mit Hit-Girl, 17. Juni – Die Geschichte von Armin und Eva, Zombies, Huck Finn und Nachtstück.
// Wer sich gerne an augenzwinkernde Superhelden-Comics heranwagt, der ist bei der Reihe „Kick Ass“ an der richtigen Adresse. Die Geschichte von Mark Millar, die bereits als Hollywwod-Schinken verfilmt worden ist, hat zuletzt erst in Comic-Form eine Fortsetzung erfahren und nun kommt auch noch das Prequel „Hit-Girl“ mit freundlicher Unterstützung von „Panini Comics“ zu uns in die Regale. Zusammen mit John Romita, Jr. macht sich Millar daran, die Vorgeschichte der Kick-Ass Weggefährtin Hit-Girl näher unter die Lupe zu nehmen und zeigt, wie Mindy McCready in der Obhut zweier fürsorglicher Elternteile aufwächst, die so gar nichts mit Waffen und Kick-Punches am Hut haben.
Stattdessen werden die Schulbücher aus dem Ranzen gepackt und Lateinvokabel gepaukt. Dann aber schließt die Protagonistin einen geheimen Pakt mit ihrem Weggefährten Kick-Ass und wird von ihm in die Geheimnisse des Kampfsports eingeführt. Im Gegenzug versucht sie ihm beizubringen, wie man die Schule heil übersteht. Und das ist gar nicht mal so leicht. Wer also auf selbstironische Coming-Of-Age-Geschichten mit einem leichten Superhelden-Touch steht, sollte unbedingt mal reinschauen. Es lohnt sich. Wobei „Hit Girl“ ganz nebenbei auch hervorragend als Einsteiger-Werk in die bunte Welt von „Kick-Ass“ funktioniert.
// Im „Metrolit“-Verlag erscheint in der Zwischenzeit „Die Geschichte von Armin & Eva“ im Rahmen einer Graphic Novel namens „17. Juni“. Darin wird die Geschichte des spurlos verschwundenen Armin nachgezeichnet, der von seiner Verlobten Eva verzweifelt gesucht wird. Angefangen hat alles im Rahmen eines Streiks am 17. Juni in der ehemaligen DDR. Nach den Demonstrationen scheint Armin plötzlich wie vom Erdboden verschwunden zu sein. Eva aber lässt sich nicht unterkriegen und versucht das mysteriöse Entschwinden ihres Liebsten aufzuklären. Gewissheit allerdings herrscht erst nach dem Mauerfall im Jahre 1989. Ob sie ihren Geliebten dann wieder in die Arme schließen darf? Am besten du findest es selbst heraus. Kitty Kahane gelingt es mit ihrer fiktiven Erzählung, welche auf einer wahren Begebenheit beruht, eine spannende Liebesgeschichte mit der deutschen Nachkriegsgeschichte zu verknüpfen und einen als Leser bis zum (bitteren?) Ende bei der Stange zu halten. Die blaustichigen Motive setzen den gesellschaftlichen Alltag der damaligen Zeit sehr gekonnt in Szene und wirken gerade aufgrund ihrer kargen Anmut bisweilen äußerst erschreckend. Wenn du also auf realitätsnahe Comic-Literatur stehst, schau doch mal rein. Es lohnt sich.
// Die Veröffentlichung „Zombies“ aus dem „Knesebeck“-Verlag ist zwar keine Bildergeschichte im ursprünglichen Sinne, dennoch ist sie im Rahmen des Strichcodes sehr gut aufgehoben. Das Buch erzählt „die illustrierte Geschichte der Untoten“ und ist mit einer ganzen Reihe von Fotos und Filmplakaten versehen. Jovanka Vuckovic hat sich zusammen mit Jennifer Eiss wirklich große Mühe gegeben, die Geschichte der lebenden Toten noch einmal bis zu ihren Ursprüngen hin zurückzuverfolgen. Eingeleitet wird das Spektakel von niemand Geringerem als George A. Romero, der seit seinem Kult-Streifen „Die Nacht der Lebenden Toten“ zu den Großmeistern des Genres zählt und hier im Rahmen des „Vorspanns“ zu Wort kommen darf. Anschließend spulen uns die Macher dann zurück ins 18. Jahrhundert und reflektieren die Geschichte des Zombies in unserer Gesellschaft. Wir reisen in diesem Zusammenhang nicht nur nach Haiti, sondern besinnen uns auch der literarischen Wurzeln und docken schließlich in den 30 Jahren an, als die Zombies zum ersten Mal die Leinwand zu fluten begannen. Daneben widmet sich ein großer Teil des Buches aber auch den Entwicklungen in der Gegenwart und nimmt zeitgenössische Streifen wie „28 Days Later“ und „Resident Evil“ genauer unter die Lupe – genauso wie den Einfluss der „Zombies“ auf die Popkultur, die Comic-Landschaft und die Videospielgeschichte. Wer sich also schon lange mal etwas eingehender mit der Geschichte der Untoten beschäftigen wollte, kommt an diesem illustrierten Teufelswerk nicht vorbei.
// Adaptionen von klassischen Stoffen sind im Bereich der Graphic Novel ja inzwischen Gang und Gäbe. Am Interessantesten sind solche Variationen immer dann, wenn sie dem Original neue Facetten abgewinnen. „Huck Finn“ aus der Feder von Olivia Vieweg, welche bereits mit der Comic-Reihe „Warum Katzen besser als Männer sind“ beachtliche Erfolge feiern konnte, widmet sich dem literarischen Objekt der Begierde mit einer gehörigen Portion an zeitgenössischen Motiven. Die Autorin geht sogar so weit, die ganze Geschichte ins Hier und Jetzt zu transferieren und dadurch gelingt es ihr, die Story des jugendlichen Rebellen auch für ein junges Publikum interessant zu machen. Das Schönste an Mark Twains Klassiker ist ja schon immer gewesen, dass seiner Erzählung ein gewisser, zeitloser Charakter innewohnt, weshalb sich das Vorspulen auf dem Zeitstrahl auch in qualitativer Hinsicht nicht unbedingt bemerkbar macht. So erzählt Olivia Vieweg in detaillierten, rotstichigen Motiven eine Geschichte übers Erwachsenwerden und man fühlt sich schon nach wenigen Seiten von einer zärtlichen Welle der Nostalgie ergriffen, während man sich durch die Seiten des Buches wühlt. „Huck Finn“ ist eine durchweg gelungene Neuinterpretation eines unsterblichen Klassikers.
// Wer auf weichgezeichnete Unterhaltung steht, der sollte sich mal an die sinnliche Graphic Novel „Nachtstück“ heranwagen, die in diesen Tagen beim „Schreiber & Leser“-Verlag erscheint. Darin treffen sich zwei Damen in einem Hotel und warten auf einen Typ namens Leonce. Während die Zeit verrinnt, spinnen sie ein bisschen herum und landen in einem knietiefen Schlamassel, aus dem es sich anschließend wieder zu befreien gilt. Dem Autoren Jimmy Beaulieu gelingt es dabei sehr gekonnt eine knisternde Atmosphäre zu erzeugen und so kann man „Nachtstück“ durchaus als verlängerten Arm des gelungenen Vorgängers „Ein philosophisch pornografischer Sommer“ verstehen, der in dieselbe Richtung schlägt. Wer sich erotische Phantasien also am liebsten in einer anspruchsvollen Variante zu Gemüte führt, ist bei diesem Werk an der richtigen Adresse. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Strichcode.
// verfasst von Alexander Nickel-Hopfengart
UND WAS NUN?