mit neuen Büchern von Beate Klarsfeld/Serge Klarsfeld, Stefanie Baumm, Haruki Murakami und Tim Parks.
// Kann man mit einer Ohrfeige berühmt werden? Selbst wenn man Elyas M’Barek nach einer Filmpreisgala ohrfeigt reicht das nur für einige Wochen Aufmerksamkeit. Bei Beate Klarsfeld liegt der Fall anders und natürlich waren das andere Zeiten. Sie stürmte mit Nazi-Nazi-Rufen 1968 auf den Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und gab ihm eine ordentliche Watschen. Für viele Deutsche dürfte das der erste vielleicht auch der einzige Anhaltspunkt zum Namen Beate Klarsfeld sein, dabei haben sie und ihr Mann, Serge, viel mehr erreicht. Selbst als Bundespräsidentin war sie gegen Joachim Gauck angetreten. In „Erinnerungen“ (Piper, ISBN 9783492057073) kann man herrlich ihre Leben verfolgen. Von einer Kindheit im 3. Reich, als französischer Jude im Vichi-Frankreich oder eben als Nazijäger und Mahner. Bemerkenswert sind die minutiöse geschilderten Abläufe und Details der beiden. Besonders spannend liest sich das Werk der beiden 1939-iger wenn sie schildern, wie sie tatsächlich straffrei gebliebene Nazifunktionäre aufspüren. Zu den dramatischen Elementen, kommt eine interessante Darstellung des Zeitgeistes (insbesondere der 1970er und 1980er Jahre) und ein schönes Beispiel von 52 beflügelnden Ehejahre. Das über 600-seitige Hardcover macht sich nicht nur gut in jedem Bücherregal, sondern man wird es auch noch Jahre später ohne „retro“-Vorlieben gerne lesen. (Euro 28,00)
// Der Titel von Stefanie Baumms neustem Kriminalroman „Am Anfang war der Tod“ (Droemer, ISBN 97834263087) steht eigentlich für die meisten Werke dieses Genres. Am Anfang findet der verlorene Sohn Leif Falkner, seinen Vater Eckhard tot an seinem Arbeitsplatz in der Kirch von Moorbek. Er verständigt die flüchtigen Bekannten Kommissare Stahl und Harms aus Kiel. Jedoch laufen die Ermittler im beschaulichen Dorf gegen eine Wand und selbst der Sohn des Toten scheint etwas zu verheimlichen. Im Roman jedoch ist nicht nur am Anfang der Tod. Im Dorfidyll sind kriminelle Machenschaften, Lug und Trug an der Tagesordnung. Und selbst die evangelische Kirche ist dabei nicht ausgeschlossen. Der 350-seitige Roman punktet auch durch einen genial plausiblen Schluss, der das eigene Gerechtigkeitsgefühl befriedigend. Die 1963-geborene Autorin lebt selbst in Holstein, studierte Jura und arbeitete für diverse Zeitungen. Es handelt sich hier um die 3. Folge der Armin-Stahl-Reihe. Auch wenn man nicht unbedingt Herrn Stahl als Protagonisten bezeichnen würde. Spielen doch Leif Falkner und Uta Thormälen eine zentrale Rolle der Handlung. Dieser Krimi ist schlüssig und authentisch, setzt jedoch weniger auf Spannung als zum Beispiel Stieg Larson. Ein interessantes Detail ist die Verstrickung der evangelischen Kirche in kriminelle Machenschaften. Scheinbar schützt eine intakte Familie auch Kirchenmänner nicht davor dem Bösen zu verfallen. (Euro 9,99)
