mit dem Werk „Okaye Tage“ von Jenny Mustard.
// Kennt ihr das Gefühl, wenn man ein Buch aufschlägt und plötzlich mitten in einem heißen Sommer in London steckt? „Okaye Tage“ von Jenny Mustard ist so ein Buch, das dich reinzieht, als würdest du selbst auf einer dieser Underground-Partys mit einem Gin Tonic in der Hand stehen, während das Chaos und die Melancholie dieser Stadt auf dich überspringt. Sam, die impulsive Schwedin, und Luc, der etwas verloren wirkende Träumer, begegnen sich in genau diesem Setting. Beide sind nicht wirklich angekommen – weder in der Stadt noch im Leben. Sam ist für ein Praktikum in einer dieser Agenturen, bei der man sich nicht sicher ist, ob die Leute dort wirklich arbeiten oder nur über Instagram-Strategien für die coolsten Vintage-Läden diskutieren. Luc dagegen schwebt in einer post-universitären Identitätskrise – er ist nicht wirklich sicher, wo sein Platz ist und ob er überhaupt in dieser Stadt oder gar in dieser Welt sein will.
Was „Okaye Tage“ so besonders macht, ist der krasse Mix aus Leichtigkeit und tiefen Emotionen. Die Beziehung zwischen Sam und Luc ist echt, roh, manchmal hässlich, aber auch wunderschön. Sie verlieben sich schnell, doch beide wissen, dass es nicht für die Ewigkeit sein kann – und genau das verleiht der Geschichte diesen bittersüßen Unterton. Man fiebert mit ihnen mit, weiß aber, dass es immer dieses drohende Ende gibt. Die Art, wie Mustard die Höhen und Tiefen ihrer Beziehung beschreibt, hat etwas Cinematisches, fast wie ein Indie-Film, den man an einem regnerischen Sonntag schauen möchte. Besonders gut gelingt es Mustard, die beiden Perspektiven der Protagonisten einzufangen. Wir springen abwechselnd in Sams und Lucs Köpfe, und dabei wird klar, wie unterschiedlich sie die Welt – und einander – sehen. Sam, die impulsiv und manchmal fast selbstzerstörerisch agiert, steht im krassen Gegensatz zu Luc, der ständig grübelt und sich in seinen eigenen Unsicherheiten verliert. Es ist fast so, als würden wir zwei völlig verschiedene Liebesgeschichten gleichzeitig lesen – aber genau das macht den Reiz aus. Der Roman geht dabei weit über eine typische Romanze hinaus. Es ist eine Erkundung dessen, was es heißt, in den Zwanzigern zu sein, diese Phase des Lebens, in der man sich ständig fragt: „Wer bin ich? Wo gehöre ich hin?“ und vielleicht noch am härtesten: „Was, wenn das hier nicht genug ist?“ Die Unmittelbarkeit und Ehrlichkeit, mit der Mustard diese Fragen aufwirft, ist erfrischend und wird vielen aus der Seele sprechen. Und dann ist da natürlich noch London. Die Stadt spielt fast eine eigene Rolle in der Geschichte, mit all ihren Ecken und Kanten. Sie ist gleichzeitig Bühne und Spiegel für die Verlorenheit der Charaktere. Die beschleunigte Hektik, die anonymen Begegnungen, das ständige Gefühl, dass man auf der Suche ist, ohne genau zu wissen, nach was – all das fängt Mustard in einer Art und Weise ein, dass man das Buch kaum weglegen kann. Wenn du auf der Suche nach einem Roman bist, der dir unter die Haut geht, dich zum Lachen bringt, aber auch zum Nachdenken anregt, dann ist „Okaye Tage“ genau das Richtige. Jenny Mustard hat mit ihrem Debüt einen Nerv getroffen – und wer einmal in Sams und Lucs Welt eingetaucht ist, wird so schnell nicht wieder rauskommen.
UND WAS NUN?