mit neuer Musik von Yellowcard, Leonard Cohen, Selig, Curse, Andy Burrows, der Compilation „Bravo Hits Vol. 87“, The Ting Tings und eRRdeKa.
// Mit ihren letzten beiden Alben haben es Yellowcard nahezu im Vorbeigehen in unsere jeweiligen Jahrescharts geschafft und so freuen wir uns nur umso mehr, euch in diesen Tagen schon wieder auf ein neues Album des sympathischen Pop-Punk-Kollektivs aufmerksam machen zu dürfen. Waren die beiden Vorgänger allerdings noch unmissverständlich dem Genre „Pop Punk“ zuzuweisen, gestaltet sich die Sache diesmal ein bisschen schwieriger. „Lift A Sail“ hat nämlich nur noch am Rande etwas mit dem bisherigen Schaffen der Gruppe zu tun. Im Jahre 2014 scheint Yellowcard stattdessen endgültig das Experimentier-Fieber gepackt zu haben und so reibt man sich als langjähriger Fan immer wieder die Augen. Ist das wirklich noch die Band, die uns einst so packende Hymnen wie „Way Away“ und „Ocean Avenue“ vor den Latz knallte. Die Antowrt lautet: jein. Es gibt zwar vereinzelt och Tracks, die den alten Mustern folgen, ansonsten aber befindet sich auf „Lift A Sail“ alles im Fluss. Die Band geht gemächlicher zu Werke und es gibt nicht allzuviel, an dem man sich als Hörer festkrallen könnte. Schenkt man dem Album allerdings ein paar Durchläufe, setzen sich die einzelnen Tracks zunehmend im Gedächtnis des Hörers fest. Auf neue Hits für die Massen muss man allerdings weitestgehend verzichten. Yellowcard wagen mit „Lift A Sail“ den Blick über den Tellerrand. Ob man als Fan da mitzieht, muss jeder selbst für sich entscheiden. Wir jedenfalls sind uns sicher: in diesem Album steckt jede Menge Potenzial. Man muss sich nur die Zeit dafür nehmen, es offen zu legen.
// Wieviele Alben hat Leonard Cohen eigentlich inzwischen veröffentlicht und spielt diese Frage eigentlich noch eine Rolle? Eigentlich nein, denn der Musiker ist einer derjenigen, der in Würde gealtert ist und dessen Stimme mit jedem Album noch ein ganzes Stück tiefer anmutet. Dementsprechend finden sich auch auf seinem neuesten Output namens „Popular Problems“ wieder neun betörende Songs, die einen auf der Stelle in ein Paralleluniversum schubsen. Den größten Hit stellt in diesem Zusammenhang wahrscheinlich das himmelhochjauchzende „Did I Ever Love You“ dar, das einem noch Stunden später im Kopf herum schwirrt. Für Cohen-Neueinsteiger seien bei dieser Gelegenheit übrigens die beiden Koordinaten Nick Cave Schrägstrich die geniale Titelmelodie der TV-Reihe „True Blood“ als Anhaltspunkte erwähnt… Soll heißen: ein tieftrauriges Werk, bei dem aufgrund der lieblichen Backing-Vocals aber immer wieder die Sonne durchdringt. Ein rundum faszinierendes Werk von einem Künstler, den so schnell niemand vom Liedermacher-Thron schubst.
// Da schütteln die Deutschrocker aus dem Hause Selig zu Ehren ihres zwanzigsten Geburtstag doch tatsächlich ein neues Best-Of-Album aus dem Ärmel und dann das: lediglich zwölf Songs finden sich auf der Platte, die mit dem Schlichten Titel „Die Besten (1994 – 2014)“ versehen ist. Wer allerdings das Kleingedruckte liest und der Platte einen Durchlauf schenkt, der wird überrascht sein, was sich hier für ein spannendes Sammelsurium vor einem auftut. Die Songs nämlich wurden allesamt neu eingespielt und so kommt man in den Genuss von aktuellen Updates alter Klassiker wie „Die Besten“ oder „Ohne dich“. Was auffällt, ist vor allem, dass es Selig auf diesem Werk wesentlich ruhiger angehen, als auf ihren vergangenen Alben. „Die Besten“ ist ein fast schon intimes Werk einer der größten Bands aus hiesigen Gefilden und damit 1000mal gelungener, als eine lieblos aneinander-gereihte Auswahl der besten Tracks aus den vergangenen zwanzig Jahren. Lass dich also nicht täuschen: in diesem Album steckt mehr, als es auf den ersten Eindruck verspricht.
