Der helle Wahnsinn, diese neue Box von den Beatles, die da derzeit überall die Fächer der Plattenregale sprengt. Stilistisch stimmt da einfach alles. Im glänzenden schwarz eröffnet sich dem geneigten Fan ein Sammelsurium aus 15 Alben, die sich gegenseitig die Krone als Klassiker der Popmusik streitig zu machen versuchen. Die Scheiben selbst wurden in diesem Zusammenhang neu gemastert und das schien auch dringend angebracht, wenn man bedenkt, dass die ollen Kamellen schon so langsam ein bisschen Staub angesetzt haben. Nun kann man in diesem Zusammenhang natürlich darüber streiten, ob eine solche Runderneuerung nicht den Charme der Musik zerstört. Und zugegeben: an den blitze blanken Sound der runderneuerten Alben muss man sich erstmal gewöhnen. Für all diejenigen, die sich damit aber partout nicht abfinden möchten und der Meinung sind, dass man an bestehende Klassiker nicht noch mal Hand anlegen sollte, sei in diesem Zusammenhang auf die parallel erscheinende Mono-Box verwiesen, welches dreizehn Beatles-Scheiben in ihrer ursprünglichen Form featured. Unabhängig von der Musik bleibt zur remastered Version anzumerken: die Booklets wurden gehörig aufgepimpt und um zahlreiche Details und Infos ergänzt. Ansonsten allerdings wurde darauf verzichtet, den Charme der Alben zu zerstören, indem man überflüssiges Bonus-Material hinten dran klatscht. Nein, die Klassiker sollen in ihrer ursprünglichen Form bestehen bleiben. Nach den unzähligen Anthologys wäre jeder weitere Bonus-Track sowieso nur überflüssiges Beiwerk gewesen, dass sich viel besser auf den unzähligen Raritäten-Sammlungen verwursten ließe. Nein, bei dieser Box geht’s einzig und allein um die Musik, welche die Beatles zur größten Band der Welt werden lies. Und wer bisher nur ein paar Best Of Sammlungen der Jungs sein eigen nannte, wird überrascht sein, was für Perlen sich hier noch ausgraben lassen, die einem nicht mehr unbedingt durch die Gehirnwindungen flatterten. Das schönste an dieser Box ist allerdings, dass man endlich mal wieder dieses Gefühl verspürt, hier etwas wirklich Wichtiges, gar Weltbewegendes in den Händen zu halten. In Zeiten, in denen überall die Festplatten mit Musikdateien voll gestopft werden, bietet diese Alben-Sammlung ein Platz zum Verweilen. Zum Innehalten. Zum nostalgisch werden. Man lehnt sich zurück, öffnet die Box und greift nach einem der Alben und das schnelllebige Treiben auf den Datenautobahnen der digitalisierten Welt wird hinweggefegt von den wunderbaren Melodien der Frühphase, von der verspulten Weltmusik-Klatsche namens „Revolver“, von dem psychedelischen Wunderwerk „Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band“, von der Experimentierfreude des weißen Albums oder den unsterblichen Klassikern „Rubber Soul“ und „Abbey Road“. Die Minidokumentationen zu den Alben sind allesamt herrlich kurzweilig und informativ geraten, was die Spannung auf den erneuten Hörgenuss nur noch weiter steigert. Wie es die Jungs schaffen, beinahe über die volle Karrieredauer Material einzuspielen, dass als „Klassiker“ durchgeht, ist bis heute eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Popmusik-Geschichte. Ich jedenfalls werde mich jetzt erstmal in mein Zimmer einschließen, die Augen schließen und die ganze Nacht diesen sagenhaften Klängen frönen. Wer Popmusik mal wieder in seiner ursprünglichen Form als großes Ereignis feiern möchte, sollte sich diese Box nach Hause holen. Sie ist einfach bezaubernd, wie die Musik selbst.
