mit Büchern von Marina Keegan, Rachel Kushner, Philipp Oehmke, Jochen Distelmeyer und John Gardener.
// Manchmal erscheinen Werke, die einem im wahrsten Sinne des Wortes ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern. Dabei könnten die Umstände in diesem Zusammenhang nicht tragischer sein. Marina Keegan nämlich, die Autorin von „Das Gegenteil von Einsamkeit“ ist nämlich bereits im Alter von 22 Jahren gestorben. Sie war gerade auf dem Weg zur Geburtstagsfeier ihres Vaters, als sie bei einem Autounfall verstarb. Nun aber erscheinen die Werke & Essays der Yale-Absolventin doch noch in gebundener Form. Das Buch ist eines Sammlung der besten Texte eines Ausnahmetalents, welche man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Die Texte mit so bezaubernden Titeln wie „Winterferien“, „Sogar Artischocken haben Zweifel“ und „Gepäckausgabe“ drehen sich um Liebe, um Schmerz und um Sex. Immer aber sind sie durchzogen von einem unerschütterlichen Optimismus, der einen auf die Sonnenseite des Daseins schubst. „Das Gegenteil von Einsamkeit“ ist ein Werk, das einen von einem Gemütszustand in den anderen switcht und dabei nahezu atemlos hinterlässt. Dieses Werk hier strotzt nur so vor Emotionen und vor Lust am Leben. Der Autorin geht es darum, Dinge auszuprobieren und sie steckt einen an mit ihrem Enthusiasmus. Lassen dir diesen literarischen Hoffnungsschimmer also auf keinen Fall entgehen.
// Wer sich anschließend einmal in Richtung 70er Jahre zurückspulen lassen möchte, der kommt beim aktuellen Album der amerikanischen Autorin Rachel Kushner auf seine Kosten. Die nämlich veröffentlicht mit „Flammenwerfer“ ihren weiten Roman und gleichzeitig ihr Meisterstück, das selbst so illustre Kollegen Jonathan Franzen zu wahren Lobeshymnen verleitet. Die Geschichte selbst dreht sich um eine junge Frau, die in der New Yorker Underground-Szene genauso zu Hause ist wie auf ihrem Motorrad. Wir schreiben das Jahr 1975 und Reno ist gerade dabei sich mit einem gewissen Sandro auf etwas Ernsteres einzulassen. Zusammen mit ihm reist sie nach Italien in eine Sommerresidenz am Comer See und sieht sich plötzlich mit einer ihr bis dato völlig fremden Welt konfrontiert. Inmitten von Straßenkämpfen, Streiks und Entführungen verändert sich ihr Blick auf die Welt und sie versucht sich mit den veränderten Bedingungen auseinander zu setzen. Dass sie hinterher nicht mehr dieselbe ist, dürfte genauso klar sein, wie der Umstand, dass es sich bei „Flammenwerfer“ um ein wahrhaft explosives Stück Literatur handelt, dass man aufgrund seiner Intensität am liebsten in einem Stück durchlesen möchte.
// Es gibt eine Unmenge von Band-Biografien, die man sich getrost sparen kann. Die aktuelle aus der Feder von Philipp Oehmke über die Punk-Legenden von den Toten Hosen gehört nicht dazu. Schon die Zitate auf dem Back-Cover machen neugierig. Der eine der Jungs möchte auf keinen Fall, das seine Familie den Inhalt des Buches zu Gesicht bekommt, ein anderer hat Dinge über sich erfahren, die er so gar nicht mehr auf dem Zettel hatte. Es macht also kurz gesagt verdammt viel Spaß dem Autor bei seinen Aufzeichnungen zu folgen und so wird „Die Toten Hosen – Am Anfang war der Lärm“ von Seite zu Seite mehr zum Seelenstriptease einer Gruppe, über die man alles zu wissen glaubte und sich nun doch noch einmal eines Besseren belehrt sieht. Das Buch nämlich belässt es nicht etwas dabei die wichtigsten Karriere-Stationen der Band durch zu deklinieren, man bekommt auch einen intensiven Einblick hinter die Kulissen einer Crew, deren Dasein sich weitestgehend unter den strengen Augen der Öffentlichkeit abspielt. Entzaubert wird die Band durch das Buch allerdings trotzdem nicht, sonst würden sich die Mitglieder auch kaum auf dem Rückumschlag zitieren lassen. Dennoch hat man über die volle Distanz das Gefühl, da hier jemand sehr authentisch auf den Punkt bringt, was diese Band ausmacht. Dass die Mitglieder dabei nicht immer nur auf der Sonnenseite des Lebens herumstehen, versteht sich von selbst…
