// strichcode vol. (3)96 – „no longer human“

mit den Werken „No Longer Human“ und „Leviathan“ (Band 2). // Die Manga-Adaption No Longer Human – Der entfremdete Mensch ist eine außergewöhnliche Neuinterpretation eines der bedeutendsten Werke der japanischen Literatur. Osamu Dazais autobiografisch geprägter Roman Ningen Shikkaku (deutsch: „Gezeichnet“) wird von keinem Geringeren als Junji Ito illustriert, dem Meister des subtilen Horrors. Diese Kombination […]

mit den Werken „No Longer Human“ und „Leviathan“ (Band 2).

// Die Manga-Adaption No Longer Human – Der entfremdete Mensch ist eine außergewöhnliche Neuinterpretation eines der bedeutendsten Werke der japanischen Literatur. Osamu Dazais autobiografisch geprägter Roman Ningen Shikkaku (deutsch: „Gezeichnet“) wird von keinem Geringeren als Junji Ito illustriert, dem Meister des subtilen Horrors. Diese Kombination aus literarischem Klassiker und surrealer Grafik erschafft ein Werk, das gleichermaßen verstört, fasziniert und zum Nachdenken anregt. Osamu Dazai, einer der wichtigsten japanischen Autoren des 20. Jahrhunderts, ist bekannt für seine Fähigkeit, menschliche Abgründe schonungslos ehrlich darzustellen. Sein Leben war geprägt von inneren Konflikten, Süchten und Suizidversuchen – ein Spiegelbild, das in No Longer Human zur literarischen Meisterschaft verdichtet wurde.

Der Roman, der Dazais Alter Ego Yozo Oba in den Mittelpunkt stellt, beleuchtet die verzweifelte Suche eines Menschen nach Identität und Akzeptanz in einer Gesellschaft, die ihn entfremdet. Die autobiografischen Elemente machen das Werk umso intensiver, da die Grenzen zwischen Realität und Fiktion immer wieder verschwimmen. Junji Ito bringt diese düsteren Themen auf eine visuelle Ebene, die kaum eindrucksvoller sein könnte. Seine charakteristische Kunst – filigran, aber gleichzeitig grotesk – taucht die tragische Geschichte in eine Atmosphäre von subtilem Schrecken. Der Horror in dieser Adaption ist jedoch weniger explizit als bei Itos typischen Werken; hier liegt er im Psychologischen, in den verzerrten Selbstwahrnehmungen Yozos und den albtraumhaften Visionen seiner Isolation. Die über 600 Seiten sind sowohl erzählerisch als auch künstlerisch intensiv, und die schwarz-weißen sowie farbigen Illustrationen verstärken die emotionale Wucht des Originals. Die deutsche Übersetzung von Jens Ossa bewahrt die literarische Qualität des Textes, während Itos Illustrationen neue Dimensionen eröffnen. Das gebundene Format und die hochwertige Gestaltung des Carlsen Verlags machen diesen Band wie auch alle weiteren von Ito zu einem Sammlerstück, das nicht nur Fans von Dazai und Ito anspricht, sondern auch Leser, die sich für tiefgründige, verstörende und kunstvolle Geschichten begeistern. No Longer Human – Der entfremdete Mensch ist weit mehr als eine Manga-Adaption: Es ist eine einzigartige Verschmelzung von Literatur und Kunst, die den existenziellen Schmerz einer Seele auf eindringliche Weise erfahrbar macht. Ein Werk, das nachhallt und ein Muss für alle ist, die sich auf das Abenteuer einlassen, die dunkelsten Ecken der menschlichen Psyche zu erkunden.

// Shiro Kurois Leviathan hebt die Spannung des ersten Bandes auf ein neues Level und taucht noch tiefer in die düstere Realität der Überlebenden ein. Während der erste Band das Setting etablierte und die Katastrophe, die das Raumschiff in eine Todesfalle verwandelte, in Grundzügen offenbarte, konzentriert sich der zweite Band darauf, wie die Überlebenden mit den grausamen Konsequenzen umgehen. Der Fokus des zweiten Bandes liegt auf den inneren Konflikten und moralischen Dilemmata, die sich in der beklemmenden Enge des Schiffs manifestieren. Die begrenzten Ressourcen – vor allem der Sauerstoff – verstärken die Spannung und setzen die Figuren unter unerträglichen Druck. Die zentrale Frage bleibt: Wer darf überleben? Besonders das Tagebuch, das die Plünderer im Wrack finden, vertieft die Perspektiven der Passagiere und gibt Einblicke in ihre verzweifelten Kämpfe, miteinander und gegen die Situation. Die Rettungskapsel, die nur eine Person aufnehmen kann, wird im zweiten Band zu einem makabren Symbol für Hoffnung und Verrat. Die Überlebenden beginnen, ihre Grenzen auszuloten, und zeigen, wie dünn der Schleier der Menschlichkeit in Extremsituationen wird. Kuroi scheut sich nicht, die dunkelsten Facetten menschlicher Natur zu beleuchten, und doch sind es die leisen Momente – Gesten des Mitgefühls oder die Erinnerung an verlorene Freunde –, die am meisten berühren. Visuell beeindruckt Leviathan erneut mit seiner Detailverliebtheit. Die klaustrophobischen Gänge des Raumschiffs, das unendliche Nichts des Weltraums und die emotionale Tiefe der Figuren werden in beeindruckender Präzision dargestellt. Kuroi spielt meisterhaft mit Licht und Schatten, um die Isolation und das schwelende Unheil zu verstärken. Besonders die Darstellung der Explosionen und der Schäden am Schiff vermittelt eine greifbare Atmosphäre des Zerfalls. Ein weiterer Höhepunkt des zweiten Bands ist die Einführung neuer Perspektiven. Neben den Überlebenden rückt der Plünderertrupp stärker in den Vordergrund, der die Geschichte der Katastrophe entdeckt. Ihre Reaktionen auf die Geschehnisse im Tagebuch eröffnen spannende neue Ebenen und lassen den Leser selbst darüber nachdenken, wie er in einer solchen Situation handeln würde. Leviathan ist nicht nur eine Fortsetzung, sondern eine Vertiefung der Thematik, die Shiro Kuroi in Band eins angestoßen hat. Mit jedem Panel wächst das Gefühl der Beklemmung, und die Leser werden unweigerlich in den emotionalen und moralischen Strudel hineingezogen. Es ist ein packendes Drama, das die Frage aufwirft, was es bedeutet, Mensch zu sein, wenn alles auf dem Spiel steht. Dieser zweite Band lässt einen kaum los und macht das Warten auf den finalen dritten Teil umso unerträglicher. In diesem Sinne. auf keinen Fall entgehen lassen, diese Werke. Sie lohnen sich.