Es ist soweit, das große Finale ist angerichtet. Die Mafia-Reihe Cosa Nostra aus dem Hause „Schreiber & Leser“ geht in die letzte Runde und „Murder Inc.“ schickt sich an die fulminante Comic-Saga über die Geschichte der Mafia in den USA gebührend zu Ende zu führen. Während sich Band eins mit Rothstein, Luciano, Lansky, Costello, Capone und der Stadt New York auseinandersetzt, Teil zwei sich dem organisierten Glückspiel annimmt, Band Drei die blutigen Bandenkriege um den Alkoholschmuggel beleuchtet und Nummer Vier die Arme des Gesetztes ausfahren lässt, um dem mafiösen Treiben in den eigenen Reihen ein Ende zu bereiten, dreht sich das fünfte Werk im weitesten Sinne um die Organisation „Murder Inc.“, die sich als eine Art Lieferservice für verbrecherische Taten versteht. Schöpfer David Chauvel und Erwan Le Saëc geizen dabei nicht mit detaillierten Ausführungen, räumen den Personen viel Platz zur Entfaltung ein, so dass man sich als Leser sehr schnell in die Welt des Verbrechens hineinzuversetzen vermag. An den detaillierten Zeichnungen erfreut vor allem, dass man neben den zahlreichen Rahmendaten auch eine echte Geschichte erzählt bekommt, die nach einer kurzen Findungsphase zu Beginn zunehmend an Fahrt aufnimmt. Für Spannung ist also schon mal gesorgt im letzten Teil der Mords-Saga. Als Neueinsteiger bei „Cosa Nostra“ sollte man des Gesamtzusammenhangs wegen allerdings lieber mit dem ersten Band loslegen, so oder so… es lohnt sich.
Der dunkle Turm von niemand Geringerem als Horror-König Stephen King wurde derweil in Comic-Format übersetzt und von Peter David, Robin Furth, Jae Lee und Richard Isanove ganz vortrefflich in einen mehrteiligen Bildband überführt. Wobei sich die Western-Horror-Saga nur streckenweise am Buch orientiert und deshalb auch nie Gefahr läuft die bereits erzählte Geschichte abzubauschen. In grafischer Form liegt das Hauptaugenmerk auf dem Protagonisten Roland Deschain, wobei im ersten Band dessen Vergangenheit ins Blickfeld des Betrachters gerückt wird. Ihm dabei zuzusehen, wie er sich hoffnungslos verliebt und sich zum jüngsten Revolverhelden aller Zeiten mausert, ist ein Fest für die Augen. In atmosphärischen Bildern wird die düstere Geschichte vortrefflich in Szene gesetzt. Durch die düsteren Zeichnungen wird das Unheil bereits vorweg genommen. Das mysteriöse Spiel mit den Schatten wird zwischenzeitlich aber immer wieder kontrastiert durch weich gezeichnete Momente, die sehr liebevoll das Gefühlsleben unseres Protagonisten ausleuchten. Die Textdichte hält sich in Grenzen, so dass man sich als Leser nur zu gerne die Zeit nimmt, sich intensiv mit den großformatigen Zeichnungen zu beschäftigen. Diese wiederum strotzen bereits vor Anspielungen auf Dinge, die da kommen werden, man betrachte nur die Silhouette des dunklen Turms, die sich hinter der Gestalt des Helden auf dem Cover befindet. Dazu bekommt man am Ende eine ausgiebige Cover- und Skizzengalerie mitgeliefert, die man sich am Liebsten an die Zimmerwand heften möchte. Alles in allem ein wirklich gelungener Auftakt einer groß angelegten Reihe über die wir euch in den nächsten Monaten weiter auf dem Laufenden halten werden.
