mit Büchern von Irvine Welsh, Zoë Jenny, Stephan Kaluza, Tonino Benacquista und Justin Torres.
// Nachdem wir zuletzt nochmal auf das Re-Release von „Trainspotting“ bei „Heyne Hardcore“ verwiesen haben, legt der Autor nun noch einmal nach. Jetzt erscheint nämlich die Vorgeschichte zum Klassiker von Irvine Welsh und die gehört zum Besten, was der Autor bisher verfasst hat. Selbst „Kill Your Friends“-Mastermind John Niven zeigt sich begeistert und spricht von einem ebenso erschütternden wie berauschendem Leseerlebnis. Die Geschichte selbst dreht sich um Mark Renton. Selbiger führt eigentlich ein absolutes Leben aus dem Bilderbuch – er befindet sich als Student gerade nicht nur in der lustigsten Phase seines Lebens, er hat auch eine hübsche Freundin und ist ebenso smart wie klug. Seine Zukunft allerdings sieht düster aus.
All die Versprechen, die man ihm gemacht hat, sind in den vergangenen Jahren aufgrund des stagnierenden Arbeitsmarkts und damit einhergehend des zurückgehenden Wohlstands plötzlich wie Luftblasen geplatzt und so schlittert der Protagonist schrittweise ins Verderben. Auslöser dafür ist der Tot von Marks Familie, welche ihm immer festen Halt geboten hat. Nun aber hängt er in den Seilen und weiß nicht, wie er den drohenden Niedergang noch bremsen soll. Als dann auch noch Spud Murphy, Franco Begbie und Sick Boy auf der Bildfläche erscheinen, entwickelt sich sein ehemals so bürgerliches Leben zu einer rasanten Achterbahnfahrt, bis am Ende kein Stein mehr auf dem Anderen liegt. Welsh gelingt es auch in seinem Prequel die Geschichte eines Menschen in Szene zu setzen, der sich aufgrund äußerer Umstände auf den Weg in Richtung Höllenfeuer befindet. Dennoch haucht er seinen Charakteren so viel Tiefgang ein, dass man bis zum (bitteren?) Ende mit ihnen mitfühlt. Wenn du als an „Trainspotting“ Gefallen gefunden hast, wirst du dieses Werk lieben. Es ist dem Vorgänger (oder sollten wir doch lieber Nachfolger sagen?!) in vielen Teilen mindestens ebenbürtig.
// Die Baseler Autorin Zoë Jenny läuft in ihrem aktuellen Erzählband zu absoluter Höchstform auf. „Spätestens morgens“ beinhaltet zwölf Kurzgeschichten, die allesamt von einem Wendepunkt im Leben der Protagonisten zu berichten wissen. Mit ihrer poetischen Sprache überführt die Autorin Alltagssituationen in ein ganz besonderes Licht, dem man sich als Leser kaum zu entziehen vermag. Immer wieder wird den einzelnen Figuren der Boden unter den Füßen weggezogen, aber sie rappeln sich wieder auf. Stemmen sich ihrem Schicksal entgegen und sind ihm doch hilflos ausgeliefert. Die Autorin versteht es sehr gekonnt, die Gefahren, die unter der Oberfläche des schönen Scheins lauern, nach außen zu kehren und legt damit das Innerste im Wesen ihrer jeweiligen Protagonisten offen. So dürfen wir zum Beispiel miterleben, wie ein Freund der Tochter das Gleichgewicht im Rahmen der Familie gefährlich ins Wanken bringt oder einer, nach Unabhängigkeit dürstenden, Frau bei ihrem Streifzug durch das pulsierende Shanghai über die Schulter schauen. Das bitterböse Finale vieler Geschichten sorgt in diesem Zusammenhang dafür, dass einem als Leser immer wieder ein kalter Schauer über den Rücken jagt. Denn wie so oft, steckt auch in der Welt von Zoë Jenny der Teufel nur allzu gern im Detail.
