The Roots haben sich auf ihrem neuen Album wieder darauf besonnen, etwas experimentierfreudiger zu Werke zu gehen und lassen sich auf der Scheibe von zahlreichen Kollegen unter die Arme greifen. Neben den üblichen Verdächtigen stehen diesmal allerdings auch Kolleg(inn)en, wie Joanna Newsom, John Legend und die Monsters Of Folk auf der Gästeliste und sorgen dafür, dass man es sich auch als Indie-Pop-Hörer vor den Boxen gemütlich macht. Wirklich bemerkenswert geraten am Ende das emotionale „Dear God 2.0“, das orchestrale „The Fire“, das das Zeug dazu hat, „The Seed 2.0“ den Rang abzulaufen und allen voran der charmant arrangierte Newsom-Sidekick called „Right On“. Ansonsten schubst einen „How I Got Over“ über weite Strecken in die Hängematte und geht damit als emotionaler Gegenentwurf zum straighten Rap-Vorgänger durch.
I Am Kloot genießen es derweil, sich im Antlitz der Straßenlaterne zu platzieren und im intimen Rahmen ein paar Geschichten zu erzählen. Ob ihnen mit ihrem neuen Album „Sky At Night“ endlich der Durchbruch gelingt, darf auch diesmal bezweifelt werden. Dazu ist die Scheibe am Ende wieder eine Spur zu unscheinbar. Ähnlich wie die Jungs von Elbow verstehen es I Am Kloot dennoch, ihre Fangemeinde um den Finger zu wickeln, ohne gleich ein großes Tohuwabohu zu inszenieren. Irgendwann wird jemand auf einer Party nachts um halb vier einen Song, wie „To The Brink“ hören, und sich Hals über Kopf in diesen Sound verlieben. Er wird in den Second-Hand-Laden um die Ecke rennen und sich den kompletten Back-Katalog von I Am Kloot nachkaufen und sich fragen, wie er jemals ohne diese Band sein konnte. Ein zauberhaftes Album für Menschen, die sich in Sachen guter Musik nicht unbedingt am Veröffentlichungs-Rhythmus der großen Plattenfirmen orientieren. I Am Kloot sind schlicht: eine zeitlose und gleichsam äußerst nachhaltige Band.
The Dandy Warhols waren in den letzten Jahren trotz einiger sperriger Eskapaden immer wieder für einen Hit gut, der die Tanzflächen der Indie-Discos im Handumdrehen mit einer tanzwütigen Meute bestückt. Nun hat sich ihr ehemaliges Label dazu entschlossen die größten Chartbreaker der Jungs noch mal auf einem Album zusammenzufassen und was soll ich sagen: die Scheibe macht Spaß. Schon nach wenigen Sekunden schwelgt man zu „Every Day Should Be A Holiday“ und „We Used To Be Friends“ in nostalgischen Erinnerungen und freut sich, dass die Warhols, obwohl sie eine der besten Livebands ihrer Generation darstellen, niemals Gefahr liefen, in Radioformat-Gefilde abzudriften. Mit Ausnahme der immer noch grandiosen Single „Bohemian Like You“ ist hier reichlich Material drauf, das man als Neueinsteiger für sich entdecken darf. Außerdem gibt es eine brachiale Zugabe in Form des rough-rockenden Bonus-Tracks „This Is The Tide“ als Zugabe. Wer noch nicht alle Alben von den Jungs im Schrank stehen hat, sollte unbedingt zugreifen.
Walter Gibbons zählte derweil zu den renommiertestes DJs und Remixern New Yorks und sein Label beglückt uns nun mit einem kleinen Rundumschlag in Sachen 70s-Disco und Rap. Soll heißen: Rap im puristischen Sinn. Also old school. Wobei die Tracks der beiden Silberlinge immer noch ordentlich Funken schlagen, wie Hammerfall. Also nicht die Band, sondern der Akt. Soll heißen: genug gelabert. Play drücken und dann gehen wir aufs Ganze. Die schicken Tunes stammen alle aus den Jahren 1976 bis 1986, was daran liegt, dass Gibbons hinterher aufgrund seiner Religion das Musizieren einstellte und acht Jahre später an den Folgen von Aids starb. Seine Songs allerdings… die überdauern. Wer also mal wieder Lust auf einen schönen Nostalgie-Trip mit zahlreichen Perscussion-Eskapaden hat, sollte „Jungle Music – Mixed With Love: Essential & Unreleased Remixes 1976 – 1986“ unbedingt mal austesten.
