mit neuer Musik von Judith Holofernes, CJ Ramone, Jarvis Cocker & Chilly Gonzales, Otago, Fotos, Mighty Oaks, Staatspunkrott und Max Richter.
// Nachdem Judith Holofernes einen Schlussstrich unter das Kapitel Wir sind Helden setzte, macht sich die Musikerin seither auf Solo-Pfaden auf die Welt mit wunderbarer Musik in Verzückung zu versetzen. Dabei polarisiert sie schon mal mit ihren lebensbejahenden bis melancholischen Songs, aber genau das ist schließlich, was die Fans an ihrer Musik so lieben. Nun also steht nach „Ein leichtes Schwert“ das zweite Werk namens „Ich bin das Chaos“ in den Regalen und dabei werden auch diesmal wieder der Einfluss von Bands wie den Breeders oder die poppige Attitüde einer Cindy Lauper deutlich. Überhaupt passt der Titel hier nahezu perfekt zum Output, der einen immer wieder mit spannenden Ideen bei der Stange hält. „Ich bin das Chaos“ ist das Album einer Künstlerin, die nicht müde geworden ist, Experimente einzugehen und die sich niemals dem Massengeschmack anbiedern wollte. Stattdessen strotzt diese Platte hier nur so vor Spannungsmomenten und kleinen Liedermacher-Perlen, die einem noch Tage später im Kopf herum schwirren.
// Auf seinen bisherigen Alben hat CJ Ramone schon so manchen Hit versteckt, aber nun hat er mit „American Beauty“ sein absolutes Meisterwerk veröffentlicht. Die zwölf Songs klingen allesamt wie aus einen Guss und pappen einem eine strahlende Sonne ans Firmament. Ja, zu dieser Musik hier bekommt man wirklich gute Laune und mit Ausnahme einer Ballade liefert der Künstler hier ein hymnisches Hitfeuerwerk ab, das allen Fans des grünen Weezer-Albums ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern dürfte. Ja, diese Platte hier will gefeiert werden und so freuen wir uns über hymnische Perlen der Marke „Let´s Go“, „Run Around“ und „Yeah Yeah Yeah“, die allesamt zu Ohrwürmern avancieren, wenn man ihnen nur ein paar Durchläufe schenkt. Man merkt dem Künstler dabei immer an, dass er das Bestmögliche abliefern wollte, was in ihm steckt und so freuen wir uns über diese lebensbejahende Punk-Pop-Platte, die der klassischen Ramones-Besetzung sicher auch sehr gut zu Gesicht gestanden hätten. Mehr davon, bitte!
// Auf diese Zusammenarbeit haben wir schon lange gewartet. Jarvis Cocker und Chilly Gonzales haben sich zusammen ins Studio begeben und gemeinsam einen Liedzyklus über ein Piano in einem Hotelzimmer erschaffen. Selbiges steht am westlichen Ende des berühmten Sunset Boulevards in Hollywood und hört auf den Namen „Chateu Marmot“. Es existiert bereits seit dem Jahre 1929 und hat schon so manche Legende im Laufe des vergangenen Jahrhunderts beheimatet. Der Pulp-Sänger hat sich nun mit dem Komponisten und Pianisten Gonzales daran gemacht, die bewegte Vergangenheit von Zimmer 29 noch einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und Selbigem in musikalischer Hinsicht ein kleines Denkmal zu setzen. „Wenn du Ärger haben willst, dann am besten im Chateau Marmont«, gab eins Harry Cohn, der Gründer von Columbia Pictures, zu Protokoll und die Faszination für eben jenes Objekt der Begierde hat auch den Jarvis Cocker ergriffen, nachdem er in eben jenem Raum 29 einen Stutzflügel vorfand. Also machte er sich zusammen mit Chilly Gonzales über den Zeitraum von drei Jahren daran ein wunderbares musikalisches Vermächtnis über die wilden, glamourösen Zeiten zu kreieren, das einen über die volle Distanz von 16 Songs bei der Stange hält.
// Hannes Wittmer ist zurück und hat nach drei packenden Alben unter dem „Calvin & Hobbes“-Sidekick Spaceman Spiff ein neues Kapitel aufgeschlagen. Abwechslung hält ja bekanntlich jung und so freuen wir uns auf sein neues Projekt namens Otago, das er erstmals komplett auf Englisch eingesungen hat. Mit der Platte verhält es sich dabei ähnlich wie mit dem letzten Album von Get Well Soon. Anfangs fordert einen die Scheibe ziemlich heraus, hat man sich dann allerdings erstmal eingefunden in diesen melancholischen Machwerk, dann kommt man einfach nicht mehr los von der Musik. Zusammen mit einem illustren Ensemble bestehend aus Clara Jochum ( Cello), Jonny König (Percussion), Feix Weigt (Bass), Anne De Wolf (Violine) und Ulrich Rode (Gitarre) gelingt es dem Künstler einen gewagten Drahtseilakt zwischen den Polen Akustik-Pop und Elektronik zu absolvieren, ohne dabei abzustürzen. Mit einfachsten Mitteln erschafft er Musik, die einfach klingt, aber so voller Details und verwinkelter Strukturen steckt, dass sich die Songs oft erst nach zahlreichen Durchläufen erschließen. „Otago“ ist damit eines der spannendsten Indie-Pop-Alben des jungen Jahres geworden und wir freuen uns jetzt schon auf Weiteres aus der Feder des talentierten Würzburger Musikers.
