// aufgelesen vol. (2)93 – „die zeuginnen“

mit Werken von Maja Lunde, Saša Stanišić und Margaret Atwood. // Ein weiteres Kapitel fügt Maja Lunde ihrem breiten Schaffen als Schriftstellerin hinzu und besinnt sich dabei auf ihre Stärken. Die in Oslo geborene Autorin hat mit ihrem Bestseller „Die Geschichte der Bienen“ die weltweiten Bestsellerlisten im Sturm erobert und in mehr als 30 Ländern […]

mit Werken von Maja Lunde, Saša Stanišić und Margaret Atwood.

// Ein weiteres Kapitel fügt Maja Lunde ihrem breiten Schaffen als Schriftstellerin hinzu und besinnt sich dabei auf ihre Stärken. Die in Oslo geborene Autorin hat mit ihrem Bestseller „Die Geschichte der Bienen“ die weltweiten Bestsellerlisten im Sturm erobert und in mehr als 30 Ländern zahllose Fans gefunden. Nun also liegt nach „Die Geschichte des Wassers“ der dritte Part ihres Epos vor und der macht genau dort weiter, wo die beiden Vorläufer aufgehört haben. „Die letzten ihrer Art“ konfrontiert uns dabei abermals mit drei Zeitebenen. Die erste ist angesiedelt im St. Petersburg des Jahres 1881 und dreht sich um den Zoologen Michail, der auf einmal den Schädel eines sogenannten Urpferdes in der Hand hält, welches schon als lange ausgestorben gilt. In der Mongolei im Jahre 1992 wiederum folgen wir der Tierärztin Karin zusammen mit ihrem Sohn Matthias, welche zusammen in ein Naturschutzgebiet aufbrechen. Daraufhin entspinnt sich eine spannende Mutter / Kind-Beziehung, die reichlich Sprengstoff bietet. Zum Abschluss reisen wir dann noch ins Jahr 2064, Das Klima kollabiert und die Menschen sehen sich gezwungen, alles hinter sich zu lassen, was ihnen lieb und teuer ist. All das verwebt Maja Lunde kongenial zu einer spannenden Erzählung, die einem immer wieder den Atem raubt und auch dieses Werk wieder zu einem echten Ereignis avancieren lässt.

// Bei der Gelegenheit außerdem nochmal der Hinweis auf die gefeierten Werke aus dem Hause Saša Stanišić. Vor seinem Buchpreisgewinner „Herkunft“ nämlich hat der Autor bereits mehrere lesenswerte Werke veröffentlicht. In „Vor dem Fest“ zum Beispiel erzählt er die Geschichte einer Dorfgemeinschaft . Davor hat der Autor aus Bosnien-Herzegowina, welcher seit 1992 in Deutschland lebt, mit seinem Debüt „Wie der Soldat das Grammofon benutzt“ schon für jede Menge Aufregung gesorgt. Das Werk jedenfalls beinhaltet so etwas wie die Vorgeschichte von „Herkunft“, wobei hier nicht der autobiografische Aspekt im Vordergrund steht, sondern eine fiktive Geschichte, was die geschichte für alle Fans seines neuen Buches überaus interessant machen dürfte. In „Vor dem Fest“ widmet er sich währenddessen dem uckermärkischen Fürstenfelde. Dort sollten eigentlich die Glocken läuten, aber die sind spurlos verschwunden. Außerdem werden wir mit einem toten Fährmann und einem ehemaligen Oberstleutnant der NVA konfrontiert. Sie alle haben ihre Leichen im Keller und in diesen Nacht wird sich ihr Leben dauerhaft verändern. Wie es dem Autor dabei gelingt, die Zusammenhänge im Rahmen des Ortes offenzulegen und hinter die Fassade des schönen Scheins zu blicken, ist bemerkenswert und so verwundert es auch nicht weiter, dass „Vor dem Fest“ vor einigen Jahren schon für den renommierten Preis der Leipziger Buchmesse nominiert worden ist. Lass dich also begeistern vom Werk dieses so bemerkenswerten Schriftstellers.

// Zu guter Letzt außerdem noch der Hinweis auf das neue Buch von Margaret Atwood. „Der Report der Magd“ ist ja nicht nur aufgrund der gelungenen TV-Adaption mit Elisabeth Moss in aller Munde, sondern auch wegen der inhaltlichen Aktualität des Themas. Der Roman funktioniert auch auf Meta-Ebene und auch beim nun vorliegenden Nachfolger wirft die Autorin wieder ihre schriftstellerische Rafinesse in die Wagschale. „Die Zeuginnen“ wiederum setzt nicht etwa dort an, wo der Vorläufer endete. Desfred schließt die Tür des Lieferwagens und der Leser bleibt im Ungewissen. Nein. Der Roman schickt uns 15 Jahre in Richtung Zukunft und wir bekommen die drei Zeugenaussagen von unterschiedlichen Erzählerinnen präsentiert, welche die Ereignisse von damals noch einmal nachvollziehen. Ihnen zu lauschen ist gleichermaßen faszinierend wie verstörend. Wie sich das Grauen auf leisen Sohlen anschleicht und schließlich alles darin ertrinkt. All das versucht dieser Roman noch einmal mit Worten zu umreißen und es ist bemerkenswert, wie gut das funktioniert. Wir jedenfalls sind begeistert und können allen nur raten sich diese famose Fortsetzung zu Gemüte zu führen. Und damit Schluss für heute. Bis zur nächsten Leserunde.