mit dem Werk „I Walk Between The Raindrops“ von T.C. Boyle.
// T. C. Boyle beweist mit „I Walk Between the Raindrops“ erneut, warum er als Meister des Kurzgeschichten-Genres gilt. In diesem Band, der dreizehn brillante Erzählungen versammelt, wirft Boyle einen scharfen, oft surrealen Blick auf die Absurditäten und Abgründe unserer modernen Welt. Mit seinem unverwechselbaren Stil – eine Mischung aus bitterem Humor und schonungsloser Kritik – durchleuchtet er die menschliche Natur und ihre Schwächen. Der Titel des Buches selbst steht stellvertretend für Boyles Erzählkunst: Es geht um das Balancieren zwischen den Tropfen, das Manövrieren durch das Chaos des Lebens, ohne nass zu werden – eine Aufgabe, die fast unmöglich scheint, besonders in der aus den Fugen geratenen Gegenwart, die Boyle so scharf seziert. Jede der Storys in diesem Band ist ein kleines Meisterwerk, das Boyles Fähigkeit unterstreicht, komplexe Themen in prägnante, fesselnde Erzählungen zu packen.
So entführt er uns etwa nach Südfrankreich, wo eine Hyäne in einem kleinen Ort erscheint – obwohl es dort eigentlich gar keine Hyänen gibt. Boyle spielt hier gekonnt mit dem Surrealen und lässt den Leser in eine Welt eintauchen, die ebenso faszinierend wie verstörend ist. Ein weiteres Highlight ist die Geschichte über sprechende Drohnenautos, die ihre Passagiere auf algorithmisch perfekten Routen durch die Landschaft führen. Hier wird die Abhängigkeit von Technologie auf die Spitze getrieben, und Boyle stellt die Frage, was geschieht, wenn wir uns blind auf Maschinen verlassen. Die Antwort, wie so oft bei Boyle, ist sowohl komisch als auch erschreckend real. Doch Boyle wäre nicht Boyle, wenn er nicht auch die dunklen Seiten der Gesellschaft ans Licht zöge. In einer weiteren Erzählung setzt sich eine bodenständige Mutter mit einem jungen Incel-Mann auseinander – ein Konflikt, der Boyles schonungslose Darstellung der toxischen Maskulinität und der gesellschaftlichen Spaltung unterstreicht. Mit einer Mischung aus Empathie und harscher Kritik bringt er die latente Gewaltbereitschaft und die tief sitzende Frustration dieser Figuren ans Licht, ohne dabei ins Klischeehafte abzurutschen. Und dann gibt es die Geschichte, die dem Buch seinen Titel gibt: Ein Spaziergang durch den kalifornischen Regen, während die Küste von Sturzfluten verwüstet wird. Hier wird die zerstörerische Kraft der Natur, die sich mit der menschlichen Hybris vermischt, zu einem Symbol für die Zerbrechlichkeit unseres Daseins. Boyle schafft es, aus einem einfachen Spaziergang eine tiefgründige Meditation über das Leben und die Kräfte, die uns lenken, zu machen. „I Walk Between the Raindrops“ ist ein Muss für alle, die Boyles Werk schätzen, und ein hervorragender Einstieg für Neueinsteiger. Mit seinen surrealen, aber tief menschlichen Geschichten zeigt Boyle einmal mehr, warum er zu den großen Erzählern unserer Zeit gehört. Jede Story in diesem Band ist eine scharfe, intelligente und oft überraschende Auseinandersetzung mit der menschlichen Natur und der Welt, in der wir leben – und ein weiteres Beispiel für Boyles unermüdliche Kreativität und seinen einzigartigen Stil.
UND WAS NUN?