Die Gods Of Blitz sollten sich derweil mal überlegen, ob sie vielleicht nicht doch mal jemanden engagieren, der ihnen ein passendes Artwork für ihre nächste Scheibe zusammen bastelt. Die Reduktion aufs Wesentliche will nämlich nicht so sehr mit dem Inhalt von „Under The Radar“ zusammenpassen. Auf der Scheibe gibt’s in bester Hives- und Queens Of The Stone Age-Manier die volle Breitseite mit der Discokugel und zwar so lange bis alles in Schutt und Scherben liegt. Die letzten beiden Alben war ja schon sträflich unterschätzt worden, da sollte es doch diesmal endlich mit dem großen Durchbruch klappen. Hits für die Tanzfläche haben die Gods Of Blitz auch diesmal reihenweise im Gepäck. Allein die erste Hälfte der Scheibe feuert einen charmanten Hüpfer nach dem anderen aus der Hochzeitstorte und sorgt für ein breites Grinsen beim Zuschauer. Sogar der Abgang des ehemaligen Frontmanns wird mit einer gehörigen Portion staubtrockener Gitarrenrock-Nonchalance einfach aus dem Blickfeld verbannt. Alles in allem ein wirklich großartiges Album der Berliner Jungs. Aber das waren die beiden Vorläufer ja auch schon. Deshalb holt euch das Teil, da verstreicht die Wartezeit zum nächsten Beatsteaks-Output wie im Fluge.
The Cinematics lassen es derweil ganz schön krachen auf ihrem neuen Album „Love And Terror“. Die Jungs aus Glasgow scheinen es wissen zu wollen und endlich aus der breiten Masse an imposanten Gitarrenacts ins blendende Licht der Scheinwerfer treten zu wollen. Mit dem Opener „All These Things“ haben sie in diesem Zusammenhang schon mal ein imposantes Argument für den örtlichen Indie-Club am Start. Doch auch an der folgenden Melange der besten Momente von We Are Scientists bis Interpol kann man durchaus gefallen finden, wenn man eine gewisse Affinität zu 80er Jahre Retro-Disco verspürt. Gerade der Auftakt des Albums wirkt, als wollte da jemand den Erstling der Killers an Hitappeal übertrumpfen. Ein imposantes Werk, das lediglich daran krankt, dass dem Gaul hier charttechnisch schon wieder die Puste ausgeht. Die 80er sind so omni-präsent, dass man sich eigentlich schon wieder satt gehört hat an melancholischen Breitseiten dieser Gattung. Es bleibt also erstmal abzuwarten, ob die Jungs mit diesem Album einen Platz in den Spitzenrängen der Charts einnehmen. Ihre Songs wiederum wäre es durchaus zu wünschen.
Und wann bitte habt ihr zum letzten Mal auf die Play-Taste euerer Anlage gedrückt, einen astreinen HipHop-Entwurf erwartet und wurdet dann von einem metallischen Riff in Grund und Boden gerammt. Ist euch noch nicht passiert? Na dann solltet ihr mal dem Anti-Pop Consortium einen kleinen Besuch abstatten. Das stülpt nämlich auf „Fluorescent Black“ der raptechnischen Gegenwart, die zunehmend in Gleichförmigkeit versinkt, einen imposanten Mantel über, der sich nicht groß um Genregrenzen und Befindlichkeiten schert. Nein, das vierte Album der Band ist ein Befreiungsschlag, ein Monstrum, ein treibendes Wellenbad aus Inspirationskraft mit frischen Ideen und wortgewanden Spielereien. Die elektronischen Beats statten die gekonnten Punchlines mit der gehörigen Portion Schmackes aus und sorgen dafür, dass man schon nach wenigen Minuten euphorisch die Hände in die Luft schmeißt. Wenn einem dann im Mittelteil auch noch Gastrapper Roots Manuva über den Weg läuft, ist man vollends im musikalischen Universum dieser phantastischen Combo gefangen. Wer zwölf Jahre nach dem Debüt noch dermaßen zeitgemäß am Puls der Zeit kratzt, obwohl ihm der große Durchbruch bisher verwehrt blieb, der verdient vor allem eins: nämlich Respekt.
