// aufgelesen vol. (4)95 – „von norden rollt ein donner“

mit dem für den Buchpreis nominierten Werk „Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann. // Markus Thielemanns Roman „Von Norden rollt ein Donner“, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2024 steht, ist ein düsterer und packender Blick in die Abgründe einer scheinbar idyllischen deutschen Provinz. In der Lüneburger Heide entfaltet sich eine Geschichte, […]

mit dem für den Buchpreis nominierten Werk „Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann.

// Markus Thielemanns Roman „Von Norden rollt ein Donner“, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2024 steht, ist ein düsterer und packender Blick in die Abgründe einer scheinbar idyllischen deutschen Provinz. In der Lüneburger Heide entfaltet sich eine Geschichte, die sowohl literarisch beeindruckt als auch gesellschaftlich relevant ist. Der 19-jährige Jannes, der mit seiner Familie täglich die Schafe über die weiten Heideflächen treibt, steht im Zentrum dieses „Anti-Heimatromans“. Doch hinter der malerischen Kulisse der Heide brodelt es. Der Wolf ist zurückgekehrt, und mit ihm steigt die Spannung im Dorf. Schafsrisse und die Bedrohung durch den Raubtier führen zu zunehmenden Konflikten, die bald weit über das hinausgehen, was auf den ersten Blick wie ein einfacher Streit um den Schutz des Viehs wirkt. Thielemann zeichnet ein verstörendes Bild von einer Gemeinschaft, die sich radikalisiert und in die Abgründe von Selbstjustiz und völkischer Ideologie abdriftet.

Besonders faszinierend ist, wie Thielemann die Figur des Jannes entwickelt. Dieser flüchtet immer wieder in die Heide, ein Rückzug, der zunächst wie ein Schutz vor der Welt erscheint, aber schnell zu einer Begegnung mit den dunklen Geheimnissen der Landschaft und ihrer Bewohner wird. Die mysteriöse Frau, der Jannes folgt, steht symbolisch für das Unbekannte und das Verdrängte, das in dieser Geschichte allgegenwärtig ist. Schritt für Schritt enthüllt Jannes nicht nur die Brutalität und die unterdrückte Gewalt in seiner Heimat, sondern auch die tiefen Risse, die durch das vermeintliche Idyll gehen. „Von Norden rollt ein Donner“ ist nicht nur ein Roman über den Konflikt zwischen Mensch und Natur, sondern auch eine literarische Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen und politischen Klima in der westdeutschen Provinz. Thielemann gelingt es, die Themen Heimat, Gewalt und Verdrängung in eine fesselnde Erzählung zu verweben, die den Leser unweigerlich in ihren Bann zieht. Die Sprache ist kraftvoll und atmosphärisch, das Setting stimmungsvoll und bedrohlich zugleich. Dieser Roman reiht sich mühelos in die Tradition der großen Werke über die deutsche Provinz ein und erinnert an Autoren wie Lukas Rietzschel oder Alina Herbing. Doch Thielemanns Stimme ist eigenständig und unverwechselbar, seine Geschichte sowohl literarisch als auch politisch relevant. „Von Norden rollt ein Donner“ ist ein Werk, das nachhallt und Fragen aufwirft, die lange unbeantwortet bleiben. Ein verdienter Anwärter auf den Deutschen Buchpreis 2024 und eine klare Empfehlung für alle, die sich für die dunklen Seiten der deutschen Landschaft und Gesellschaft interessieren.