mit Büchern von Heinz Strunk, Matthew Quick, Dee Dee Ramone, Texta und Oliver Sacks.
// Heinz Strunks letzter Roman „In Afrika“ hat uns zwar etwas ermüdet, dafür bereitet uns sein aktuelles Werk namens „Junge rettet Freund aus Teich“ wieder sehr viel Freude. Der langjährige Studio Braun-Mitstreiter, Politiker und Schriftsteller erzählt uns in seinem Buch von einem Jungen namens Mathias der in den 60er und 70er Jahren aufwächst. Abseits des medialen Dauerstresses, welchem sich die junge Generation heutzutage ausgesetzt sieht, erleben wir in Heinz Strunks eine Welt, die vom heute schon wieder Lichtjahre weit weg zu sein scheint. Eben davon aber lebt sein Roman, ohne in diesem Zusammenhang zur nostalgischen Seifenoper zu verkommen.
„Junge rettet Freund aus Teich“ ist vielmehr ein äußerst glaubwürdiges Werk, das gerade von seinen zahllosen Details aus dem Alltag zehrt. So schleichen sich in die Geschichte nicht nur der Verlust und das Alter ein, sondern auch die Unzufriedenheit der einzelnen Beteiligten mit dem bisher Vollbrachten. Kein Wunder also, dass sich Mathias im Laufe der Zeit selbst die Schuld an dem ganzen Schlamassel gibt. Dabei will er doch eigentlich nur ein bisschen aufs Land fahren, zur Oma, wo die Menschen viel unbeschwerter und glücklicher zu sein scheinen. So ist das eben manchmal mit Entfernungen. Nah und fern. Glück und Unglück. Alles hängt zusammen. Soll heißen: „Junge rettet Freund aus Teich“ ist ein groß-artiger Roman über die kleinen Dinge des Lebens. Also schnuppert mal rein. Es lohnt sich.
// Passend zur Kino-Verfilmung von „Silver Linings“ erscheint nun auch das gleichnamige Buch im „Kindler Verlag“. Matthew Quick erzählt darin die bewegende Geschichte des Psychiatrie-Patienten Pat, der sich nach seiner Entlassung aus der Klinik daran macht, das Herz seiner Frau zurückzuerobern. Diese aber möchte erst einmal nichts weiter mit ihm zu tun haben und lässt seine Annäherungsversuche stetig ins Leere laufen. Auf diese Weise lernt er eines Tages die etwas verrückt-wirkende Tiffany kennen. Die ist nicht nur die Schwägerin seines bestens Freundes, sondern seit geraumer Zeit verwitwet und so entspinnt sich im Folgenden eine komplizierte Beziehung zwischen den beiden Außenseitern. Während Pat nämlich damit beschäftigt ist, seine Wutausbrüche unter Kontrolle zu kriegen, hat Tiffany auch die eine oder andere Leiche im Keller. Die nymphomane Witwe ist manisch depressiv, wodurch die Beziehung zwischen den beiden immer wieder auf eine harte Probe gestellt wird. (Vorsicht Spoiler!) Am Ende gipfelt dann alles in einem bemerkenswerten Tanz-Contest, bei dem es zu einer schicksalhaften Begegnung zwischen Pat und seiner Ex-Frau Nikki kommt. Wie Tiffany damit umgeht und die Geschichte am Ende ausgeht? Am besten du findest es selbst heraus. „Silver Linings“ ist ein wirklich herzerwärmendes Werk.
