// Was waren das nur wieder für wunderbare vier Tage in Rothenburg ob der Tauber. Nachdem am Donnerstag noch ein kleiner Sturm das Programm im Steinbruch ein wenig durcheinander wirbelt, schalten spätestens am Freitag um 16 Uhr zu den Mad Caddies aus Kalifornien alle in einen entspannten Modus. Die Stimmung auf dem Gelände ist fabelhaft und so mancher genießt die angenehmen Temperaturen, um sich ein wenig auf die Wiese zu legen und Coverversionen von Green Day bis Propaghandi zu lauschen. Dem neuen Album „Punk Rocksteady“ sei Dank spielen sich die Jungs durch ein absolutes Best Of-Set und sind ein früher Höhepunkt an diesem Tag, auf welchen noch zahlreiche weitere folgen werden.
Gleich hinterher nämlich haben wir das Vergnügen zum ersten Mal die Black Metal-Gospel Crew von Zeal & Ardor live erleben zu dürfen und die, soviel scheint nach dieser guten dreiviertel Stunde der Extreme schon mal klar zu sein, wird nicht mehr lange ein Geheimtipp bleiben. Mit drei Sängern im Gepäck, die zusammen das volle Spektrum menschlicher Extreme von melancholisch betrübt bis vollkommen eskalierend ausloten, sorgen sie für weit offenstehende Münder beim bereits anwesenden Publikum, welches schon zu dieser frühen Stunde den Weg aufs Festivalgelände angetreten haben.
Zwischendurch bleibt dann natürlich auch jede Menge Zeit, sich die sonstigen Attraktionen auf dem Platz reinzuziehen. Auf der „Viva La Festival“-Bühne spielen die Berliner von Kensington Road am Freitag gleich zwei gelungene Gigs und vom Veganer über den Handbrot-Fan bis hin zum klassischen Festivalpizza-Verputzer bleiben hier keine Wünsche offen. Auf der Hauptbühne geht es dabei am ganzen Wochenende hoch her. Kraftklub beweisen auch ohne neues Album im Gepäck, dass sie nur so vor Kraft strotzen und Gogol Bordello spielen wie immer ein komplett durchgeknalltes Set. Joris wiederum schafft es zwischenzeitlich sogar die Menschen auf dem Gelände zum Schließen ihrer Augen zu animieren und beim Auftritt von Feine Sahne Fischfilet hat man einfach nur den Wunsch, das diese Show hier niemals enden möchte. Es geht um gegenseitigen Respekt und Sänger Monchi ist dementsprechend auch nicht besonders erfreut, als jemanden einen aufblasbaren Schwanz hochhält, während er den „Niemand mit ihr“ anstimmt, welcher seinen Eltern gewidmet ist, die ihn auch in schweren Zeiten immer unterstützt haben. Dafür gibt’s dann verbal erstmal eines auf die Fresse und die Sache mit dem Genital hat sich schon nach wenigen Sekunden erledigt.
Sieht man darüber hinaus mal von einem krankenhausreifen Bobby Car-Crash und einem hirnlosen Nasenbeißer ab, ist die Atmosphäre auf dem Gelände bei fast allen Anwesenden hervorragend. Man geht freundschaftlich und respektvoll miteinander um und mit den Beatsteaks hätte man sich auch keinen besseren Headliner für den Freitagabend wünschen können. Wobei wir an dieser Stelle auch gerne mal darauf hinweisen möchten, dass gerade auf der zweiten Bühne, der sogenannten „Sounds Of Nature“-Stage am anderen Ende des Geländes, eine fast schon unverschämte Menge an Geheimtipps darauf warten, von den Fans für sich entdeckt zu werden. Creeper zum Beispiel punkten mit einem imposanten Mix aus My Chemical Romance- und Alkaline Trio-Gedächtnismomenten und den schroff-melancholischen Rock-Klängen der Menzingers kann sich auch niemand vor der Bühne entziehen. Drangsal wiederum kämpft zwar zu Beginn noch mit Soundproblemen, findet dann aber ebenso sein Publikum, wie die Punkerformation Swiss & Die Andern aus St. Pauli, wobei sich Swiss und Gastsänger Shocky im Anschluss auch gleich noch zu einer ausgiebigen Autogrammstunde mit ihren Fans verabreden. Mittelfinger gegen die AFD gibt’s natürlich inklusive und es tut wirklich gut auf einem Festival zu sein, wo für Ausgrenzung und Intoleranz kein Platz ist.
Im Taubertal jedenfalls kennt die Party auch am Sonntag keine Grenzen und so sieht man bei den Emo-Haudegen von Hot Water Music am frühen Abend genauso viele glückliche Gesichter wie beim vorherigen Auftritt des schrägen Rappers Käpt´n Peng zusammen mit seiner Band Die Tentakel von Delphi. Der stülpt sich mal eben eine Socke über die Finger und führt ein Zwiegespräch über unsere Existenz und wie gut das auch live funktioniert, wird auch an den Fans deutlich, die sich nichts sehnlicher als eine Socke von dem Künstler wünschen. Chuck Ragan wiederum darf dann im Anschluss gleich zwei Mal auf die Bühne. Nach der Hot Water Music-Show gibt’s noch einen gemeinsamen Auftritt zusammen mit den Broilers, die sich an diesem Abend mal wieder in Bestform präsentieren. Da wird ein junger Fan spontan zum Mitspringen auf die Bühne eingeladen und die junge Dame ist dermaßen euphorisiert, dass sie sich ihre kostenlose Fanta im Anschluss wirklich redlich verdient hat. Einen famosen Auftritt legt am fortgeschrittenen Abend dann auch noch Faber hin. Eine solche Bühnenpräsenz mit so viel Charme und mitreißenden Melodien muss man erstmal hinkriegen, so dass schon nach wenigen Minuten alle zu Songzeilen wie „Genug war nie genug für mich…“ im Kreis tanzten.
Höhepunkt in dieser Nacht ist dann der Stimmung nach zu urteilen allerdings wie zu erwarten der Tausendsassa Marteria, der mal wieder ein echtes Effektgewitter ab-ballert und mit Casper gleich noch einen zweiten Headliner an den Start bringt. Schließlich steht ein gemeinsames Album bevor und das will natürlich entsprechend gefeiert werden. Die Show dazu ist absolut bombastisch und so wird zum Ende hin noch einmal ausgiebig eskaliert, bevor The Baboon Show das Festival beschließen.
Wir jedenfalls fallen anschließend völlig durchgerockt und happy ins Bett und werden sicher noch mehrere Wochen von den Erlebnissen an diesem Wochenende zehren. In diesem Sinne: sichert euch besser jetzt schon die Karten fürs kommende Jahr. Die gibt’s nämlich bereits ab Dienstag um 18 Uhr auf https://taubertal-festival.de.
UND WAS NUN?