Wer heutzutage 60s-inspirierten Garagenrock vom Stapel lässt, der kann sich eigentlich gleich ein Schild mit der Aufschrift umhängen, auf dem „bitte ganz schnell nach hinten durchreichen“ prangert. Es gibt einfach nichts Schlimmeres, als die x-te Version von XY aus Next-Big-Thingsen. The Blakes (7) (klickt auf den Interpreten und ihr gelangt zum Reinhören sofort auf dessen Myspace Seite) lassen es trotzdem drauf ankommen und preschen in die Lücke, die Jet vergeblich zu schließen versucht haben. Sie machen Rockmusik mit einer ordentlich Portion „Twang“ und „Fuzz“ und vielleicht auch ein bisschen „Kaboooom“. Und sie kommen verdammt noch mal damit durch. Keine Ahnung, was die vor den Aufnahmen dieser Scheibe für Energiedrinks in sich reingeschüttet haben. Die Jungs aus Seattle rocken jedenfalls, bis der Schweiß sich in der Kniekehle sammelt, weil man gerade auf dem Rücken liegend ein Riff nach dem anderen rausschmettert. Da steht wirklich alles in Flammen, wie es das märchenhafte Cover schon andeutet. Also checkts am Besten selbst aus. Play drücken, Zähne blecken (äh, blaken) und ab dafür. Und hinterher vielleicht dann mal den neuen Lieblingen von Mike Shinoda (Linkin Park) eine Chance geben. Scars On Broadway (5) haben nämlich durchaus gelungene Momente auf ihr gleichnamiges Debüt gepackt. Die Single „They Say“ dürfte inzwischen Limp Bizkit und Linkin Park von all den Tanzflächen gefegt haben, die seit zehn Jahren immer denselben Mist rauf und runterträllern. Da würde man ihnen auch mal die Abstecher in schmalzige Alternative-Rock-Gefilde („Insane“) verzeihen, wenn nur nicht so viele der Songs nach gedrosselten System Of A Down klingen würden. Gut, die beiden Bandkollegen Malakian und Dolmayan sind dort ja hauptamtlich aktiv und dürfen sich diesbezüglich natürlich am Stakkato-Sound ihrer Hauptband bedienen. Aber einen Preis für Innovation sollten sie dafür nicht erwarten. Dazu hätte der Scheibe etwas mehr Mut zu abwegigen Experimenten gut getan. Denn auch, wenn die Platte eigentlich ganz locker und flockig rockig durchläuft. Es fehlt einfach der ein oder andere A-ha-Moment an den man sich festkrallen könnte. Mit Ausnahme von „Chemicals“ vielleicht. Der Song haut so derbe rein, dass man schon eine Reunion der Stagediver in den einschlägigen Indie-Dissen befürchten muss. Der Rest ist gelungener NuRock-Standard, dem man hinterher nicht sonderlich böse ist. Bei dem aber jeder selbst entscheiden muss, ob er ihn noch braucht. Ähnlich verhält sich die Sache bei Alloy Mental. Deren Album „We Have Control“ (6) ballert zweifelsohne, wie Ego-Shooter. Wirkt allerdings wie ein Reißverschluss, der versucht, die Grenze zwischen The Prodigy und Nine Inch Nails aufzulösen. Wer auf Techno-Großraum-Phantasien der Marke Chemical Brothers steht, dürfte hier trotzdem einen neuen Lieblings-Teddy zum Knuddeln finden. Diese Band macht keine Kompromisse. Die Stücke wollen allesamt gefeiert werden. Umso schöner zu sehen, dass Alloy Mental zur Mitte der Scheibe hin die Kurve kriegen zu experimentelleren Songansätzen, die aber trotzdem ordentlich Arsch kicken. Das hält das Teil dann bis zum Ende hin spannend und sorgt dafür, dass die euphorischen Momentaufnahmen nur umso heller scheinen. Schade nur, dass man das alles schon mal irgendwo in ähnlicher Form gehört hat. Zeitgemäßer wirkt da Monotekktoni. Ihre Platte „Different Steps To Stumble“ (5) wird gleich mal von einem Beat eröffnet, der dich kurzerhand zum spontanen Handclappen animiert. Dabei fabriziert die Künstlerin eigentlich ganz schön abwegige Soundgerüste. Das heißt aber wiederum, dass man auch ganz schön aufpassen muss, dass man nicht ins Stolpern gerät. Sehr viel Songs auf dieser Platte wirken so dermaßen zugekleistert mit Sounds, dass man sich ein perfekt ausgepegeltes Surround System herbei wünscht. Unter regulären Umständen jedenfalls wirken viele Tracks schlicht überladen. Das ist am Ende vor allem deshalb schade, weil man durchaus spürt, dass sich hinter der Wall Of Sound interessante Ansätze verbergen. „Fuck The Engine“ zum Beispiel könnte in dieser Form auch von der brillianten Elektro-Lo-Fi-Zauberin Dillon stammen. Nur eben ohne den dauerhaften Drang alles zuzufrickeln. Am Ende ist man hin- und hergerissen zwischen Faszination und Überforderung. Aber doch irgendwie gespannt, wie wohl der Nachfolger klingen wird. Der könnte nämlich durchaus den Durchbruch für Monotekktoni bedeuten, wenn sie ihre Musik etwas entschlackt. Eingängigere Kost gibt’s derweil von den Five O´Clock Heroes. Die präsentieren auf ihrem Zweitling „Speak Your Language“ (6) eine ganze Reihe an IndieRock-Perlen Marke Kooks und Konsorten, die keinem weh tun. Schön zu sehen, dass sich Tracks wie „New York Chinese Laundry“ dabei auch scheinbar nicht totlaufen. Da geht immer wieder die Sonne auf, wenn diese Musik sich in den Gehörgängen vernetzt. Lediglich die beiden Mini-Hits „Alice“ und „Speak Your Language“ wirken etwas plakativ. Sollen aber wohl als Türöffner dienen, damit es auch chartmäßig so richtig knallt. Für so viel offensichtliche Anbiederung an die Hitparade sollte man die Band eigentlich hassen, aber dann schmiegt sich schon wieder der entspannte Reggae-Hüpfer „Don´t Say Don´t“ an deine Hüften und alles ist vergessen. „Speak Your Language“ ist ein Album, das keinem weh tut. Ein Feel-Good-Record, der einlullt. Wer nicht mehr erwartet, dürfte mit den Songs glücklich werden. Und wagt hinterher noch einen Abstecher zu den Zutons. Die haben auf „You Can Do Anything“ (6) endgültig den Stadionrock für sich entdeckt. War ja eigentlich klar, dass sich das anbahnt. Wenn schon Winehouse und Ronson einen ihrer Hits verwursten dann muss da eine passende Antwort folgen. Dabei stampft die Platte mit „Harder And Harder“ ordentlich los. Die Melodien klingen nach wie vor berauschend, nur eben bis aufs kleinste Detail von Störgeräuschen bereinigt. Wenn sie so weitermachen können sie sich in Zukunft mit den Killers auf eine Bühne stellen. Diesmal allerdings lassen wir ihnen diesen Glitzer-Indie noch durchgehen. Weil das Teil geradezu strotzt vor Melodien. Jetzt nur nicht die letzte Ausfahrt vor dem Bierzelt verpassen. Sonst folgt schon bald ein ausgedehnter Zuckerschock… bis zum nächsten Zuckerbeat.
// von Alexander Nickel-Hopfengart
UND WAS NUN?