// Passend zum zehnten Jubiläum des Ablebens von Ramones-Mitglied Dee Dee erscheint nun eine schräge Geschichte des langjährigen Punkrockers in literarischer Form. „Chelsea Horror Hotel“ erzählt die Geschichte von Ramone (welcher Dee Dee selbst verkörpert), der zusammen mit seiner Frau Barbara und seinem Hund Banfield in Manhattan wohnt. Dann aber kommt ihm plötzlich ein schrecklicher Verdacht. Er glaubt nämlich, dass er mit seiner Familie ausgerechnet in dem Zimmer haust, in dem einst sein alter Kumpel Sid Vicious seine geliebte Nancy erstach. Fortan wird der Protagonist von einer ganzen Reihe schrecklicher Albträume heimgesucht, die ihn Schritt für Schritt an den Rand des Wahnsinns treiben. In diesem Zusammenhang begegnet Dee Dee Ramone nicht nur zahlreichen Punk-Legenden wie Johnny Thunders und Stiv Bators, sondern auch dem Teufel selbst. Ob er trotzdem heil aus der ganzen Geschichte herauskommt? Es lohnt sich mal reinzuschnuppern. Als kleines Extra gibt’s noch ein gelungenes Vorwort von Sid Vicious oben drauf. Soll heißen: „Chelsea Horror Hotel“ ist ein absolutes Muss für jeden Punkrock-Anhänger und dürfte nicht nur langjährigen Ramones-Fans ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern.
// Schade eigentlich, dass der österreichischen Rap-Crew Texta hierzulande nie der große Durchbruch vergönnt gewesen ist. Verdient hätten es die Jungs, die nun schon seit mehr als 19 Jahren ein gelungenes Album nach dem Anderen aus dem Ärmel schütteln. Texta sind eine Institution, gleichzeitig aber richtet die Band (wie hierzulande Blumentopf und die Fantastischen Vier) ihren Blick immer nach vorne und sorgt so dafür, dass ihre Musik auch nach knapp zwanzig Jahren noch so frisch klingt, wie in den wilden Anfangstagen. In dem Reader „Die Texta Chroniken“ werden nun erstmals alle lyrischen Ergüsse des Quartetts in einer ansprechenden Form veröffentlicht. Beim Schmökern wird immer wieder deutlich, wie viel Wert die Gruppe um Flip, Huckey, Laimer und Skero auf ihre Texte gelegt hat und welch hintersinnige Wortspiele dadurch bisweilen entstanden sind. Man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, wenn man sich durch die Tracks der bisherigen sieben Alben wühlt und dadurch ganz nebenbei dazu angeregt wird, die alten Klassiker im Plattenregal noch einmal von ihrer Staubschicht zu befreien. Neben den Songtexten bekommt man außerdem zu jedem Album (und Song!) ein informatives Vorwort präsentiert, dass die Entstehungsgeschichte der einzelnen Platten und Stücke umreißt, sowie einen bunten Strauß an Fotos, die einem als Fan einen kleinen Blick hinter die Kulissen gewähren.
// Sich im Rahmen eines Buches mit Themen wie „Drachen, Doppelgänger und Dämonen“ auseinander zu setzen, klingt eigentlich nach einem Fall für die Fantasy-Abteilung des örtlichen Fachhandels. Der Londoner Neurologe Oliver Sacks aber beleuchtet die einzelnen Phänomene unter streng wissenschaftlichen Gesichtspunkten. So wurde in den vergangenen Jahren nicht nur sein Roman „Zeit des Erwachens“ mit berühmten Stars wie Robert De Niro und Robin Williams verfilmt, auch sein neuster Wurf, welcher den Untertitel „Über Menschen mit Halluzinationen“ trägt, beinhaltet zahlreiche Fälle, die ohne Weiteres in einem Hollywood-Streifen untergebracht werden könnten. In seinem Buch wirft der Autor die Frage auf: Was passiert eigentlich in unserem Kopf, wenn wir halluzinieren. Und wie lassen sich diese Wahnvorstellungen mit Träumen und früheren Erfahrungen in Einklang bringen? Oliver Sacks reist in diesem Zusammenhang nicht nur bis ins 18. Jahrhundert zurück, um seinen Lesern einen umfassenden Einblick in die Materie zu gewähren, er versteht es auch sehr gut, die komplexen Vorgänge in unserem Gehirn mit Worten zu umreißen, die jeder versteht. Dadurch hat man als Leser nie das Gefühl eine wissenschaftliche Abhandlung zu lesen, sondern hat auch als Laie keinerlei Schwierigkeiten, die wissenschaftlichen Abhandlungen von Oliver Sacks nachzuvollziehen. Wenn du dich also für die dunkle Seite der menschlichen Seele interessierst, lies einfach mal rein. Und damit Schluss für heute. Bis zur nächsten Leserunde.
UND WAS NUN?