Auf der Ärzte-Platte „Geräusch“ findet sich ein Stück mit dem Titel „WAMMW“, was für „Wenn alle Männer Mädchen wären“ steht. Vielleicht hat Regisseurin Diane English dieses Stück gehört, als sie ihr Drehbuch für „The Women“ schrieb. Wahrscheinlicher ist, dass sie Lust hatte, das gleichnamige Broadway-Stück aus den Dreißigern und den dazugehörigen Film von George Cukor mit Joan Crawford für das einundzwanzigste Jahrhundert zu adaptieren. Warum diese schwächliche Popkulturreferenz am Anfang der Kritik? Weil die Hauptattraktion von „The Women“ – abgesehen von seinem Starensemble mit einigen netten Gastauftritten – darin besteht, dass im Film trotz vieler Szenen an öffentlichen Orten kein einziger Mann zu sehen ist.
Was nicht bedeutet, dass die Männer nicht trotzdem zu spüren sind. Denn wie in unserer bipolaren Gesellschaft übrig, kreisen die Sorgen und Probleme der im Film vorkommenden Frauen im Endeffekt dann doch darum, was zum Henker sie bloß mit ihren Männern anstellen sollen. So erfährt Sylvie (Annette Bening) bei einer Maniküre zufällig, dass der Mann ihrer besten Freundin Mary (Meg Ryan) seine Frau mit einer rassigen Brünetten aus der Parfümabteilung (Eva Mendes) betrügt. Schneller als geplant erfahren auch die zwei restlichen Freundinnen der Sex-and-the-City-esken Mädels-Clique (Jada Pinkett Smith, Debra Messing) von der Schmach, nur Mary selbst weiß noch nicht bescheid. Sie muss die Wahrheit auch erst von der plappernden Kosmetikerin erzählt bekommen. Nachdem eine Konfrontation der Konkurrentinnen für Mary erfolglos verläuft, entschließt sie sich zum Äußersten und reicht die Scheidung ein. Als sie sich dann auch noch mit Sylvie verkracht, die die Scheidungsgeschichte ihrer besten Freundin aus Existenznot an eine Boulevardzeitung verkauft, ist Mary pünktlich zum Ende des dritten Akts am Boden zerstört. Doch wie gewiefte Zuschauer von Buddy-Komödien schon ahnen mögen, muss auch in „The Women“ keine Heldin ewig leiden – das vollständige Empowerment ist nur eine eigene Modekollektion weit entfernt.
Es sei darauf hingewiesen, dass der Autor dieser Rezension ein Mann ist, doch selbst aus feministischer Sicht ist an „The Women“ viel Nettes und wenig Tolles zu finden. Zugegeben, der WAMMW-Trick ist clever und konsequent umgesetzt, geht sogar so weit, dass selbst auf dem (gut ausgewählten) Soundtrack kein einziger Mann zu hören ist, und ist dabei so nonchalant inszeniert, dass einem das Fehlen gar nicht wirklich auffällt, wenn man nicht drauf achtet. Leider haben Gimmicks wie dieses noch nie Filme alleine tragen können und so strotzt der Film ansonsten hauptsächlich von Figuren- und Storyklischees sowie den üblichen postfeministischen New Yorker „Frauen von Heute“, die ihr Leben selbstbewusst als eine Achterbahnfahrt zwischen Foto-Love-Stories und Kaufhäusern betrachten, in Medien- und Modeberufen arbeiten und überhaupt ein recht Hollywoodreifes Leben führen. Positiv fällt Meg Ryan auf, die eigentlich seit gut zehn Jahren nicht mehr so präsent auf der Leinwand war wie hier, von ihrer knuffigen Art nichts eingebüßt hat und den Film mit Würde und Charme meistert.
Wer vom „Sex and the City“-Film noch nicht genug hatte, sich in der Vorweihnachtszeit mit seiner eigenen Clique einen lustigen Kinoabend machen will und auf der Leinwand Lust auf jede Menge Händeringen, geschocktes Luftholen, verdrückte Tränen und gackerndes Gelächter hat, der kann mit „The Women“ nicht viel falsch machen. Für alle anderen gibt es sicher im Kino nebenan noch was Interessanteres.
6 von 10 Zuckerli
//von: alexander gajic
UND WAS NUN?