// …und führt uns direkt zu einem weiteren Werk, welches zumindest indirekt auf die popkulturelle Leserschaft abzielt. „Otis“ von Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer ist eines dieser Bücher, das mit der Bürde klarkommen muss, dass da jemand in die Tasten haut, der eigentlich in einem anderen pop-kulturellen Kontext verortet ist. Seine Musik jedenfalls ist über alle Zweifel erhaben und so wird die Latte in Sachen „Otis“ auch schon mal sehr hoch angelegt. Wahrscheinlich auch deshalb fiel das Werk bei vielen Rezensenten gnadenlos durch, weil man von Jochen Distelmeyer eben gleich immer den ganz großen Wurf erwartet. Der wiederum ist das Buch nicht. Es ist vielmehr ein erster Versuch eines grandiosen Musikers, sich auf neuem Terrain zu Recht zu finden. Das Buch selbst beginnt mit dem Rücktritt des Bundespräsidenten im Jahr 2012. Gerade erst ist der Protagonist in die deutsche Hauptstadt abgedampft, um sich dort ganz aufs Schreiben zu konzentrieren. Nebenbei möchte er dadurch auch noch über die große Liebe hinwegkommen und so treffen sich eines Abends zahlreiche wichtige Personen seines bisherigen Lebens um den ganz großen Knall herbei zu führen. Was das Ganze jetzt mit der Odysee von Homer zu tun hat? Es lohnt sich durchaus mal reinzuschauen in diesen Roman, der hoffentlich dazu führt, dass der Autor und Künstler sich in Zukunft noch weiter ins literarische Fach hervorwagt. Es könnte dabei nämlich durchaus großartiges herausspringen, wenn die zahllosen Querverweise und Seitenhiebe dieses Erstlings in geregelte Bahnen gelenkt würden.
// Gleich doppelten Grund zur Freude haben in diesen Tagen die Fans der altehrwürdigen Agentenreihe um James Bond. Der „Cross Cult“-Verlag veröffentlicht ja schon seit geraumer Zeit eine Neuauflage der ursprünglichen Romane, auf denen die Filme der Serie basieren. Inzwischen sind wir in diesem Zusammenhang übrigens schon bei den Büchern 17 und 18 kommen, die wie bereits die Vorläufer im schicken Retro-Look erscheinen. Den Auftakt macht diesmal der Band „Der Kunstsammler“, im Rahmen dessen sich Bond auf einmal den amerikanischen Behörden unterstellt sieht. Zusammen mit seiner Partnerin Cedar (eine Freundin eines alten Freundes namens Felix Leiter) wollen sie einer Spezialeinheit namens SPECTRE das Handwerk legen, die sich auf die Fahnen schreibt in den Straßen für Chaos zu sorgen. Ebenfalls von Autor John Gardener wurde auch der Band „Eisbrecher“ aus den Ärmeln geschüttelt. Darin verschwimmen die Grenzen zusehends und Bond muss sich mit einigen ehemaligen Gegenspielern zusammensetzen, um einen Auftrag in der Einöde Lapplands auszuführen. In arktischen Gefilden soll auf diese Weise der Faschismus bekämpft werden, aber das Misstrauen zwischen den einzelnen Beteiligten ist groß und so kommt es schon bald zu ersten Komplikationen zwischen den Parteien. Ob da am Ende wirklich alles gut ausgeht? Der Autor folgt mit seinen Romanen dem Stil von Kult-Autor Ian Fleming und führt die Agentenreihe fulminant fort, indem er immer wieder Bruchstellen im Getriebe ausmacht und die einzelnen Beteiligten differenzierter ausarbeitet. Die Zeiten von Gut gegen Böse scheinen in diesem Zusammenhang endgültig vorbei zu sein, stattdessen mischen sich immer wieder Grautöne dazwischen. Soll heißen: auch die neuesten Bände sind ein überaus lohnenswertes Unterfangen. Und damit Schluss für heute. Bis zur nächsten Leserunde.
UND WAS NUN?