Verehrter Leser… ich sag dir. Besser könnte der Zuckerbeat diesmal nicht losgehen. Den Anfang machen nämlich die wunderbaren Blood Red Shoes. Die klingen auf ihrem Debütalbum „Box Of Secrets“ (9,0/10) genau, wie die White Stripes. Das sagen zumindest alle. Stimmt aber nicht. Ein dickes „bätsch mit hochgezogener Rotzfahne“ an alle Kritiker. Der Vergleich hinkt doch schon bei der Rollenverteilung. Hier gibt nämlich mal der Junge den „Netten“ und das Mädel die „Frontsau“. Ansonsten fabriziert das Duo eine ganze Reihe schweißtreibender Nirvana-Gedächtnisriffs. Und das klänge auch mittelklasse okay, würden sie nicht in Strophe drei immer nochmal einen Gang nach oben schalten. Da hauts den Engeln am Firmament glatt die Federn von den Flügeln. Um nicht abzustürzen, wird sich anschließend dann an die Abgasröhre von Blackmail gehängt. Deren neuester Longplay-
er „Tempo Tempo“ (6,7/10) gibt sich außerordentlich dynamisch, segelt aber dennoch knapp am Ziel vorbei. Die Songs gehen einfach zu oft in Sound-Orgasmen verloren. Trotzdem kann man nur den Hut ziehen, wie die Band ihre verqueren Klangexperimente direkt neben astreinen Popsongs einparkt. Von der Wolke holen müssen einen also andere. Anti-Flag zum Beispiel. Deren Systemkritik dudelt sich inzwischen auch langsam ab. Stattdessen wurde aber der Hit-Appeal auf „The Bright Lights Of America“ (5,5/10) wieder weiter nach oben geschraubt. Ist letztlich dann wie beim Eiskunstlaufen. Da fliegt man auch mal auf die Fresse, wenn alles so glatt poliert vor sich hin läuft. Dann schon lieber eine Runde mit dem Delorean gedreht und dem hübschen Elektro-Pop von Neon Neon gelauscht. Unter diesem Pseudonym fabriziert Super Furry Animals Frontman Gruff Rhys auf „Stainless Style“ (7,7/10) eine Bassboxenspülung der Marke Justin Timberlake mit Tiefsinn. Da möchte man gleich mal mit der alten Klapperkiste um den Block stampfen und die Nachbarn aufwecken. Auf halber Strecke setzt man den Wagen allerdings direkt ins Wohnzimmer der Long Blondes. Die haben auf „Couples“ (6,3/10) die 80er für sich entdeckt und klingen, wie ein zeitgemäßes Blondie-Update. Stil-Ikone Kate Jackson säuselt dazu so schräg und süßlich, dass man sich fühlt, als würde man einen Mörderabhang herunter brettern und dazu Flutschfinger-Eis schlürfen. Schade, dass dadurch die Eigenständigkeit des Debüts etwas abhanden kommt. Aber immer noch besser, als selbige durch halbgare Coverversionen vollkommen aufzugeben. So geschehen auf dem neuen Output der Poppunker von New Found Glory. Die covern da nämlich unter anderem Klassiker von Shelter und Lifetime. Man möchte nur hoffen, dass die Original-Bands selbige nie zu Gehör bekommen, sonst dürften sie auf der Stelle im Boden versinken. Ansonsten überrascht das Doppel-Release „Tip Of The Iceberg / Takin´ It Ova“ (5,0/10) aber durchaus positiv durch den angezogenen Härtegrad auf Scheibe zwei. Bleibt aber insgesamt eine ebenso zwiespältige Angelegenheit, wie Holzhacken. Die famosen Akustik-Punks Dresden Dolls erweisen sich da auf „No, Virginia“ (5,5/10) schon als geschmackssicherer. Bei nur sechs neuen Songs (und fünf alten) ist die Veröffentlichung allerdings in etwa so zwingend, wie Baumwoll-Handschellen. Da lässt man sich dann abschließend schon lieber von ein paar weißen Hasen fesseln… pardon verzaubern. Die White Rabbits schütteln auf ihrem Album „Fort Nightly“ (7,5/10) nämlich eine ganze Reihe vertrackter Indie-Pophymnen aus dem Hut, die ziemlich unverschämt an die Strokes erinnern. Die perfekte Musik zum Kuscheltierniederknuddeln ist das. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
// von alexander nickel-hopfengart
UND WAS NUN?