Björn Kleinhenz gibt sich derweil Mühe, den Hörer mit seinem neuen Album „B.U.R.M.A“ erst einmal ordentlich zu verwirren. Was wird das denn jetzt? Prog Rock für Fortgeschrittene? Gott sei Dank nicht. Denn schon nach Verklingen des ersten Songs wird man weich eingehüllt von schleierhaften Folk-Pop-Melodien, die schöne Erinnerungen an die 60er Jahre wachrufen. Der Björn ist eben doch ein guter. Einer von denen, dessen Songs man in einer gemütlichen Runde nachts am Lagerfeuer in den höchsten Tönen mitsingen möchte. Man merkt ihm an, dass ihm die Welt da draußen eine Spur zu schnell geworden ist. Deswegen wird sich auch diesmal wieder in bester Jack Johnson-Manier zurückgelehnt und gemütlich in die Saiten gegriffen. Dieses Album ist ein regelrechter Hort der Ruhe. Zuckersüß und klebrig. Ein intimes Werk, das man sich am liebsten bei Kerzenschein und einem wohl schmeckenden Glas gutem Wein zu Gemüte führt. „Be Undressed And Ready My Angel“ ist im Grunde genommen der Prototyp eines vierten Albums. Wenn alles ausgetestet ist, besinnt man sich wieder auf seine größte Stärke. Die von Björn Kleinhenz ist das Schreiben von zärtlichen Folk-Pop-Songs, die viel zu schön sind, um anzuecken.
Dynas kann derweil zumindest schon mal von sich behaupten, bereits mit Nas, A Tribe Called Quest und dem Wu Tang Clan auf der Bühne gestanden zu haben. Sein Album „The Apartment“ klingt dann auch wie ein schöner Traum aus einer besseren HipHop-Welt, in der J Dilla immer noch eifrig an neuen Tracks schraubt. Herrlich zurückgelehnt und entspannt surfen die Tracks so vor sich hin, haben aber auch ein paar textliche Wellenbrecher eingebaut, die einen zum Schmunzeln oder Nachdenken anregen. Sonnendeck auf und ab dafür.
Und dann noch ein bisschen gefreut, dass positiver Rap vielleicht doch noch nicht ganz ausgestorben ist. Blaze versucht sich auf „Karma“ an einem Gegenentwurf zum gegenwärtigen Ghetto-Rap. Leider geht’s dabei für meine Verhältnisse manchmal ein bisschen zu ernst zu, aber raptechnisch legt er mit dem Album schon mal eine ziemlich hohe Meßlatte an. Eine abschließende Bewertung allerdings ist in diesem Falle nicht möglich, da das Album leider alle Stücke nach der Hälfte aus… ….blendet. Dementsprechend am Besten selbst mal anchecken.
Zum Schluss noch eine kurze Konzertankündigung einer allseits beliebten schwedischen Punkrock-Kapelle, die mit „Veil Of Ignorance“ zu einem weiteren Klassiker im Bandkatalog ansetzt. Die Rede ist natürlich von Raised Fist. Die Jungs stehen am 30. Oktober nicht nur im Alten Stattbahnhof/Schweinfurt auf der Bühne, die lassen es vorab schon mal so deftig krachen, dass man meint, man würde hier der Reinkarnation von Refused beiwohnen. Die Songs sind so dynamisch arrangiert, dass man hin und her gerissen ist zwischen hymnischen Passagen und einem knallbunten Strauß kehlig intonierter Melodien. Dazwischen etwas Brachial-Gekloppe und fertig ist das Manifest zeitgeistiger Punkrockglückseligkeit, die man zuletzt in ähnlicher Form (aber mit etwas fieserem Gesang) auch von Fucked Up um die Ohren gepfeffert bekam. Raised Fist halten ihr Feuer auch im 17ten Jahr der Bandgeschichte am lodern und veröffentlichen ein sechstes Album, dass ihnen zahlreiche neue Fans bescheren dürfte. Womit wir auch schon wieder am Ende wären. Lasst es krachen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?