// Unter dem Titel „Geh auf Magenta“ bekommen wir von dem Theaterautor Stephan Kaluza ebenfalls ein lesenswertes Debüt präsentiert, das in diesen Tagen bei der „Frankfurter Verlagsanstalt“ erscheint. Im Rahmen des Buches nimmt er Bezug auf das Leben eines gewissen Bastien, der gerade die Trennung von seiner Freundin Mel verarbeitet. Erschwerend hinzu kommt, dass Selbige nun auch noch mit seinem Mäzen Thomas zusammen ist, was für alle Beteiligten sehr unangenehm ist. Dann aber kommt Bastien zusammen mit seinem Kumpel Rob auf die goldene Idee. Im Suff beschließt er seinen eigenen Tod als Kunstprojekt in Szene zu setzen. Daraufhin wird eine gewissen Mila auf das Unterfangen aufmerksam und die Stricke um den Hals von Bastien ziehen sich immer weiter zu. Davor allerdings gibt’s noch eine ganze Menge zu lachen, denn Stephan Kaluzas Buch ist mit jeder Menge humoristischen Passagen versehen, die einen immer wieder ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern. Wenn du also auf Atelier- und Künstler-Geschichten im Berlin-Mitte-Umfeld stehst, schnupper mal rein. „Geh auf Magenta“ ist ein Debüt, das hoffnungsvoll in Richtung Zukunft blicken lässt, auch wenn dort gerade nur dunkle Wolken in Sicht sind.
// Wer mal wieder Lust auf eine richtig schräge Komödie hat, der kommt bei „Malavita“ voll auf seine Kosten. Der Streifen mit Robert DeNiro, Michelle Pfeiffer und Tommy Lee Jones basiert auf einem gleichnamigen Roman aus dem Jahre 2004, der nun noch einmal in runderneuerter Form in den Handel kommt. Die „Mafia-Komödie“ von Tonino Benacquista dreht sich um eine Familie, die eines Nachts ein Haus in der Normandie in Beschlag nimmt. Was keiner weiß: die Familie um Oberhaupt Fred ist gar nicht das, was sie vorgibt. Er ist kein Schriftsteller und seine Frau engagiert sich keineswegs zum Spaß für dir ortsansässigen Wohltätigkeitsorganisationen. Die Familie ist auf der Flucht. Im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms wurden sie zusammen mit dem Hund Malavita von den USA in Richtung Normandie umgesiedelt, um dort ein möglichst stressfreies Dasein zu fristen. Da die einzelnen Mitglieder (vor allem aber Familienoberhaupt Fred) nicht im Geringsten in der Lage sind, das ruhige Landleben zu genießen, sondern stattdessen immer wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen, ist der Ärger bereits kurz nach ihrer Ankunft vorprogrammiert. Ob dadurch am Ende aber auch die Tarnung auffliegt? Am besten du schnupperst selbst mal rein. Es lohnt sich – vor allem für Fans von „Reine Nervensache“ bis zu den „Sopranos“:
// In Sachen „Coming Of Age“ werden wir von unterschiedlichster Seite immer wieder mit amüsanten bis tragisch-komischen Geschichten versorgt. „Wir Tiere“ erzählt in diesem Zusammenhang die Geschichte dreier Brüder, die in einem atemlosen Umfeld aufwachsen. Das wiederum überträgt sich auf die Psyche der Protagonisten und so wird der Hunger in ihnen geweckt. Nach mehr Leben, mehr Liebe, mehr von allem, was sonst noch so da ist. Justin Torres erzählt uns in seinem Debüt eine Geschichte über das Erwachsenwerden, die vollkommen zu Recht mit dem „Cabell First Novelist Award“ ausgezeichnet worden ist. Sein Werk berichtet von Beziehungen, die in die Brüche gehen und Leidenschaft, die gefährlich wird. Alle in diesem Werk müssen unter Beweis stellen, dass sie bereit sind, für die Sache, die sich Leben nennt, werden aber auch feststellen, dass zu leben am Ende so viel mehr bedeutet, als einfach nur zu atmen. Wenn du also mal wieder eine spannende Geschichte übers Erwachsen-Werden lesen möchtest, die nicht die üblichen Klischees bedient, dann schnupper mal rein. Es lohnt sich. Und damit Schluss für heute. Bis zur nächsten Leserunde.
UND WAS NUN?