// nicht sehen wollen….

Da stand sie und wusch sich die Hände. Langsam floss das Wasser über ihre Finger und sammelte sich in der Mitte des Beckens. Da stand sie und starrte auf ihre Hände. Wie das Wasser durch ihre Finger floss. Kalt war es, doch das spürte sie nicht mehr. Sie war nicht auf dieser Welt. Sie war […]

Da stand sie und wusch sich die Hände. Langsam floss das Wasser über ihre Finger und sammelte sich in der Mitte des Beckens. Da stand sie und starrte auf ihre Hände. Wie das Wasser durch ihre Finger floss. Kalt war es, doch das spürte sie nicht mehr. Sie war nicht auf dieser Welt. Sie war weg, weit weg, weit weg mit ihren Gedanken auf der Reise. Der Blick nach untern gesenkt, das Wasser dass immer weiter über ihre Hände floss. Was mache ich hier nur?

Sie blickte in den Spiegel, sie sah sich, aber das Gesicht was sie anblickte wirkte so fremd. So weit weg in Distanz. Was war passiert. Von draußen dröhnte die Musik an ihre Ohren. Der Bass war auch noch hier zu spüren. Um sie herum Menschen, die sich unterhielten, ebenfalls die Hände wuschen. Frauen die sich gegenseitig ihre Geschichten erzählten. Doch all das drang zwar zu ihr vor, doch so wirklich erreichte es sie nicht. Alles um sie herum war wie im Nebel. Es gab nur sie, ihr Spiegelbild, dass sie traurig anblickte und das Wasser das sich über ihre Hände ergoss. 

 
Es war eine Samstagnacht. Sie stand auf der Toilette eines Clubs und stand apathisch vor einem Spiegel und starrte ins Leere. 

In ihr dieser Druck, den sie in den letzten Monaten oft verspürt hatte. Dieser Druck der ihr befahl, einfach die Koffer zu packen und zu verschwinden. Ohne Nachricht, ohne Wiederkehr. 

Doch wohin sollte sie gehen, diese Frage hatte sie sich schon oft gestellt, wohin gehen, wenn nicht bleiben wollen aber nicht wissen wohin. Weg ist das ein Ziel, hatte sie sich immer wieder gefragt. Weg ist das ein Ort, ein Ort an dem alles anders wäre? War weg eine Flucht oder eine Lösung. Oft hatte sie diese Möglichkeit in ihrem Kopf durchgespielt. Zu oft. Manchmal war er schwächer dieser Druck, doch an einem Tag wie diesem war er unerträglich stark. Die Frauen die schon länger auf der Toilette standen, fingen an sie zu beobachten und zu tuscheln. 

Was macht die denn da, fragten sie sich. Ja, dass wusste „Miss-ich-bin-nicht-von-dieser-Welt“ auch nicht so genau was sie da machte. Sie versuchte sich wegzubeamen mit Wasserkraft. Am liebsten würde sie mit dem Wasser einfach im Ausguss verschwinden und sich bis zum Meer tragen zu lassen. 

Sie war mal wieder mit der Realität kollidiert. Wie schon des Öfteren, man sollte meinen man gewöhnt sich an so etwas. Aber nein, sie hatte sich nicht daran gewöhnt. In ihren kleinen Traumwelt, da war die Welt in Ordnung. Doch die böse fiese gemeine dunkle Welt durchkreuzte immer wieder ihre Träume. Das Traum und Realität sich durchaus unterscheiden war auch dieser kleinen Träumerin bewusst, doch musst es gleich einschlagen wie eine Bombe?

Er hatte ihre Hand gehalten, sie hatten zusammen Spaß gehabt, sie hatte es nicht bemerkt, eine Frau hatte den Raum betreten. Im gleichen Moment ließ er ihre Hand los. Ein Blitz zuckte. Sie hatte es geahnt, schon lange, aber nicht wahrhaben wollen. Dass da jemand anderes sein könnte, der seine Gedanken einnahm außer ihr, der vielleicht auch ein Teil seines Herzens gehörte. Ohja, sie hatte es gerochen, aber sich die Nase zugehalten. Aber die Blicke die die beiden ausgetauscht hatten und wie er im Schockzustand ihre Hand losließ, das war einfach zu eindeutig um die Augen und Ohren weiter zu verschließen vor dem was sie weder sehen noch hören wollte. Denn was man nicht sehen, riechen oder schmecken kann, das kann ja nicht existieren. Naive kleine Träumerin. 

Langsam verlor sie sich immer mehr in ihren Gedanken, bis sie in einer anderen Welt schwebte, der Boden unter ihren Füßen schien sich aufzulösen. Und dann verschwand alles im Nebel. Sie, der Raum, und der Schmerz.

 

Als sie wieder zu sich kam, war es Nacht, sie stand am Bahngleis, in Richtung „Bloß-weg-von-hier“. Ein Koffer einen Rucksack und den Wunsch einfach alles zu vergessen. 

// ella