Eine prächtige Band, welche Anfang der 80er ihren großen Durchbruch erlebte, hat sich in diesen Tagen entschlossen, ihren famosen Erstling noch mal unters Volk zu streuen. Wäre ja auch schade, wenn die heutige Generation nicht in den Genuss käme, zu „One Step Beyond“ von Madness die Hüften zu schwingen. Der Sunshine-Pop der Jungs wirkt wie ein (S)Katapult in Richtung Sommersonne. Schon beim Opener dehnt man seine Körperteile in alle nur erdenklichen Richtungen und atmet einfach mal ganz tief durch. Diese Leichtigkeit, die Madness auf diesem Album an den Tag legen, ist bis heute unerreicht. “One Step Beyond“ ist ein zeitloses Werk. Stücke, wie „Believe Me“ und „My Girl“ sind einfach nicht totzukriegen. Sie sind die Adrenalinspritze für jede Studentenparty. Und was da neben den 15 Original-Tracks noch alles aus dem Keller gekramt wurde: zuckersüße Videos. Einige „John Peel Sessions“ und ein riesiger Haufen B-Seiten, die zwar im Gegensatz zu dem Originalmaterial leider ein bisschen abfallen, die aber trotzdem noch besser sind, als 95% dessen, was da hinterher noch aus dieser Ecke kam. Dazu finden sich im Booklet noch ein paar schicke Anmerkungen des britischen Schriftstellers Irvine Welsh. Ein famoses Gesamtpaket, das man unbedingt sein eigen nennen sollte.
Und was ist das denn? Schon wieder ein neues Album aus dem Hause Mando Diao? Können wohl gar nicht genug kriegen, die Jungs. Wobei „The Malevolence Of Mando Diao“ genau genommen nur eine B-Seiten- und Raritäten-Kollektion ist. Aber was heißt hier eigentlich „nur“? Verdammt… zwei Scheiben voll gepackt mit 39 Songs, die zwar nicht immer an die Tracks ihrer regulären Alben heran reichen, die aber trotzdem die Musik vieler Kollegen mit links an die Wand klatschen. „This Is The Modern“ zum Beispiel ist einfach nur eine funkelnde Tanzflächen-Rakete und „Sheepdog“ mit akustischer Klampfe entfaltet plötzlich einen zärtlichen Charme, den man diesem polternden Hit nie und nimmer zugetraut hätte. Weitere Höhepunkt: der romantische Schunkler „Hail The Sunny Days“ und das lärmige „San Francisco Bay“, das fast schon ins Psychedelische abgleitet. Mando Diao zeigen mit dieser Platte, was alles in ihnen steckt. Auf ihrem letzten Album hatte sich ja bereits angedeutet, dass die Band sich in Zukunft auch in experimentelle Gefilde vorwagen möchte. Auf diesem Kuriositätenball ordnen sie spielend alle möglichen Stilrichtungen ihren hymnischen Melodien unter. Wenn das so weitergeht, werden sie in ein paar Jahren zur größten schwedischen Band der Neuzeit. Wer sich selbst davon überzeugen möchte, dem sei in diesem Zusammenhang noch die beiliegende DVD empfohlen. Da kann man den Jungs schon mal beim Üben zuschauen. Live und ohne Strom. Womit sie ihren Songs am Ende auch noch mal ein paar neue Facetten abtrotzen. Alles in allem ein vollends zufrieden stellendes Gesamtpaket. Nicht nur für Fans attraktiv.
The Ettes fabrizieren derweil ganz schönen Rumpelrock auf ihrem neuen Album „Do You Want Power“. Die Scheibe ist ein kleines Biest, das sich schmissig durch Garagenrock-Blues wühlt, als wollte die Band das Eingangstor der Garage sprengen und ein bisschen Sonne in die liebe Stube lassen. Bei so viel Hitsingles fällt es zwischenzeitlich zwar schwer bei der Stange zu bleiben, wenn der eine oder andere Songs mal nicht die volle Breitseite an Melodien raus pfeffert, dennoch kann man zu diesen kleine, aber feinen Hits ganz famos das Aufwärmprogramm zur nächsten Indie-Disco bestreiten. Wobei… „I Can Be True“ schafft es vielleicht sogar ins Hauptprogramm des Abends. Der Rest der Platte läuft so vor sich hin, ohne groß aufzufallen, ist aber wiederum egal, weil man eh schon Luftgitarre spielend am verramschten Teppichboden herum rubbelt.
