Stefan Dettl, Sänger von LaBrassbanda nutzt die Winterpause seiner Hauptband, um einen Solo-Ausflug in rockige Gefilde zu unternehmen. Mit seinem Soloalbum zielt er auf die Schweißdrüsen seiner Hörerschaft, was Selbige erstmal irritieren dürfte. Die beschwingten, bisweilen auch subtilen Momente von LaBrassBanda sucht man auf seinem Solo-Album vergebens. Stattdessen wird die verzerrte Gitarre eingestöpselt und die Sache mit dem „auf dicke Hose machen“ ins Bayrische übersetzt. Alles in allem kann man sagen, der Groove wurde zugunsten der Atmosphäre in den Hintergrund gedrängt, was nicht immer funktioniert. Bei den ersten beiden Songs, der Single „Rockstar“ und dem Track „Bleame“ wirkt das alles eine Spur zu gewollt. Mit zunehmender Lauflänge allerdings findet Dettl dann doch wieder in die Spur zurück, „Litanei“ und „Drahn“ klingen wie LaBrassBanda mit Pop-Schnauze. Und am Ende ist man dann hin und her gerissen. Starten wir jetzt einen neuen Durchlauf? Ja, äh nein, ich mein… Jein!
Julia Stone besteigt derweil die „Memory Mashine“ und schafft ein atmosphärisch dichtes Werk mit leichtem Hang zur Düsterromantik. Das schicke Artwork im Look eines alten Horror-Streifens gibt die Richtung vor. Es folgen 11 Songs, die poppig genug sind, um dem Grusel-Ambiente auch einen Hauch Romantik abzutrotzen. Dabei kippen die melancholischen Tracks nie ins Gefühlsduselige, weshalb „In The Memory Machine“ auch allen Freunden morbid angehauchter Pop-Poesie im Stile der Raveonettes nur innig ans Herz gelegt werden darf.
Die Super Preachers sind französische Klang-Professoren, die einige vielleicht schon aus dem Chevy Chase-Film „Goose On The Loose“ oder wegen ihres Beitrags zur sympathischen Comedy-Reihe „Malcolm Mittendrin“ kennen könnten. Falls ihr die Priester-Fraktion bisher verpasst hat, solltet ihr unbedingt mal einen Durchlauf riskieren. Fans von Moloko und Morcheeba werden das Wohnzimmer-Licht sofort auf Modus „schummrig“ stellen, wenn Francois Carles mit freundlicher Unterstützung von Maria Timm das Soundsystem fluten. Durch die zahlreichen Feature-Gäste wird „The Underdog“ über die volle Länge nie langweilig und strahlt eine Stil-Vielfalt aus, die ihresgleichen sucht. Wer auf französische Klangexperimente mit viel Pop-Appeal steht, sollte sich die Scheibe auf keinen Fall entgehen lassen.
Wer mal wieder einen Film sehen möchte. Der die Gemüter spaltet, sollte sich an Caspar Noes Beitrag zum Fantasy Filmfest halten. „Enter The Void“ dreht sich um einen jungen Drogendealer, der sich Kohle beschaffen muss, um seine traumatisierte Schwester zu sich nach Hause zu holen. Bemerkenswert daran ist, dass Noe es konsequent vermeidet, den Blickwinkel zu verändern. Man sieht die Welt durch die Augen des Protagonisten Oscar, was vor allem dann, wenn der werte Herr Drogen schmeißt, ziemlich rasant anmutet. Der Film ist ein Experiment, das an den Nerven der Zuschauer zerrt. Damit hat er beste Chancen, demnächst in der Kult-Abteilung der örtlichen Videothek Platz zu nehmen.
Das sympathische Label „Zick Zack“ hat in der Zwischenzeit mal wieder ein Überraschungs-Ei für euch am Start und das entpuppt sich als äußerst tanzbarer Verrecker im Grenzgebiet von Them Crooked Vultures und Turbostaat. „Republik der Heiserkeit“ ist ein deutschsprachiges Indie-Rock-Album, das sich traut, das Gaspedal mal wieder bis zum Anschlag durchzutreten. Die Texte sind gut genug, um den Hörer nicht in den Fremdschäm-Modus zu schicken und auch sonst merkt man den Jungs von 206 an, dass sie was reißen möchten. Wer auf trockene Drums und einpeitschende Lyrics der Marke Mediengruppe Telekommander steht, sollte unbedingt mal einen Durchlauf riskieren.
Grant Hart ist derweil nicht nur Mitbegründer der Band Hüsker Dü, er macht auch sehr schöne Liedermacher-Musik. Die spärliche Instrumentierung seines Raritäten-Albums mit Songs aus den Jahren 1988-95 wirkt im Kontext der Großbildleinwände und Knalleffekte so herrlich aus der Zeit gefallen, dass jeder Dylan-Anhänger sich sofort eine Kippe zwischen die Lippen klemmen dürfte, um die nächste dreiviertel Stunde in Nostalgie zu verfallen. „Ouvrevue“ ist aber nicht nur ein Album voller kleiner Lagerfeuer-Balladen, die eine betörende Ruhe ausstrahlen. Manches wirkt fast skizzenhaft, kommt dafür aber nur umso unmittelbarer beim Hörer an. „Ouvrevue“ ist ein nur scheinbar unscheinbares Liedermacher-Werk, das einen nach und nach in seinen Bann zieht und auch hin und wieder die elektrische Gitarre aus der Truhe kramt.
Das dritte Solo-Album von Gruff Rhys aus dem Hause Super Furry Animals hat sich derweil ganz dem Schönheitswahn verschrieben und kommt mit einer Kunstinstallation her, die sich (im wahrsten Sinne des Wortes) gewaschen hat. „Hotel Shampoo“ ist ein gefundenes Fressen für Fans von Sean Lennon, Beck und Konsorten. Die Songs wurden herzlich arrangiert und hin und wieder wird auch ein echter Indie-Funk-Schunkler der Marke „Sensations In The Dark“ dazwischen gestreut. Wenn Gruff Rhys dann in „Vitamin K“ auch noch die große Gefühlskanone abfeuert, kann man sich das Grinsen nicht mehr verkeifen. Also wie wär´s Auch eine Spülung gefällig?
„Love Shot“ nennt sich das neue Album von The Blue Van und alle Fans von Jet werden im Dreieck springen. Endlich darf mal wieder so richtig schön ge-pop-rockt werden. Natürlich erfinden die Jungs mit ihren Songs nicht das Rad der Musik neu, trotzdem hat die Scheibe ihre Momente. Schon allein der Opener „Mama´s Boy“ ist das Eintrittsgeld wert, das nachfolgende „Run To The Sun“ zeigt den Kings Of Leon, dass man trotz Bombast nicht auf hittige Refrains verzichten muss, alles in allem kann man sagen: es macht einfach Spaß diesen schnörkellosen Power Pop für den Tanzboden zu genießen. Wer noch Hits für die nächste Studentenparty sucht, ist beim Blue Van genau er an der richtigen Adresse. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?