// presswerke vol. (2)20 – „weirdos“

mit der neuen Vinyl-LP von O.. // Wenn ich die Platte „WeirdOs“ von O. auflege, weiß ich sofort: Hier kommt etwas Besonderes auf mich zu. Schon der schlichte Schuber macht klar, dass diese Platte keine große Show braucht – die Musik spricht für sich. Und was da aus den Boxen dringt, ist schwer in Worte […]

mit der neuen Vinyl-LP von O..

// Wenn ich die Platte „WeirdOs“ von O. auflege, weiß ich sofort: Hier kommt etwas Besonderes auf mich zu. Schon der schlichte Schuber macht klar, dass diese Platte keine große Show braucht – die Musik spricht für sich. Und was da aus den Boxen dringt, ist schwer in Worte zu fassen. Vielleicht liegt es an der Produktion von Dan Carey, der sich als UK-Indie-Legende einen Namen gemacht hat, oder daran, dass O., das Londoner Duo bestehend aus Baritonsaxophonist Joe Henwood und Schlagzeugerin Tash Keary, komplett aus dem Rahmen fällt. Das Album ist eine wilde, genreübergreifende Fahrt – von mitreißenden Jungle-Breakbeats bis hin zu jazzigen Rhythmen, die sich gegen jede Form von Konvention sträuben. Aber dann, als würde man plötzlich eine scharfe Kurve nehmen, bricht ein Doom-Metal-Gewitter über einen herein. Es ist, als hätte jemand das Regelbuch der Genres in tausend Stücke gerissen und neu zusammengeklebt – aber irgendwie funktioniert es perfekt.

Das erste, was auffällt, ist der Kontrast zwischen der scheinbar minimalistischen Besetzung und dem massiven Klang, der die Platte durchzieht. Henwoods Baritonsaxophon ist alles andere als zurückhaltend. Es brummt, knurrt und stößt durch die Tracks, als würde es den Boden unter deinen Füßen zum Vibrieren bringen. Gleichzeitig ist Kearys Schlagzeugspiel so präzise wie vertrackt – sie schafft es, die Rhythmen so zu verdrehen, dass du nie genau weißt, was als nächstes kommt. Aber was WeirdOs wirklich auszeichnet, ist seine Unberechenbarkeit. Dieses Album ist ein ständiger Balanceakt zwischen Kontrollverlust und Perfektion. O. sind wie verrückte Wissenschaftler, die in ihrem Labor aus den schrägsten Zutaten einen völlig neuen Cocktail mixen. Du hörst einen Song, der sich in einem kathartischen Dancefloor-Drop aufzulösen scheint, nur um im nächsten Moment in düsterem Metal oder jazzigem Chaos zu versinken. Jedes Stück auf dieser Platte fühlt sich an wie eine Überraschung, ein neuer Twist. Und obwohl WeirdOs auf den ersten Blick wie ein musikalisches Durcheinander wirkt, merkt man schnell, dass dahinter eine unglaubliche Präzision steckt. Alles hier ist genau da, wo es sein soll, auch wenn es beim ersten Hören chaotisch erscheint. Diese ständige Spannung zwischen Struktur und Zerfall macht das Album so spannend – du weißt nie, wohin es dich als nächstes führt, aber du kannst sicher sein, dass der Weg aufregend wird. Der Sound der Scheibe ist hervorragend – sauber, direkt und dabei so kraftvoll, dass du fast vergessen könntest, dass hier „nur“ zwei Musiker am Werk sind. Besonders auf Vinyl entfaltet sich der Klang in einer Tiefe, die digital oft verloren geht. Jede Drehung der Platte bringt neue Details hervor: die Art, wie das Saxophon in den Tiefen brummt, das Schlagzeug, das dir immer wieder den Boden unter den Füßen wegzieht, die Momente, in denen die Musik plötzlich Raum für Stille lässt, bevor sie mit voller Wucht zurückschlägt. O. haben mit WeirdOs ein Album geschaffen, das sich jeder Kategorisierung entzieht. Es ist wild, schräg, ein bisschen verrückt – und genau deshalb so genial. Wer sich auf diese Platte einlässt, bekommt kein leicht konsumierbares Indie-Album, sondern ein experimentelles, unerwartetes Meisterwerk, das mit jedem Hören neue Facetten enthüllt.