mit neuer Musik von OK Kid, Chakuza, Black Rebel Motorcycle Club, Concrete Knives, Bosse, John Grant, Rover und Goodbye Fairground.
// Nachdem Marteria, Prinz Pi und Casper deutschen Rap wieder aus der Gosse geholt haben, steht nun bereits die nächste Generation in den Startlöchern. OK Kid zum Beispiel vermengen auf ihrer neuen Platte charmante Pop-Anleihen der Marke Cro mit tanzbaren Beats. Der Opener „Allein, zu zweit, zu dritt…“ entstammt zwar noch der Vorgänger-Combo Jona:S, deren Single „Grau“ wir vor zwei Jahren rauf und runter geleiert haben, dann aber wird der Blick nach vorne gerichtet und mit Songs wie „Hellwach“ und „Verschwende mich“ neues Terrain betreten. Die Stilvielfalt von OK Kid ist bemerkenswert, die Hooklines sitzen und mit Olli Banjo und Gerard haben sich auch gleich noch verschiedene Generationen von Rap-Künstlern auf dem Silberling als Gaststars verewigt. Am Ende ist man schier erschlagen von der Wucht dieser Musik. Denn auf „OK Kid“ sitzt jeder Ton. Vielleicht hat Cro da ja von gesprochen, als er auf seinem Debüt folgende Zeile ins Mikrofon pfefferte: „Keiner kann sich vorstellen, was wohl wär, hätt´ er sich angestrengt“. OK Kid vermitteln mit ihrem Erstling einen Eindruck davon, was gehen könnte… in den kommenden Jahren.
// Ein wirklich faszinierendes Rap-Album erscheint in diesen Tagen von Chakuza. Der hat mit „Magnolia“ mal eben all den Ballast seiner Vergangenheit über Bord geworfen und sich frei gemacht von jeglichen Erwartungen. „Erst mal den Schädel säubern, ich fang mein Leben neu ein“ heißt es gleich zu Beginn und man wird als Hörer wie auf Wellen getragen. Seit MoTrip im vergangenen Jahr seinen „Embryo“ veröffentlichte, ist uns kein solch gelungenes HipHop-Werk in deutscher Sprache mehr untergekommen. Nach der Vorab-Single „Ich lauf“ geht es dann weiter mit (vorwiegend) nachdenklichen Songs, die aber trotzdem so spannend arrangiert sind, dass man bis zum Ende bei der Stange bleibt. Zwischendurch darf übrigens auch mal Sebastian Madsen für ein kleines Feature im Studio vorbei schauen. Er bleibt Chakuzas einziger Gast… und das ist auch verdammt nochmal gut so. Jegliche Gaststars hätten das Gesamtbild von „Magnolia“ nur zerstört. Chakuza hat mit seiner neuen Platte das wohl kompromissloseste Werk seit Caspers „XOXO“ aufgenommen – hoffen wir, dass er damit auch ebenso erfolgreich ist.
// Sehr viel Freude dürften langjährige Fans auch mit dem neuen Album des Black Rebel Motorcycle Club haben. Auf „Specter At The Feast“ lässt es das Trio um Peter Hayes, Robert Levon Been und Leah Shaprio mal wieder ordentlich krachen und knallt seinen Fans zwölf launische Düsterrocker vor den Latz, die einen sofort in Richtung Wüstensand transportieren. Dem Charme der Band konnte anscheinend nicht einmal Dave Grohl wiederstehen, weshalb er die Gruppe einen großen Teil des Albums in seinem Studio in Los Angeles aufnehmen lies. Fehlen am Ende eigentlich nur noch die entsprechenden Nebelschwaden, die sich passend zu den mürrisch-anrollenden Rock-Brettern im Zimmer verteilen.