Eine wirklich bemerkenswerte Manga-Reihe erscheint derweil im „Carlsen“-Verlag und hört auf den Namen Pluto. Mit Disney-technischer Romantik haben die ersten drei Bände der Reihe allerdings gar nichts am Hut. Bei dem Comic von Naoki Urasawa und Osamu Tezuka handelt es sich um einen Science Fiction-Thriller, der sich mit einer Welt auseinander setzt, in der Menschen und Maschinen in friedlicher Co-Existenz nebeneinander zu bestehen versuchen. Die Umrisse dieser Welt beginnen zu bröckeln, als plötzlich einer der sieben mächtigen Androiden das Zeitliche segnet. Dazu werden auch noch ein paar Vorkämpfer für die Rechte der Roboter um die Ecke gebracht. Die Morde, die in bester „Schweigen der Lämmer“-Manier in Szene gesetzt werden, bilden den Auftakt zu einer Geschichte, die sich um die Arbeit der Behörde „Europol“ dreht. In den Bänden 2 und 3 muss der zuständige „Inspektor Gesicht“, welcher den Fall aufklären soll, weitere Mordfälle untersuchen und bekommt Unterstützung von Atom, einem jungen Roboter, der mit seinem Spürnase für sehr viel Auflockerung sorgt. In Band 3 segnet dann nach den Robotern Mont Blanc und North Nr. 2 ein dritter Android namens „Brando“ das Zeitliche und auch die beiden Ermittler Atom und Gesicht rücken immer mehr ins Blickfeld des Mörders, da sie ebenfalls zur Gattung der Maschinenmenschen gehören. Der Spannungsbogen wird derweil immer weiter nach oben geschraubt, so dass man als Leser fortwährend zum Mitraten angeregt wird. Im Vorfeld sollte man in Sachen „Pluto“ wissen, dass es sich bei der der Geschichte um eine Neuinterpretation des Mangas von „Astro Boy“ handelt. Die Ereignisse wurden in diesem Zusammenhang für die Erwachsenenwelt aufbereitet und sind ein gefundenes Fressen für alle Fans von Akira und Streifen der Marke „Das 5. Element“ oder „Blade Runner“. Die Optik der ersten drei Bände ist bestechend. Wer sich vom klassischen Cover-Artwork im Manga-Look nicht abschrecken lässt, bekommt eine detailliert ausgearbeitete und liebevoll gezeichnete Geschichte präsentiert, die sich meilenweit von der Stangenware absetzt, die bereits seit geraumer Zeit die Buchhandlungen überflutet. Die dichte Atmosphäre sorgt dafür, dass selbst Fans der „Noir“-Abteilung unbedingt mal rein schnuppern sollten – diese wiederum dürften sich sofort in die Charaktere verlieben und hungrig auf die fünf Fortsetzungen warten, die ab April in regelmäßigen Abständen noch folgen werden.
Für alle, die auf hübsche Vampire und große Maschinen stehen, haben wir uns derweil an das Buch Vamps aus dem Hause „Vertigo“ herangewagt. Die Geschichte um die fünf Highway-Freibeuterinnen Howler, Screech, Whipsnake, Skeeter und Mink erzählt von einem Roadtrip, der in Las Vegas startet und in New York endet. Der Comic von Elaine Lee & William Simpson stammt bereits aus dem Jahr 1994, hat aber bis heute nichts von seinem Glanz verloren. Die Zeichnungen stimmen einen nostalgisch, erinnern manchmal ein bisschen an den Look alter Ausgaben der „Gespenster-Geschichten“, die Story wird darüber hinaus rasant erzählt, so dass sich der Leser schon nach wenigen Seiten in einem bildgewaltigen (Blut)-Rausch befindet. Schön, dass sich der Verlag dazu entschlossen hat, diese düstere Geschichte noch mal in seiner „Select“-Rubrik zu veröffentlichen. Die Rasanz der abgeschlossenen Graphic Novel, die alle sechs Teile der „Vamps“-Saga umfasst, wird dabei immer wieder von zahlreichen Dialogen kontrastiert, das allerdings drosselt das Tempo nicht weiter, weil es hier vor allem auf den kurzweiligen Genuss ankommt. Wirklich tiefsinnig ist „Vamps“ dabei nicht geraten, es punktet aber mit vielen humoristischen Passagen.
