen mit Zeichner Zach Howard macht sich der Autor Jason Ciaramella daran, die Kurzgeschichte von Joe Hill in einem völlig neuen Licht erstrahlen zu lassen. Die Kompromisslosigkeit der Geschichte erinnert bisweilen an die epische Comic-Saga „The Walking Dead“ und zeigt auf, wo der Weg für viele Superhelden in Zukunft noch hinführen könnte. Also schnuppert mal rein in diese für den „Eisner“-Award nominierte Short-Story. Es lohnt sich.
// Im Rahmen eines „Strichcode“-Spezials haben wir euch erst vor kurzem die bisher erschienen Bände des Zeichner-Genies Moebius vor Augen geführt. Nun legen wir noch einmal nach und möchten euch bei der Gelegenheit auf drei weitere Bände hinweisen, die Ende letzten Jahres im „Cross Cult“-Verlag erschienen sind. Den Auftakt macht das Buch „The Long Tomorrow“. Während Moebius gerade mit Alexandro Jodorowsky an der Film-Adaption von „Dune“ arbeitete, lernte er den Screenwriter Dan O´Bannon kennen, mit dem er sich schließlich an die Umsetzung der gleichnamigen Titelgeschichte macht. So befinden wir uns zusammen mit Pete Club, seines Zeichens verschlagener Privatdetektiv in der 199. Etage eines belebten Gebäudes. Nachdem der Detektiv das Schließfach 736 geöffnet hat, in welchem sich ein Handkoffer befindet, sind ihm auch schon zahlreiche Verfolger auf den Fersen. Ob er da wieder lebend raus kommt und was das Ganze mit dem Gehirn des Majors zu tun hat. Reinschauen lohnt sich, wenn man bedenkt, dass Meisterwerke wie „Blade Runner“ oder „Das fünfte Element“ spürbar von den hier stattfindenden Ereignissen beeinflusst sind. Neben der Titelgeschichte finden sich außerdem noch weitere Moebius-Beiträge in dieser Sammlung, wobei vor allem das abschließende „Variation Nr. 4070 über „das“ Thema“ zu begeistern weiß. Diese handelt von Schuld und Verantwortung. Und ist mit einem Finale ausgestattet, das einem noch Tage später im Kopf herum schwirrt. In dem Band „Die blinde Zitadelle“ kommen dann auch mal Heldensagen-Fans auf ihre Kosten. Wir folgen einem einsamen Ritter, der auf eine mysteriöse Frau trifft. Wie immer bei Moebius wird man in diesem Zusammenhang mit der Frage konfrontiert, was von dem vor Auge geführten eigentlich real ist. Das ändert sich auch in den weiteren Kurzgeschichten des Bandes nicht, die bisweilen die gängigen Sci-Fi-Grenzen überschreiten. Im Traum ist eben alles möglich. Und so führt uns unser Weg zu guter Letzt noch nach Phargonescia. Im Rahmen der Geschichte wird ein gemütlicher Stadt-Ausflug zu einem mysteriös-angehauchten Horrortrip. Seltsame Mutationen geschehen und die Sehnsucht nach Althergebrachten wird stärker. Das Schöne ist: Moebius´ Geschichten funktionieren meistens auf verschiedenen Ebenen und lassen sich trotz ihrer surrealen Note immer auf unser echtes Leben übertragen. Es lohnt sich also mal reinzuschauen in diesen bunten Strauß an Ideen, der im Rahmen der drei Bände auf einen herab regnet. Man möchte einfach nur versinken in Moebius´ Welt. Also nehmt euch die Zeit und lasst euch verzaubern.
// Eine ebenfalls sehr empfehlenswerte Graphic Novel erscheint in diesen Tagen im „Schreiber & Leser“-Verlag. „Der Nabel der Welt“ erzählt die Geschichte eines Malers, der sich mit einem jungen Model über das Leben und die Liebe austauscht. Mit ihrer direkten Art zieht ihn die interessierte, junge Frau zunehmend in ihren Bann und doch kann man sich nie sicher sein, wer hier mit wem seine Spielchen treibt. Von Anfang an ist man sich irgendwie unsicher, ob man wirklich alles für bare Münze nehmen sollte, was der Maler so erzählt. Dieses Katz und Maus-Spiel weiß über die volle Distanz von 100 Seiten außerordentlich zu faszinieren und ist gerade in Form eines Comics sehr gut umsetzbar, weil hier immer wieder die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen. Wie das Ganze am Ende ausgeht, verraten wir hier natürlich noch nicht. Nur so viel sei gesagt. Dem Autor Edmond Baudoin aus Nizza, welcher auch die Krimis von Fred Vargas illustriert, gelingt es mit seinen weichgezeichneten Figuren eine knisternde Atmosphäre zu kreieren und den Leser mit zahlreichen wichtigen Fragen über Gott und die Welt zu konfrontieren. Es lohnt sich also mein reinzuschauen.
// Die Manga-Reihe „Buddha“ geht in der Zwischenzeit auch schon wieder in die nächste Runde und offenbart uns im vierten Band einen Protagonisten, der sich auf der Suche nach seiner Bestimmung befindet. Siddharta hat seine Familie verlassen, um fortan mit dem widerspenstigen Mönch Dhepa und dem armen Bauerskind Assaji übers Land zu streifen. Die drei Suchenden begegnen auf ihrer Reise zahllosen prägenden Persönlichkeiten, die sie ihrem Ziel schrittweise näher bringen. Die kindlich-anmutende Optik von Manga-Legende Osama Tezuka war in diesem Zusammenhang nicht nur stilprägend für zahlreiche Manga-Zeichner, die ihm in den vergangenen Jahrzehnten nachfolgen sollten („Buddha“ stammt im Original bereits aus dem Jahre 1972) – sie kontert so manche Tragödie im Rahmen des Buches auch mit einem Schuss Humor, weshalb es trotz des epischen Ausmaßes der Reihe auch diesmal wieder eine große Freude ist, dem jungen Siddharta auf seinem Lebensweg über die Schulter zu schauen. Der vierte Band der Reihe ist gleichermaßen auch ein Werk des Übergangs. Man befindet sich im wahrsten Sinne des Wortes: „Auf der Suche“. Umso mehr darf der Leser gespannt sein, wo die Reise denn hingeht. Und damit verabschieden wir uns auch schon für heute. Also genießt die vorgestellten Werke. Wir lesen uns beim nächsten „Strichcode“.
UND WAS NUN?