// Unter dem Namen Concrete Knives machen sich in der Zwischenzeit fünf französische Jungspunde daran, die Indie-Pop-Fraktion von sich zu überzeugen. Im Gepäck haben sie neben einer gehörigen Portion Enthusiasmus auch eine Menge leichtfüßiger Ideen, die sich allesamt in schillernden Refrains wieder spiegeln. „Be Your Own King“ regt einen von der ersten Sekunde an zum Tagträumen an und kommt so unvermittelt und überschenglich angedackelt, dass man die Scheibe nur liebhaben kann. Wer auf knackige Pop-Songs mit 80er Jahre-Synthies und Mehfach-Gesang steht, sollte mal einen Durchlauf riskieren.
// Bosse wandelte in den vergangenen Jahren immer auf dem schmalen Grad zwischen Kitsch und Poesie. Im Besten Fall entstanden dadurch knackige Perlen der Marke „Frankfurt/Oder“ oder „Eigentlich eigentlich“. Auf seinem neuen Album „Kraniche“ bündelt er nun die Stärken der vergangenen Jahre und absolviert einen Drahtseilakt zwischen Schlager- und Indie-Pop, ohne dabei das Gleichgewicht zu verlieren. Songs wie „Viva La Danse“ und „Brillant“ hat man noch Stunden später im Ohr und so kann man dem Musiker nur gratulieren zu dieser Platte, welche er in einem Landhaus in Umbrien aus dem Ärmel geschüttelt hat. Wer auf deutschsprachigen Liedermacher-Pop steht, der kommt an diesem Werk nicht vorbei.
// John Grant hat sich bereits mit seinem ersten Album „Queen Of Denmark“ ganz tief in unseren Herzen verankert. Allein die bretternde Single „Jesus Hates Faggots“ war das Eintrittsgeld wert und hielt der konservativen Elite einen Spiegel vors Gesicht. Nun erscheint das neue Album des Ausnahmemusikers und wandelt wieder auf dem schmalen Grad zwischen sanfter Elektronika und himmelhochjauchzenden Melodien. „Pale Green Ghosts“ ist in diesem Zusammenhang nicht nur eine Spur elektronischer, sondern auch hittiger geraten. Man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, wenn der Musiker gleich zu Beginn eine Hymne nach der Anderen aus dem Ärmel schüttelt. Für experimentelle Momente ist sich der Musiker aber trotzdem nicht zu schade und stellt mit dem vertrackten „Why Don´t You Love Me Anymore“ und dem verschrobenen „Ernest Borgnine“ ein um andere Mal unter Beweis, dass er auch mal in die Rolle des Kratzbürstigen schlüpfen kann, wenn er denn mag.
// Die Musik von Rover klingt derweil, als hätten sich die Jungs von Coldplay zusammen mit Nick Cave in einem französischen Studio eingeschlossen. Die gleichnamige Scheibe des Franzosen ist ganz großes Kino, das man sich am Besten auf einer monströsen Anlage zu Gemüte führt. Fans von Benjamin Biolay jedenfalls dürften begeistert sein, wenn Songs wie „Queen Of The Fools“ oder „Wedding Bells“ das Soundsystem fluten. Als Bonus gibt’s neben den elf Original-Tracks auch noch sechs zauberhafte Zugaben oben drauf, die den anderen Tracks in nichts nachstehen. Wer es pompös mag, sollte unbedingt mal reinhören.
// Alle Fans von The Gaslight Anthem und Against Me! sollten mal ihre Lauscher aufsperren, wenn der Name Goodbye Fairground fällt. Deren zweites Album „I Started With The Best Intentions“ präsentiert uns nämlich elf packende Rock-Songs, welche den Stücken der oben genannten Acts in nichts nachstehen. Ganz im Gegenteil: Songs wie „March Of The Rats“ oder „Western Gold“ hat man noch Stunden später im Ohr. Darüber hinaus versteht sich das Album als Konzeptwerk, das die Geschichte eines von seiner Umwelt entfremdeten Protagonisten erzählt, der von Zuhause abhaut und von einem Fettnäpfchen ins Andere stolpert, bevor er doch wieder in den Schoß seiner geliebten Familie zurückkehrt. Also schnuppert mal rein und genießt die Musik. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?