// Was hat Curse eigentlich in den vergangenen vier Jahren getrieben? Warum hat er seid über sechs Jahren kein Album mehr aufgenommen? Liegt es daran, dass man so lange nichts von ihm gehört hat, dass man inzwischen wieder sehr gespannt ist auf die Musik des ostwestfälischen Künstlers. Was gleich zu Beginn auffällt, ist, dass Curse sich auf seinem neuen Album aufs Wesentliche konzentriert. „Uns“ ist ein kompaktes Album mit lediglich 12 Songs, die allesamt sehr nahe dran sind am Puls der Zeit. Erinnerungen an die letzten Alben von Tua und Maeckes werden immer wieder wach und so verwundert es auch nicht, dass Ersterer bei dem Song „November“ als Feature-Gast auftritt. Gleich im Opener wiederum lässt Curse einen richtigen Rhythmus-Regen auf den Hörer hinabregen und man fragt sich schon nach wenigen Minuten, ob er dieses hohe Niveau wohl zu Halten vermag. Die Antowrt lautet: ja. Curse befindet sich mit „Uns“ auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens und hinterlässt hoffentlich einen bleibenden Eindruck bei der neuen Generation von Rap-Fans. Legendenstatus kann man ihm dann nach diesem zweiten musikalischen Frühling immer noch zuschreiben.
// Andy Burrows meldet sich in der kalten Jahreszeit ebenfalls mit einem neuen Album zurück, das einen so richtig schön einwickelt. Wenn du dir die orchestralen Klänge von Ian Brown mit zauberhaften Harmonien vorstellen kannst, dann landest du exakt bei dem, was der Musiker uns auf seinem aktuellen Album „Fall Together Again“ präsentiert. Darauf finden sich elf bezaubernde Pop-Songs mit einem Faible für die Solo-Songs von Paul McCartney. Vereinzelt werden dabei übrigens auch mal schöne Erinnerungen an die Kollegen aus dem Hause Fun. wach. Wer auf Pop-Musik steht, wird in diesem Album jedenfalls einen treuen Freund finden. Indie-Pop-Fans sollten allerdings lieber erstmal einen Probe-Durchlauf absolvieren.
// Bei der Gelegenheit wenden wir uns heute noch mal der aktuellen „Bravo Hits“ zu. Die Nummer 87 setzt auf das altbewährte Rezept knackige Chartbreaker mit einigen Newcomern in den Ring zu schicken und dabei so ziemlich alle Stilrichtiungen zu streifen. 42 Songs finden sich insgesamt auf den beiden Silberlingen – darunter so bezaubernde Hits wie das zurückgelehnte „Fade Out Lines“ von The Avener oder die Partyhymne „Bad Chick“ von Cro. Romantiker kommen hinterher bei den Tracks von Coldplay („True Love“) und Clueso („Freidrehen“) auf ihre Kosten. Wer es lieber etwas energischer mag, der sei zudem an die aktuelle Single der Beatsteaks („Gentleman If The Year“) verwiesen. Wer sonst noch alles am Start ist? Neben einigen austauschbaren Chart-Perlen auf Scheibe, macht vor allem die zweite Disc richtig Spaß. „Baby du riechst“ ist ein augenzwinkernder Rap-Kracher von der verrückten Truppe 257ers und die „100 Elefanten“ von Chima lassen uns ebenfalls keine Ruhe. Wenn du dir also nur zu gerne ein buntes Gesamtpaket ins Regal stellst, dann kommst du auch an der aktuellen „Bravo Hits Vol. 87“ wieder nicht vorbei.
// The Ting Tings melden sich in diesen Tagen ebenfalls mit einem kleinen, aber feinen Album zurück. Ledigklich neun Songs haben es auf das aktuelle Werk der sympathsichen Indie-Pop-Raketen geschafft, diese aber haben es im Gegensatz zum sperrigen Vorgänger wieder so richtig in sich. Die Hit-Single „Wrong Club“ läuft ja bereits als charmante „Get Lucky“-Variante auf allen Radiostationen rauf und runter und auch der Rest des Albums macht eine überaus gute Figur. Die Band beschränkt sich aufs Wesentliche und geht äußerst schnörkellos vor. Am Besten gelingt ihr das immer dann, wenn sie locker-flockige Beats mit frechen Texten kreuzt. Also Regler rauf und abgehen. Songs wie „Do It Again“ und der Titeltrack von „Super Critical“ sorgen anschließend schon für den Rest.
// In Richtung „Paradies“ kann man hinterher dann mit dem jungen Deutschrap-Artist eRRdeKa aufbrechen, der auf seinem gleichnamigen Album die Tradition der Westberliner-Undergroundrap-Schule fortführt. Zwölf Songs haben es auf sein Debüt geschafft, die allesamt sehr gemächlich um die Ecke biegen. Die Dringlichkeit der Musik ergibt sich in diesem Zusammenhang eher aus den Texte, die irgendwo zwischen den Polen Melancholie und Gesellschaftskritik wandeln. eRRdeKa hat eine Vorstellung davon, wie die Welt sein sollte und artikuliert das auch. Mit „Keine Liebe Records“ hat er außerdem ein Label im Rücken, das ihm eine gehörige Portion an Aufmerksamkeit bescheren dürfte. Wir wünschen deshalb jetzt schon einmal viel Spaß mit diesem Chillwave-Rap-Bastard, der einem aufgrund der zahlreichen Misstöne in der Musik immer wieder den Mund ganz weit offen stehen lässt. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?