mit neuen Büchern von David Duchovny, Julie Holand, Chris W. Wilpert & Robert Zwarg und Richard Kern.
// David Duchovny hat uns zugegeben ziemlich überrascht mit seinem literarischen Debüt, das irgendwo im Bereich gesellschaftskritische Fabel anzusiedeln gewesen ist. Man kam einfach nicht mehr los von der sympathischen Schreibe des Akte X-Darstellers, der nun mit „Ein Papagei in Brooklyn“ noch einmal nachlegt. Darin dreht sich alles um Marty Fullilove und seinen Sohn Ted, die beide einen ziemlich ernüchternden Lebenslauf mit sich herumtragen. Der Vater ist ein ziemlich zynischer Typ, der alles im Leben schlechtzureden versucht und der Sohn ein erfolgloser Schriftsteller, der als Erdnussverkäufer im Stadion seinen Lebensunterhalt verdient. Kein Wunder, denkt man sich als Leser, dass die beiden seit Jahren kein Wort mehr miteinander gesprochen haben, doch dann holt den Vater eine schwere Krankheit ein und der Sohn entscheidet sich ihn zu besuchen. Nachdem er einige Vorwürfe und Beschimpfungen von Seiten des Vaters über sich ergehen lassen musste, beginnt eine Zeit des gegenseitigen Annäherns und die beiden beginnen den Wert der Familie wieder schätzen zu lernen. David Duchovny zeichnet dabei ein sehr glaubwürdiges Bild des schwierigen Vater-Sohn-Verhältnisses, das einen bis zur letzten Seite nicht mehr loslässt.
// Julie Holland ist seit über 20 Jahren in einer psychiatrischen Praxis in Manhattan aktiv und konnte dabei selbst beobachten, welche Auswirkungen die vielen Medikamente auf das menschliche Gehirn haben. In ihrem Buch dreht sich demnach nun alles um die Frauen, die sie in ihrer Praxis besuchen und die mit den Anforderungen des Lebens auf irgendeine Art und Weise nicht klar kommen. Viele sind überfordert und ausgebrannt und doch wollen sie es allen um sich herum immer recht machen. Also fordert Julie Holland von ihnen zuerst einmal eines: sie sollen akzeptieren, dass sie von Natur aus launisch sind. Die „Moody Bitches“, die sie in ihrem Werk skizziert, sind in diesem Zusammenhang also so etwas wie die launischen Gemütszustände einer Frau (bzw. wie es im Klappentext heißt: Das launische Biest in einem selbst). Ihnen will sie dabei helfen, ihre eigenen Ecken und Kanten und vor allem Emotionen vollends zuzulassen und auch auszuleben. Nur so können laut Holland ihre Talente zur vollen Entfaltung gelangen. „Die Wahrheit über die Pillen, die wir nehmen, den Schlaf, der uns fehlt, den Sex, den wir vermissen und was uns wirklich verrückt macht“ heißt es im Untertitel des Buches und wir müssen zugeben, dass dieser radikale Ansatz der Schriftstellerin überaus schmissig geschrieben ist. Ob man ihn allerdings selbst für sich nutzen möchte, das muss jede Frau am Ende selbst entscheiden.
// Es ist schon ein paar Jahre her, dass man den Hipster als solchen im deutschen Feuilleton wiederentdeckte. Etwas aus der Zeit gefallen wirkt deshalb auf dem ersten Blick ein neues Werk aus dem „Ventil“-Verlag, das wir euch aber trotzdem ganz innig ans Herz legen möchten. In dem Buch des Literaturwissenschaftlers Chris W. Wilpert und des Philosophen Robert Zwarg dreht sich alles um die Geschichte dieses Sozialtypus, der einfach nicht totzukriegen ist. Eben deshalb widmen sie sich die Beiden in ihrem Sammelband „Destruktive Charaktere“ dem Hipster als Krisenphänomen, wobei sie den Hipster vor allem als Symptom von bestimmten Ideologien sehen. Nachdem sich inzwischen die meisten Ordnungs-Kriterien wie Geschlechterrollen und Klassen zunehmend aufzulösen scheinen, aber auch in der Öffentlichkeit immer wieder Umbrüche im Bereich der Kultur geschehen, ist der Hipster eine Art Krisenphänomen, der in gewisser Weise nur das gesellschaftliche Leben spiegelt. Mit Hilfe zahlreicher Gastautoren werfen die beiden Herausgeber dabei den Blick auf so spannende Themengebiete wie die Hip Politics, die TV-Reihen „Girls“ und „Broad City“ oder das Hipster-Klischee an sich. Schnupper also unbedingt mal rein in dieses Werk aus der Reihe „Testcard Zwergobst“.
