Die herzallerliebsten Indie-Haudegen von Nada Surf haben sich dazu entschlossen, ihren musikalischen Helden ein Denkmal zu setzen und spielen nun den traurigen Clown zum Sound von Depeche Mode, Kate Bush und Spoon. Vor allem die erste Hälfte ihres aktuellen Cover-Albums ist bemerkenswert, weil die Band es schafft, einem Gassenhauer, wie „Enjoy The Silence“ mit einem simplen Trick neue Facetten abzuringen.
Der Opener „Electrocution“ von Bill Fox gehört derweil zum herzergreifendsten, was die Band in den letzten Jahren auf Silberling gebannt hat. So entfaltet „If I Had A Hi-Fi“ schrittweise eine Sog der Emotionen, bis man sch überhaupt nicht mehr vorstellen kann, diese Songs hier gar nicht in ihrer ursprünglichen Form dargereicht zu bekommen.
Japandroids kramen derweil ein bisschen im Archiv und verwursten auf „No Singles“ ihre ersten beiden EPs „Lullaby Death Jams“ (2008) und „All Lies“ (2007). Schick aufgemotzt im Karton-Booklet entfalten die Lärmorgien, hinter denen sich herzhafte Melodien verstecken, schon nach wenigen Durchläufen einen ähnlichen Charme, wie die Stücke ihres hoch gelobten Erstlings „Post-Nothing“. Fans von Nirvana sollten hier mal ein paar Durchläufe riskieren, sie werden sich schon nach kurzer Zeit zum famosen „Darkness On The Edge Of Gastown“ die Seele aus dem Leib brüllen. Soviel Hitpotenzial gepaart mit Nachhaltigkeit muss man auch erstmal hinkriegen.
Jesse Malin & The St. Marks Social sorgen derweil dafür, dass den Fans von Lucero und The Hold Steady ein breites Grinsen aus dem Gesicht wächst. Der Protagonist, der früher in Hardcore-Gefilden fischte und unter anderem mit Bruce Springsteen das Mikrofon teilte, präsentiert seine charmanten Rocksongs diesmal mit Unterstützung einer Rock-Formation, die seine Melodien in Richtung Stadion-Kompatibilität trimmt. Auf Albumlänge funktioniert das Ganze hervorragend – gerade in Hälfte eins, reiht sich Smash Hit an Smash Hit – der Boss himself sollte sich ein Beispiel daran nehmen. Mit zunehmender Lauflänge dürften dann aber auch Counting Crows-Anhänger auf ihre Kosten kommen. Alles in allem ist „Love It To Life“ zwar ein astreiner Konsens-Rocker, aber definitiv einer von der guten Sorte.
Sleepy Sun vernebeln uns derweil die Sinne mit ihrem gespenstischen Pop-Entwurf namens „Fever“, der sich irgendwo im Grenzgebiet von Kings Of Convenience und Prog-Rock einnistet. Es ist schon ein verstrahltes Tohuwabohu, was die Band hier veranstaltet, die Mucke schimmert aber umso heller, wenn man sich als Zuhörer Zeit nimmt, die nebligen Schwaden zur Seite zu schieben und sich an den zärtlichen Melodien und haarsträubenden Riffs zu ergötzen. Alles in allem ein Wechselbad der Gefühle, dass dem Hörer erst nach einigen Anläufen etwas zum Festhalten bietet.
Der Leipziger Künstler Peter Piek erweckt mit seinem quängelnden Gitarrenrockmomenten den Nostalgiker in dir und liefert auf seinem zweiten Album „I Paint It On The Wall“ Genre-Hopser zwischen britischem Indie-Pop und sanftem Soulgesang. Überhaupt strahlt dieses Album eine liebenswürdige Lässigkeit aus, die man so mancher Indie-Kapelle aus hiesigen Gefilden gerne mal einflößen möchte. Alles in allem bleibt am Ende lediglich anzumerken, dass er sich das nächste Mal vielleicht über die volle Länge an seinen Stärken abarbeiten sollte, als immer wieder von Stil zu Stil zu hüpfen. Das sorgt zwar für Abwechslung, klingt aber bisweilen etwas überambitioniert in den gefühlsduseligen Momenten. Peter Pieks Musik lebt vor allem von ihren schrägen und ungestümen Momenten. Auch davon gibt es hier genug. Eben deshalb ist der Leipziger durchaus ein Künstler mit dem man in Zukunft rechnen sollte.
Audra Mae versucht sich derweil auf ihrem neuen Album an Piano-Balladen der Marke PJ Harvey meets Regina Spektor. Fans von Amanda Palmer sollten ebenfalls mal einen Durchlauf riskieren, weil sich das amerikanische Story-Telling-Talent auf „The Happiest Lamb“ auch mal an klassifizierten Momenten probiert. Passend in Szene gesetzt wurde das Ganze übrigens von Produzent Ted Hutt, der auch schon für Lucero und The Gaslight Anthem hinter den Reglern stand. „The Happiest Lamb“ ist ein Album, wie geschaffen, um am Lagerfeuer für die passende Kuschelrock-Atmosphäre zu sorgen. Schön zu sehen, dass es dabei auf Peinlichkeiten verzichtet.
Radio Havanna spielen derweil nicht nur im Schweinfurter Stattbahnhof (und zwar am 28.5.) – sie knallen einem auf „Lauter Zweifel“ auch eine ordentliche Portion schmissigen Pop-Punk mit deutschen Texten um die Ohren, so dass schon nach kurzer Zeit schöne Erinnerungen an Jupiter Jones und Konsorten aufkommen. Textlich hat man in Sachen „Deutschpunk“ definitiv schon Schlimmeres vernommen, weshalb schon nach zwei Durchläufen alle lauthals mitgrölen, wenn die Frage aufgeworfen wird: „Sag mir wo dieser Weg uns noch hinführt?“ In den Pogo-Himmel und zwar mit Ansage. Gibt eben doch noch mitreißende Deutschpunk.
Wer mal wieder mit dem Neonlicht der Tanzfläche verschmelzen möchte, der sollte von „Actiondisco“ von Taan Newjam in die Anlage schieben und fröhlich mit seinen Gelenken wackeln. Die Single „Disco Guy“ gibt die Richtung vor. Hier wird mit viel Pop-Appeal auf den Tanzboden überführt und der synthie-affine „Disco“-Button betätigt. Die Songs wurden zeitgemäß durch den Mixer gedreht, strahlen aber hin und wieder auch einen charmanten „Old School“-Charme, so dass sich Fans von Chromeo sofort wohl fühlen werden und fröhlich im Takt wippen. Im Grenzgebiet von Daft Punk und den Disco Boys macht diese Scheibe jede noch so düstere Kellerhöhle zur Kellerhölle. Soll heißen: „Actiondisco“ macht ganz schön Feuer unterm Arsch. Also fackelt mal schön. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?