// Haruki Murakamis Bücher wurden bereits in mehr als 40 Sprachen übersetzt und das Time-Magazin zählt ihn 2015 zu den Top 100 der einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt. Der 1949 geborene Autor kam trotz seiner literarisch geprägten Kind- und Jugendzeit in Kobe und Tokio, spät zum Schreiben. So führte er u. a. nach seinem Studium der Theaterwissenschaft einen Jazzbar. Sein Werk „Von Männer die keine Frauen haben“ (DuMont, ISBN 9783832197810) ist ein 200-seitiger Band mit 7 Erzählungen, wobei der Letztere den Titel des Buches festlegt. Die ersten „long short stories“ sind: Drive my Car, Yesterday, Das eigenständige Organ, Scheherazade, Kinos Bar, Samsa in Love. Wie so oft bei Murakami drehen sich die Erzählungen um den Verlust eines geliebten Menschen. Über einen, der aufgrund einer Trunkenheitsfahrt, nun auf eine Chauffeurin angewiesen ist. Einem anderen, der mit der Freundin eines guten Freundes ausgehen soll. Von einem frischen Barbesitzer, der sich nicht sicher ist ob er die richtige Entscheidung getroffen hat. Noch ein anderer verliebt sich in eine seiner zahlreichen unverbindlichen Affären. Dabei erzählt der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller so feinfühlig, unaufgeregt und sehr plausibel was diesen gar nicht so einmaligen Protagonisten auf der Seele brennt. Bemerkenswert ist auch das gelungene Cover. Über die gebundene Ausgabe mit einer Männerzeichnung legt sich ein transparenter Umschlag mit einem regenbogen-farbigen Frauenkörper. (Euro 19,99)
// Tim Parks, geboren 1954 in Manchester, wuchs in London auf und lebt seit 1981 in Italien. In vielen seiner Romane und erzählenden Sachbücher hat er das Leben in Italien thematisiert. Außerdem übersetzte er Werke von Italo Calvino, Roberto Calasso, Alberto Moravia und Machiavelli ins Englische und lebt als Professor für Literarisches Übersetzen in Mailand. Zuletzt erschien von ihm „Italien in vollen Zügen“ (Kunstmann 2014). Tim Parks‘ Krimitrilogie dreht sich um Morris Duckworth. Der sich in prekärer Beschäftigung als Sprachlehrer in Verona, nicht mit seiner sozialen Stellung in Italien abfinden kann. Im Umgang mit den reichen und verwöhnten Sprachschülern sieht er ständig diesen Makel – trotzt seiner unzweifelhaften Genialität und moralischen Untadeligkeit. Massimina Trevisan, die 17-jährige Nachhilfe-Schülerin und Millionenerbin, soll ihm aus dieser ökonomischen Bredouille holen. Die unschuldige und verliebte Mimi nutzt eine Gelegenheit der Mutter eins auszuwischen und endlich ein Abenteuer zu erleben. Auf der Flucht vor Geldnöten und der Familie genießen die beiden die Ferien bis Erpressung, Entführung, Mord und Totschlag nicht mehr zu vertuschen sind. Im 2. Band (Mr. Duckworth wird verfolgt) kommt schließlich das Glück scheinbar doch für Morris. Er heiratet, Paola, die Schwester der getöteten und schwangeren Mimi und sieht sich als führenden Kopf des millionenschweren Familienbetriebs. Wenn da nicht der Schwager Bobo wäre, der bei jeder Gelegenheit die Geringschätzung gegenüber Morris zeigt. In Folge illegaler Machenschaften, kommt es zum großen Streit zwischen Bobo und Morris, den Bobo nicht überlebt. Während Morris kein Talent als Geschäftsführer hat, glänzt er mit Lügen erfinden, in die Irre führen und Spuren verwischen. Im letzten Band (Mr. Duckworth sammelt den Tod) könnte es sich der Mittfünfziger eigentlich richtig gut gehen lassen. Mit seiner Frau, einer Freundin, den beiden Kinder, als Vorstand des Familienimperiums und mit einer beachtlichen Kunstsammlung hat er es nun endlich zu den Wichtigen der Veroneser Gesellschaft geschafft. Aber wieder lässt er sich zu einer vermeintlichen Idee hinreißen, die sich hinterher als nicht besonders vorsichtig herausstellt. Genau das ist es ja was Morris ausmacht. Seine ständige Umtriebigkeit, die in oft in missliche Situationen bringt. Allerdings agierte er ja, je brenzliger die Lage, umso brillanter. (Euro 16,95 je Band)
UND WAS NUN?