Fightstar können sich derweil noch nicht so ganz entscheiden, ob sie nun Keane oder Biffy Clyro sein möchten. „Be Humans“ ist nicht mehr und nicht weniger als ein vielseitiger Zeitvertreib für Fans zeitgenössischer Rockmusik. Die Songstrukturen sind herrlich abstrakt und münden immer wieder in himmelhoch jauchzende Refrains, so dass man sich schon nach wenigen Minuten im siebten Rockmusik-Himmel wähnt. Zumindest in England dürften sie damit exakt den Nerv einer Generation treffen, die musikalischen Anspruch in einer Welt zwischen Emo und Indie sucht. „The English Way“ und das brachial dahin geschmetterte „Colours Bleed To Red“ sind wahre Glanztaten britischer Rockmusik, die zwar eine eigene Identität vermissen lassen, aber trotzdem Spaß machen.
Prefab Sprout muss ich derweil wohl nicht mehr groß vorstellen… oder doch? Prefab Sprout, das ist eine der größten britischen Popbands der 80er. Musikalisch wilderten sie in ähnlichen Gefilden, wie die Pet Shop Boys, aber mit etwas mehr Eiern in der Hose. Die schmachtende Fangemeinde musste derweil fast 16 Jahre auf den Release dieser Scheibe waren. Darauf finden sich 11 Demoaufnahmen, die nun noch mal ordentlich aufpoliert wurden. Mir allerdings wird da ein bisschen zu viel von Gott gefaselt. „God Watch Over You“ und „Angel Of Love“ – da kann ich ja gleich Kuschelrock hören. Wobei „Let There Be Music“ ein ganz großer Song ist. Leider fällt der Rest von „Let´s Change The World With Music“ im Vergleich dazu etwas ab. Trotzdem sollten sich alle Freunde der Pet Shop Boys unbedingt mal die Scheibe anhören. Sie werden sich hinterher unter Garantie den gesamten Backkatalog der Band zulegen.
Idlewild sind derweil auch anno 2009 noch die besten R.E.M. seit R.E.M.. Das Tempo wurde auf dem neuen Album noch ein Stück weiter gedrosselt und der Hitfaktor ein bisschen nach oben geschraubt. Die wütenden, grungigen Eskapaden der Anfangsphase sind nur noch in Nuancen zu spüren. Trotzdem entfaltet „Post Electric Blues“ mit zunehmender Lauflänge einen ganz besonderen Charme. Das himmelhoch jauchzende „Readers & Writers“, der Lagerfeuersong „(The Night Will) Bring You Back To Life“. All das sind zauberhafte Momente auf einem äußerst vielseitigen Werk, das nie Gefahr läuft im Konsens-Universum amerikanischen Alternative-Rocks zu verenden. „Post Electric Blues“ will gefeiert werden. In dieser Form sind Idlewild durchaus ein heißer Anwärter für die Jahrescharts.
Die Kings Of Convenience scheinen derweil mit zunehmender Lebensdauer immer entspannter zu werden. Inzwischen sind sie auf den besten Weg, die neuen Simon & Garfunkel zu werden. Wer The Whitest Boy Alive schätzt, wird Erlend Oyes Stimme eh schon verfallen sein, allerdings auf „Declarartion Of Dependence“ den einen oder anderen Muntermacher vermissen, der ihn aus dem melancholischen Kosmos in Richtung Space-Shuttel überführt. Alles in allem ziehen die beiden Protagonisten ihr Ding konsequent durch. Auch die Melodien sind mal wieder so zauberhaft, dass man sich fragt, ob da nicht zwei Hexenmeister am Start waren. Alles in allem stellen sich nach der Hälfte der Songs allerdings erste Ermüdungserscheinungen ein, die sich nur in Zaun halten lassen, wenn man die Scheibe wohl dosiert einsetzt. Wer mal wieder Ringelreih Tanzen möchte, um hinterher verträumt ins Gras einer grünen Wiese zu plumpsen, könnte hier den passenden Soundtrack dazu finden.
Old Canes versohlt einen derweil mit ähnlich berauschender Songwriter-Schelte, wie der werte Frank Turner die Fingerkuppen. Selbige dürften bei seinem neuen Album nämlich wie wild auf die Tischkante eintrommeln. „Feral Harmonic“ ist einfach nur ein grandioses Liedermacherwerk. Chris Cisci -so der richtige Name des Künstlers- vermengt auf seinem aktuellen Album Folk, Punk und Arcade-Fire-Momente zu einem fulminanten Ganzen. Saddle Creek dürfte demnach das perfekte Label sein, um seine Musik in Richtung Hörerschaft zu entlassen. Wenn man sich zudem anschaut, wir da alles als Gaststar am Start ist. John Momberg von Appleseed Cast, Kelly Hangauer von 4th Of July und Jordan Geiger von Minus Story. Da geht einem schon beim Lesen das Herz auf. Die Musik dazu klingt himmelhoch jauchzend, opulent, dabei aber nicht überladen. Kurz gesagt: „Feral Harmonic“ ist die perfekte Platte, um durch einen großen Haufen Herbstlaub zu stürmen und einen Regenschauer aus Euphorie zu entfachen, während die Blätter der Bäume gen Boden purzeln. Eine Szenerie, die man genießen sollte. Deshalb Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?