Nach zahlreichen Solo-Eskapaden haben sich Broken Social Scene wieder zusammengerafft und ein neues Werk eingespielt, das den umtriebigen Vorgänger ziemlich alt aussehen lässt. Auf „Forgiveness Rock Record“ machen sich Drew, Canning und wie sie alle heißen daran, ihre Space-Oper vom Weltall auf den Balkon zu transformieren. Es darf zwar der Blick mitunter noch Richtung Horizont schweifen, es wird dabei aber immer auf den großen Pop-Moment zugesteuert. Wave-Melodien Marke The Cure werden hemmungslos raus gehauen und gerade wenn man es sich so richtig gemütlich gemacht hat, wird man von Trotz-Reaktionen der Marke Sonic Youth aus allen Träumen gerissen. „Forgiveness Rock Record“ ist ein famoses Werk, das aufzeigt, wo MGMT mit ihrem neuen Album hätten landen können, wenn sie die Sache nur konsequent zu Ende gedacht hätten.
Ellie Goulding könnte derweil für Indie- und Pop-Hörer interessant sein. In diesen Tagen erklimmt sie mit ihrem Zuckerwatte-Pop der Marke „Under The Sheets“ die Charts und empfiehlt sich stil bewusst als Disco Queen im Sinne La Rouxs, die hierzulande leider völlig zu Unrecht nicht den entsprechenden Erfolg einheimsen konnte. Gouldings Debütalbum „Lights“ besticht durch ein stimmiges Gesamtbild und punktet mit zahlreichen Melodien, die einem noch Tage später im Kopf herum schwirren. Leider verliert die Scheibe gegen Ende etwas an Drive, was die Qualität der Stücke allerdings nicht schmälert. Mann sollte lediglich darauf achten, „Lights“ wohl dosiert einzunehmen, weil sonst die Gefahr der Überzuckerung droht.
Auf dem illustren Sampler „King Kong Kicks Vol. 2“ versammelt sich derweil eine bunte Riege an sympathischen Indie-Pop-Gesellen, die dem Hörer das Tanzen beibringen, aber trotzdem noch auf den durchschlagenden Erfolg warten. Was Chew Lips, Tommy Sparks, Wave Machines, Wolf Gang und Kissy Sell Out hier aus dem Ärmel schütteln, dürfte in jeder guten Indie-Disse dafür sorgen, dass die tanzende Gemeinde das DJ-Pult stürmt, um sich den Namen der Bands auf das durchnässte T-Shirt zu kritzeln. Wenn dann gegen Ende auch noch die üblichen Verdächtigen aus dem Hause Audiolith auf die Kacke hauen, brüllt man hemmungslos mit: „Ich bin ein Krebs und ich krebse“. Danke Frittenbude, danke Supershirt und danke an „Unter Schafen Records“, die sich in Zeiten von MP3 noch trauen, eine schicke Compilation wie diese an den Start zu bringen.
Grossstadtgeflüster versuchen sich derweil daran, elektronische Peitschenhiebe von Deichkind mit Quietsche-Pop der Marke Mia. zu vermengen. Das Ergebnis spaltet. Die erste Single „Kaethe“ treibt einen entweder zu Höchstleistungen in Sachen Ausdruckstanz an oder sorgt schon nach wenigen Sekunden dafür, dass man mit dem Finger in Richtung Skip-Taste wandert. Das Stück ist exemplarisch für alles Weitere, was einem auf „Alles muss man selber machen“ so entgegen geballert wird. „Du redest laut doch du sagst gar nichts“ ist dann charmant bei Fanta 4 abgebauscht und mit zunehmender Lauflänge weicht die anfängliche Skepsis dem Gefühl, hier einen sympathischen Pop-Entwurf der Marke Spillsbury meets Wir sind Helden vor den Latz geknallt zu bekommen, der allerdings schonungslos auf Pop getrimmt ist.
Alle Fans von Tiger Lou sollten derweil die Ohren spitzen, weil Frontmann Rasmus Kellerman in diesen Tagen mit seinem ersten Soloalbum am Start ist. „The 24th“ überführt die Pop-Musik von Tiger Lou in Folk-Gefilde und sorgt damit für eine herzerwärmende Atmosphäre. Man möchte schon nach wenigen Minuten die Augen schließen und sich vollends in Stücken, wie The Greatness & Me“ verlieren. Selbst wenn er bisweilen nahe am Kitsch vorbei schrammt, wie in der Lagerfeuer-Hymne „Five Years From Now“, kommt man nicht umhin, zu sagen, dass Kellerman sich mit diesem Solo-Album endlich selbst gefunden zu haben scheint. Man merkt, dass diese Songs hier aus ihm raus mussten. Und sind jetzt gar nicht mehr so traurig, dass Tiger Lou immer noch eine nicht genau bezifferte Pause einlegen.
Für das neue Album von Efdemin lohnt es sich derweil eine Mini-Lichtanlage im eigenen Wohnzimmer. Alternativ kannst du dich auch auf die Mainwiesen schmeißen und den Vögelscharen beim Choreographieren zuschauen. Das neue Werk „Chicago“ liefert den passenden Soundtrack, um morgens um 8 verplant aus dem Club zu stolpern und sich von den Strahlen der aufgehenden Sonne die Nasenspitze massieren zu lassen. Die jazzigen Passagen und Piano Loops sind abgefahren arrangiert. Die Qualität dieser Scheibe entfaltet sich dementsprechend auch erst nach zahlreichen Durchläufen. Doch Efdemin weiß alles so gekonnt in ein schlüssiges Bild zu gießen, dass man nicht umhin kommt, die Scheibe immer wieder in den Player zu stecken. Alles in allem ein äußerst langlebiges Elektro-Vergnügen.
„Dealing In Antiques“, das neue Album von Cats On Fire „Is A Collection Of Mostly Old Songs Of Various Origins“ und dabei mit einer Herzenswärme ausgestattet, dass es jeden Fan von Belle & Sebastian sofort von sich überzeugen dürfte. Die 20 Stücke aus unterschiedlichen Schaffensphasen der Band bilden ein homogenes Gesamtwerk, das allen Fans die kommenden Frühlingstage versüßen dürfte. Hier wird so herzallerliebst gesäuselt, dass jedem Smiths-Anhänger die Grinselippen aufspringen. Watteweich eingepackt wird der Hörer und dann mit lässigen Gitarren-Rhythmen um den Finger gewickelt. Ein echter Geheimtipp. Und trotz des B-Seiten-Beigeschmacks mit Sicherheit keine Ausschussware.
Terez Montcalm überführt derweil den Lagerfeuer-Song ins Französische, widmet sich auf „Connection“ aber auch charmanten Jazz-Pop-Eskapaden, verknüpft also kurz gesagt unterschiedliche Stile miteinander. Die kanadische Sängerin kontert die hymnische Breitseite ihrer Songs immer wieder mit locker flockigen Melodien. Das ganze funktioniert bisweilen ganz gut, sorgt aber dafür, dass die Scheibe insgesamt etwas brüchig rüber kommt. Womit wir dann auch schon wieder am Ende wäre für heute. Also lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?