Jimmy Edgar wiederum, der multitasking-fähige Talentschmied, der ständig das Kostüm wechselt und mal als Fotograf, mal als Designer und ab und zu auch als Musiker um die Welt tingelt, hat sich mit seinen funkigen Laptop-Sounds zu den Größen des Elektro-Labels „Warp“ aufgeschwungen. Von seinem Platz an der Sonne aus knallt er uns nun sein neues Album „XXX“ vor den Latz, dass sich immer weiter radiotauglichen Gefilden annähert. Zwischen Knall-Bonbon-Beats der Marke Timbaland und Breakbeat-Monstern läuft die Scheibe aber niemals Gefahr, überfrachtet rüber zu kommen. Stattdessen entpuppt sich das Album als außerordentlich langlebig und dürfte dementsprechend auf jeder illustren Funk-Party für gute Laune sorgen.
Big Boi hat sich derweil entschlossen ohne seinen Kumpel André 3000 durchzustarten und ein Solo-Album veröffentlicht, das nur wenige Wünsche offen lässt. Mit freundlicher Unterstützung der üblichen Verdächtigen called T.I., Jamie Foxx und George Clinton sowie zahlreichen weiteren, kredibilen Kollegen macht sich das wortgewandte Sprachgenie auf, seiner Vorstellung von dicker Hose auszuleben. Dass er dabei manches Klischee streift, sei in diesem Zusammenhang mal dahin gestellt, weil das Ganze gekontert wird durch straff produzierte Old-School-Rap-Einlagen und einen zurück gelehnten 70s-Banger namens „Shutterbugg“, der auch gleich die erste Single darstellt. Alles in allem reicht „Sir Lucious Left Foot: The Son Of Chico Dusty“ sicher nicht an die Großtaten von Outkast heran. Ein hübscher Zeitvertreib bis zum nächsten Release mit André 3000 ist es allemal.
Zu El-P braucht man in diesem Zusammenhang wohl nicht mehr viel zu sagen. Jeder, der schon immer mal davon träumte, The Roots würden eine Club-Tour mit Nine Inch Nails auf die Beine stellen, fühlt sich im Klangkosmos des exzentrischen Rappers wie Zuhause. Nun erscheint ein gelungenes Raritäten-Album des Künstlers und die Scheibe klingt keineswegs, als würde sie nach einem Durchlauf wieder den Weg zum Second-Hand-ler antreten. „Weareallgoingtoburninhell Megamixxx 3“ liefert nicht nur schicke Instrumentalausflüge in Young Jeezy- und Kidz In The Hall-Gefilde, auch die eigenen Tracks, wie das gitarrenlastige „Time Won´t Tell“ oder die Beat-Attacke „Drunk With A Loaded Pistol“ müllern rein, als würde die WM niemals zu Ende gehen.
Orgone entführen den Hörer zum Abschluss in den schummrigen Disco-Keller von gegenüber und führen dort ein imposantes Musik-Theater auf. Es ist bemerkenswert, dass „Cali Fever“ erst das zweite Werk dieser Combo aus Los Angeles ist, denn mit Stücken, wie dem Opener „The Last Fool“ oder dem beschwingten „Give It Up“ dürften sie schon in Kürze zum Dauerbrenner in jedem guten Funk und Soul-Club werden. Wer von den Soul-Sachen der Roots oder dem letzten Werk von Amy Winehouse gar nicht genug kriegen kann, sollte sich die zwölf Songs von „Cali Fever“ unbedingt nach Hause holen. Da macht sich im heimischen Wohnzimmer ganz schnell Club-Atmosphäre breit. Womit wir dann auch schon wieder am Ende wären für heute. Lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?