mit den Bänden The Nobody, Der Tod von Adorno, Hack/Slash, Geliebter Affe und Dieb der Diebe.
// Sehnsüchtig warten wir schon seit geraumer Zeit darauf, dass endlich „The Nobody“ seinen Weg in hiesige Bücherregale findet. Nun ist es endlich soweit und die Fans von Jeff Lemire kommen in den Genuss dieser zauberhaften Graphic-Novel, die einen von der ersten Seite an fasziniert. Die Geschichte selbst spielt in einer kleinen Stadt namens Large Mouth, in welcher die Anwohner ein relativ ereignisloses Dasein fristen. Dann aber taucht ein Fremder namens Griffen auf, dessen ganzer Körper mit weißen Binden überzogen ist. Nach und nach enthüllt die kleine Vickie die Geheimnisse seiner bewegten Vergangenheit.
Zuerst ist es nur ein Unfall, von dem Griffen berichtet und der ihn für immer entstellt haben soll, dann aber kommen ernsthafte Zweifel auf, ob da nicht noch mehr dahintersteckt. So spitzt sich die Geschichte immer weiter zu und man sollte als Leser auf ein paar überraschende Wendungen gefasst sein. Darüber hinaus setzt sich das Werk sehr differenziert mit dem Verhältnis der einzelnen Anwohner untereinander auseinander und so wird Large Mouth immer mehr zum Pulverfass, dass jeden Moment zu explodieren droht. Jeff Lemire gelingt nach seiner „Essex County“-Trilogie und dem Endzeit-Drama „Sweet Tooth“ der nächste große Wurf – da fragt man sich am Ende eigentlich nur, wo der Mann all diese Ideen aufschnappt. Denn auch wenn „The Nobody“ auf dem Klassiker „The Invisible Man“ von H. G. Wells basiert, steckt hier doch dermaßen viel von Jeff Lemires persönlicher Handschrift drin, dass man aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt.
// Nahezu ein halbes Jahrhundert hat es gedauert, bis der freischaffende Filmemacher und gebürtige Hamburger Helmut Wietz seine erste Graphic Novel zu Ende bringen konnte. Und so merkt man seinem Werk auch an, dass es in künstlerischer Hinsicht spürbar von den großen „Pop Art“-Künstlern der 50er Jahre beeinflusst worden ist. In „Der Tod von Adorno“ erzählt er die Geschichte der 68er-Bewegung und damit einhergehend der sexuellen Befreiung und Studentenunruhen in knalligen Motiven, die einen auch Stunden später noch im Kopf herumschwirren. Darüber hinaus thematisiert er in seinem Werk aber auch die Berliner Unterwelt und die Nazi-Parallelgesellschaft, die sich dort im Laufe des Buches immer weiter breit macht. „Ich habe die Geschichte eines gesellschaftlichen Aufbruchs erzählen wollen, der für mich und meine Generation entscheidend gewesen ist“ gibt der Schöpfer gegenüber dem „Blättchen“ zu Protokoll und präsentiert uns seine Eindrücke von den damaligen Geschehnissen in einem einzigen Bilderrausch, bei welchem man bis zum Durchstreifen der letzten Motive immer wieder hofft, er möge doch bitte niemals zu Ende gehen. Das lange Warten hat sich also gelohnt, denn auch wenn „Der Tod von Adorno“ thematisch schon einige Jahre auf dem Buckel hat, macht es trotzdem Spaß, die damaligen Ereignisse noch einmal von einem Zeitzeugen präsentiert zu bekommen.