// Dass es die Fotos überhaupt noch gibt, hat uns beinahe etwas überrascht. Nachdem sie uns über die Distanz von drei Studioalben zahllose Indie-Pop-Perlen vor den Latz knallten, ist es vor sechs Jahren erst einmal ruhig um die Band geworden. Man hat sich nach Auftritten in über 20 Ländern und endlos vielen Live-Konzerten wohl einfach nach etwas Ruhe gesehnt. Nun allerdings meldet sich die Band um Tom Hessler (Gesang, Gitarre), Deniz Erarslan (Gitarre), Friedrich Weiss (Bass) und Benedikt Schnermann (Drums) zurück und hat mit „Kids“ einen echten Knaller im Gepäck. Die Songs, die allesamt aus der Schaffensphase zwischen 2012 und 2016 stammen, klingen wie ein Befreiungsschlag und die Band lässt einfach ihren Gefühlen freien Lauf. Ob HipHop-Beats, rockende Gitarren und 60s-Pop, alles findet Einzug in dieses so vielschichtige Album, dass warhaft wie ein musikalischer Jungbrunnen anmutet. Hier will jemand nochmal Kind sein und die Welt entdecken. Ohne Schranken und Vorgaben einfach das Leben genießen und so freuen wir uns über neun packende Songs, die einfach nur zum Träumen und Spaß-Haben einladen. Feature-Auftritt von Keshavara und den Jungs von Golf inklusive.
// Die Mighty Oaks, die in diesem Jahr übrigens auch einen Auftritt beim Würzburger Hafensommer absolvieren werden, sind inzwischen eine echte Herzensangelegenheit für uns. Ohne viel Effekthascherei und großes Tohuwabohu haben sie nach zwei EPs ein Debütalbum veröffentlicht, das nur so strotzte vor schönen Harmonien und Melodien, die sich irgendwo zwischen den Polen Pop und Folk verorten ließen. Nun legen sie mit „Dreamers“ ein neues Album vor, das von Produzent Ryan Hadlock inmitten einer famosen Naturkulisse umgeben von uralten Wäldern und Bergen im pazifischen Nordwesten eingespielt wurde. Genauso wiederum klingen letztlich dann auch die Songs dieses verträumt-melancholischen Albums, zu dem man die Welt um sich herum am liebsten auf Stand by knipsen würde. „Dreamers“ ist ein Werk, das einen dabei eher nebenbei packt. Mit jedem Durchlauf nämlich verankern sich die Klänge dieses Albums tiefer in den Gehörgängen des Zuhörers und wenn dann im epischen „The Great Unknown“ auch noch die Streicher im Studio vorbei schauen, schwebt man endgültig auf Wolke 7.
// Alle Fans von Muff Potter sollten derweil mal die Ohren spitzen, wenn der Name Staatspunkrott in den Raum geworfen wird. Die Jungs haben ja bereits auf den Vorgängern „Phoenix Effekt“ und „Nordost“ eine überaus gute Figur gemacht und uns so manche Hymne präsentiert, die man am liebsten sofort lauthals mitgrölen möchte. Der Nachfolger nun zeigt eine sichtlich gereifte Band und ist gleichzeitig der Abschluss ihrer selbst ernannten Melodycore-Trilogie. Songs wie „Richtung Horizont“ und „Umrissmensch“ sind dabei von solcher Dringlichkeit durchzogen, dass man sich immer wieder dabei ertappt, wie man kopfnickend und Luftgitarre-spielend durchs Wohnzimmer hüpft, wenn die hymnischen Refrains einsetzen. Man merkt diesen Jungs auch auf Platte an, dass sie eine Live-Band sind, weil sich der unmittelbare Charme ihrer Songs wie von selbst auf Silberling transferiert. Lasst euch diese zwölf Songs also auf keinen Fall entgehen, sie sind nämlich jetzt schon heiße Anwärter für die Playlists der anstehenden Festival-Compilations.
// Max Richter wiederum ist immer für eine Überraschung gut. Dabei wickelt der Künstler seine Hörer reihenweise um den kleinen Finger und stößt sie von einem Extrem ins andere. In seinem neuesten Wurf namens „Three Worlds: Music From Woolf Works“, welches bei der „Deutschen Grammophon“ erscheint, dreht sich alles um das Werk der Schriftstellerin Virginia Woolf. Die Erinnerung an ihr breites Schaffen steht im Mittelpunkt der Musik und damit auch ihr detail-geschulter Blick auf die Besonderheiten in den alltäglichen Dingen unseres Daseins. Mit seiner Musik zieht Max Richter nun den Hut vor dieser so renommierten Autorin, deren Selbstmord vor langer Zeit die Welt erschütterte. Um die Erinnerung wachzuhalten möchte man regelrecht versinken in diesen Klängen, die einen in drei Kapiteln namens „Mrs. Dalloway“, „Orlando“ und „The Waves“ in eine gedankliche Parallelwelt zu transferieren vermögen. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?