// presswerke vol. (2)14 – „hideaway“

mit der neuen Vinyl-LP von Cigarettes After Sex. // Manchmal ist es schwer zu sagen, warum eine Band dich so tief trifft. Cigarettes After Sex haben mit „X’s“ etwas geschaffen, das sich schwer in Worte fassen lässt, aber sich sofort wie eine Decke aus breiten Synthesizern und weichen Gitarren über dich legt. Wenn du ihre […]

mit der neuen Vinyl-LP von Cigarettes After Sex.

// Manchmal ist es schwer zu sagen, warum eine Band dich so tief trifft. Cigarettes After Sex haben mit „X’s“ etwas geschaffen, das sich schwer in Worte fassen lässt, aber sich sofort wie eine Decke aus breiten Synthesizern und weichen Gitarren über dich legt. Wenn du ihre ersten beiden Alben kennst, weißt du schon, was du ungefähr erwarten kannst – doch „X’s“ fühlt sich persönlicher und gleichzeitig distanzierter an. Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass Greg Gonzalez hier eine einzige, vier Jahre dauernde Beziehung in den Fokus stellt. Das macht die Songs intimer, schmerzhafter – und doch hat die Musik diesen vertrauten Hauch von melancholischer Schönheit, der fast schon beruhigend wirkt. Von Beginn an merkt man, dass sich musikalisch etwas verändert hat. Die Referenzen, die noch bei den früheren Alben aus den 50ern und 60ern kamen, haben sich verschoben. „X’s“ klingt mehr nach 70er-Jahre-Slow-Dance, aber nicht auf eine retro-nostalgische Art. Es ist eher, als würde die Musik in der Zeit schweben, irgendwo zwischen Disco und Schlafzimmer, zwischen Tränen und dem Hauch von Glamour.

Besonders der Vergleich, den Gonzalez selbst zieht – Tränen, die sich in einer Discokugel brechen – passt perfekt. Genau so fühlt es sich an. Schmerz wird hier nicht weggedrückt, sondern ausgeleuchtet, und das mit einer fast filmischen Ästhetik. Was mich an der Platte besonders anspricht, ist die Art, wie die Emotionen verarbeitet werden. Es ist keine einfache Aufarbeitung, keine Verarbeitung, die am Ende zu einer Katharsis führt. Gonzalez singt über diesen Verlust, diesen Schmerz, und statt einer Lösung gibt es nur das Wiedererleben. Man spürt, dass diese Songs nicht dazu da sind, um zu heilen, sondern um etwas festzuhalten, das längst vorbei ist. Die Beziehung ist vorbei, aber die Songs halten sie in der Schwebe, in einem ständigen Loop von Nostalgie, Trauer und Schönheit. Die Texte bleiben, wie immer bei Cigarettes After Sex, simpel und direkt. Es gibt keine ausgefeilten Metaphern oder lyrischen Kunststücke, aber das brauchen sie auch nicht. Die Klarheit und die Direktheit der Worte passen perfekt zu der trägen, aber emotional aufgeladenen Atmosphäre der Musik. Es ist, als würde man sich mitten in der Nacht mit jemandem unterhalten, bei dem die Worte weniger wichtig sind als das, was unausgesprochen bleibt. Und das Vinyl – das Medium, auf dem man sich „X’s“ am Besten zu Gemüte führen sollte – verstärkt dieses Gefühl noch. Es gibt etwas an der Haptik, am Knistern der Platte, das diese Musik noch mehr erdet, ihr eine Art physische Präsenz gibt. Der Sound dieser Band ist gemacht für Vinyl: satt, warm, und doch irgendwie unnahbar. Jede Seite der LP fühlt sich an wie ein neues Kapitel in dieser Geschichte, ein weiterer Schritt tiefer in diese verlorene Beziehung. Ob die subtile Entwicklung im Sound jedem sofort ins Ohr springt? Wahrscheinlich nicht. Aber das war auch nie der Stil von Cigarettes After Sex. Es geht um kleine Verschiebungen, um Nuancen, die sich erst mit jedem weiteren Hören richtig entfalten. Und das macht „X’s“ so spannend. Man kann es immer wieder auflegen und entdeckt dabei immer neue Details – ein sanftes Echo, eine unerwartete Wendung in der Melodie, die beim ersten Mal vielleicht noch unbemerkt blieb. Insgesamt ist „X’s“ vielleicht das emotional rohste Album der Band bisher. Es ist keine Platte, die man nebenbei laufen lässt. Es ist Musik für die stillen Stunden, wenn man bereit ist, sich ganz darauf einzulassen – auf den Schmerz, die Schönheit, das Erinnern und das Verlieren. Für mich ist diese LP mehr als nur Musik, es ist ein Raum, in dem man sich verlieren kann, wenn man es zulässt.