// Wer sich gerne mal wieder etwas eingängiger mit der Geschichte von Berlin auseinander setzen möchte, der sei an dieser Stelle nochmal herzlichst an ein neues Werk aus dem Hause „Suhrkamp Nova“ verwiesen. „Berlin Heart Beats“ versteht sich dabei allerdings nicht als abgeschlossenes Werk, sondern lässt Raum für Neues. Berlin war immer eine Stadt, die sich im Umbruch befand. Gerade nach der Wende haben sich alte Strukturen aufgelöst und es entstand Raum und Platz zum Ausprobieren. Improvisation war das Stichwort und so verschafft einem dieses Fotobuch nicht nur einen spannenden Einblick in die Szene vor Ort, es finden sich auch exklusive Gespräche darin, die alle zusammen mit eine Collage anmuten. Neben Klaus Biesenbach, Frank Castorf, Flake und Christiane Rösinger kommen noch zahlreiche weitere zu Wort und ihre Geschichten werden von Bildern aus dem Hause Rolf Zöllner, Ben De Biel, Harald Hauswald, Hendrik Rauch, Philipp von Recklinghausen, Ute Mahler und Markus Werner unterfüttert. Alles zusammen versetzen sie einen in einen rauschähnlichen Zustand, der die Stimmung vor Ort sehr gekonnt zu spiegeln vermag und jetzt schon Lust auf die nächste Berlin-Reise macht. Wenn du also ganz tief eintauchen willst in das Herz Berlins, dann schnapp dir diese „Stories From The Wild Years 1990 – Present“.
// Ebenfalls überaus gelungen ist ein neuer Fotoband aus dem „Taschen“-Verlag, welcher sich noch einmal intensiv mit dem Schaffen von Richard Kern auseinander setzt. „New York Girls“ wurde ursprünglich im Jahre 1996 erstmals veröffentlicht und versammelt zahllose Fotos von Frauen, die sich im Dunstkreis der New Yorker Punkszene herumtrieben. Nach seinen Filmen „Killed Me First“, „Fingered“ und „Submit To Me Now“ hatte Kern wieder Lust bekommen als Fotograf tätig zu werden und seine Fotos strotzen nur so vor Ideen. Die expliziten Motive, die man hier präsentiert bekommt, versetzen einen sofort zurück in Richtung 90er. Viele Motive sind inzwischen zu Klassikern der Fetischfotografie avanciert und die Neuausgabe bietet noch einiges mehr. Neben zahlreichen Outtakes der jeweiligen Sessions finden sich auch viele bis dato unveröffentlichte Fotos, die dieses Standartwerk imposant erweitern. Eingeläutet wird das Buch dann auch noch von einem spannenden Interview, bei welchem Richard Kern auf die Sonic Youth-Bassistin und Sängerin Kim Gordon trifft. Selbige ist ja auch seit jeher bekannt dafür mit ihrer Kunst anzuecken und so ist dieses Werk sicherlich nichts für die breite Masse. Wenn man aber bereit ist, sich auf das Schaffen von Richard Kern einzulassen, wird man sehr schnell feststellen, dass es hier um mehr geht, als nur die Sehnsucht nach nackten Körpern. Kern wollte Grenzen ausloten und es entsteht Kunst daraus. Er zeigt Frauen mit Waffen, Kerzen und beim Rasieren. Der Fotograf aus North Carolina hat nichts am Hut mit gängigen Klischees, er geht lieber dahin wo es weh tut und gerade das macht seine „New York Girls“ zu so einer spannenden Angelegenheit. Herausgegeben wurde das Album übrigens von Dian Hanson aus Seattle, die selbst Jahrelang für die unterschiedlichsten Herrenmagazine, wie zum Beispiel Juggs und Leg Show, verantwortlich gewesen ist. Deshalb zugreifen bitte. Es lohnt sich.
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