// Und auch im neuesten Band der hier bereits mehrfach besprochenen Horror-Serie „Hack/Slash“ wird wieder ordentlich Blut vergossen. Im Stile eines Dexter Morgan legt sich Protagonistin Cassie Hack in „Superhelden Sidekick Schlachtfest“ mal wieder mit einem fiesen Oberbösewicht an, der sich an einer Gruppe von selbsternannten Superhelden zu schaffen macht. Im Stile von „Kick Ass“ haben sich diesmal nämlich ein paar Jungspunde daran gewagt, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen, haben dabei aber leider übersehen, dass sich zeitgleich ein mysteriöser Killer an ihre Fersen geheftet hat. Selbiger dezimiert den bunten Haufen in Latexkostümen nun einen nach dem anderen, was wiederum Cassie und ihren Patner Vlad auf den Plan ruft. Wird es den beiden gelingen, den mörderischen Unbekannten zu besiegen? Am besten du findest es selbst heraus. Am Ende der Episode fällt es allerdings zunehmend schwer zwischen Freund und Feind zu unterschieden. Gerade die Wiedereinführung eines altbekannten Charakters, hievt „Hack/Slash“ auf ein neues Level und macht deutlich, dass hier noch lange nicht alle Schlachten geschlagen sind. Neben der Titelgeschichte bekommt man außerdem ein gelungenes Crossover mit der Web-Reihe „Halloween Man“ oben drauf. Es lohnt sich also mal reinzuschauen. Allein schon wegen den zahlreichen Querverweisen auf das aktuelle Geschehen im Horror- und Superheldengeschäft.
// Wer auf die Werke des japanischen Manga-Autors Jiro Taniguchi steht, der könnte auch an dem aktuellen Werk von Yoshihiro Tatsumi Gefallen finden. Anfangs wurden die Geschichten des Zeichners noch in zahlreichen Magazinen veröffentlicht, da ihm die kindlichen Zeichnungen vieler Weggefährten allerdings schnell auf den Geist fielen, gründet er zusammen mit einigen Gleichgesinnten ein Atelier. Als sogenannter „Gekiga“ macht sich der Autor fortan daran, die Welt und die Menschen, die in ihr Leben, in realistischer Weise abzubilden. So erzählen seine Geschichten aus dem Alltag ganz normaler Individuen, die sich aus irgendeinem Grund in dieser oder jener Zwangslage befinden. In „Geliebter Affe und andere Offenbarungen“ dekliniert er das komplette Spektrum an menschlichen Gemütszuständen durch. In seinen Erzählungen geht um Obsessionen und Leidenschaften. Um Sehnsucht und Liebe. Dabei rückt der Künstler die Unterschicht in den Blickpunkt des Geschehens. Er erzählt von finanziellen Schwierigkeiten und komplizierten Partner-Konstellationen. Von Problemen im Alter und Schwierigkeiten im Berufsleben . Seine Episoden gehen einem auch deshalb so sehr ans Herz, weil sie direkt aus dem Leben gegriffen sind. All das, was hier geschieht, könnte ein paar Meter weiter ebenso passieren. Wer also auf Geschichten aus dem Alltag steht, sollte unbedingt mal reinschauen. Es lohnt sich – darüber hinaus wurde dem Werk als kleines Extra noch eine ausführlichen Chronik und eine aufschlussreichen Gesprächsrunde mit Yuckichi Yamamutsu, Katoka Touyou und Yoshihiro Tatsumi angehängt.
// „Dieb der Diebe“ nennt sich der neueste Wurf des Bestseller Autors Robert Kirkman, welcher mit seiner Comic-Reihe „The Walking Dead“ das Zombie-Genre revolutionierte. Zusammen mit Nick Spencer („Morning Glories“) und Shawn Martinbrough (verantwortlich für „The Losers“) macht sich der Autor daran, das Doppelleben eines Meisterdiebs treffsicher in Szene zu setzen. Die Handlung des Noir-Krimis dreht sich um Conrad Paulson, der einen echten Drahtseilakt absolviert. Neben seiner Tätigkeit als Langfinger, steht sein Privatleben nämlich vor dem Kollaps. Sein Sohn sitzt im Gefängnis und seine Ex-Frau distanziert sich immer weiter von ihm. Jetzt aber ist ihm auch noch das FBI auf den Fersen und man merkt den Machern sofort an, dass die Handlung (ähnlich wie bei „The Walking Dead“) auf Langlebigkeit abzielt. Die einzelnen Figuren werden behutsam eingeführt und zahlreiche Facetten der einzelnen Persönlichkeiten erst nach und nach enthüllt. Dazu erstrahlt der Comic im klassischen Noir-Look, der jeden Fan von düsteren Kriminalgeschichten sofort auf Wolke Sieben schubsen sollte. Es lohnt sich also mal reinzuschauen in dieses Werk. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Strichcode.
UND WAS NUN?