Womit wir dann mal wieder einen Abstecher in die Welt der Mangas unternehmen. Da warten viele schon sehnlich auf die Deluxe-Variante der gefeierten Reihe Angel Sanctuary. Der erste Sammelband der pechschwarzen Shojo-Manga-Serie kommt im illustren Hardcover-Einband und ist ein gefundenes Fressen für Fantasy-Fans. Auf 400 Seiten setzt sich das Werk mit den beiden Engeln und Geschwistern Alexiel und Rosiel auseinander, die sich wegen einer Liebesgeschichte aufs Bitterste bekriegen. Alexiel spricht derweil einen Bannspruch aus und so findet sich ihr Bruder plötzlich im irdischen Reich der Menschen wieder. Doch ihre Tat bleibt nicht ungestraft. Gott ist sauer deswegen und sperrt Alexial in einen Kristall, weshalb sich ihre Seele nun im Körper des Menschen Setsuna Mudo wieder findet. Parallel dazu versucht Rosiel sich durch ein Computerspiel, auf das sich auch der Name des Buchs bezieht, wieder aus seiner menschlichen Hülle zu befreien. Das im Gegensatz zu den herkömmlichen Mangas etwas geräumigere Format sorgt dafür, dass man sich als Leser schnell zurecht findet und einzelne Details besser sichtbar werden. Schade allerdings, dass es bei der Wieder-Veröffentlichung nur für vier Farbseiten gereicht hat. Über eine kolorierte Version der Geschichte darf durchaus mal nachgedacht werden, dadurch würden nämlich auch die klassischen Zeichnungen in einen zeitgemäßeren Kontext gerückt. Unabhängig davon ist die Geschichte äußerst spannend getextet und macht Lust auf die beiden Fortsetzungen, die im zweimonatigen Abstand noch folgen.
„Die Straße nach Selma“ von Philippe Berthet und Tome erzählt derweil die Geschichte von Tracy und Clement. Erstere von Beiden segnet nach einer turbulenten Nacht und zahlreichen Missverständnissen das Zeitliche und es entspinnt sich ein Kriminalroman mit einem fiesen Hang zu pechschwarzen, bisweilen fast schon wieder (unfreiwillig) humoristischen Momenten. Das Thema Rassismus tritt immer wieder in den Vordergrund und wird von den Autoren subtil als Irrweg entlarvt, der als Rechtfertigung dafür herhalten muss, wenn die Gefühle eines Menschen so sehr enttäuscht werden, dass er schonungslos auf Rache sinnt. Die kurze Lauflänge von 64 Seiten trägt dazu bei, dass keine Langeweile aufkommt, als Bonus gibt’s am Ende noch ein aufschlussreiches Interview mit den beiden Schöpfern oben drauf, welches dazu führt, dass man die Geschichte beim zweiten Mal mit einem veränderten Blickwinkel durchschmökert. Die großformatigen Zeichnungen sorgen für ein gehobenes Maß an Atmosphäre und machen „Die Straßen nach Selma“ zu einem Muss für alle Fans der gehobenen „Noir“-Unterhaltung.
Und jetzt Vorsicht. Es folgt ein Schachtelsatz: Wer sich derweil das Gesamtwerk der Cartoonisten und Skizzierenden in Deutschland zu Gemüte führen möchte, sich aber nicht in einem Mammut-Projekt durch alle hierzulande erscheinenden Zeitschriften und Zeitungen wühlen möchte, um die schönsten Illustrationen von Johann Mayr über Steffen Butz bis Tobias Riegel auszugraben, der kann sich jetzt seine Winterstiefel schnüren und in die nächste Buchhandlung stapfen, um sich dort nach einigen bunten Gesamtwerken aus dem Hause „Lappan“ umzuschauen, die in mehreren Bänden die Illustrationen des vergangenen Jahres versammeln und dabei für so manchen Lachkrampf beim Leser sorgen werden. „Reizende Bilder“ umreist in diesem Zusammenhang den Kampf zwischen den Geschlechtern und schafft es dabei leider nicht immer, die gängigen Klischees in Sachen Zwischenmenschlichkeit zu umschiffen, punktet aber trotzdem mit einzelnen, subtileren Darstellungen. Die Reihe „Fiese Bilder“ wiederum ist gespickt mit böswilligen Cartoons, die allen Fans des schwarzen Humors die Tränen in die Augen treiben werden. Gerade das Duo „Hauck & Bauer“ aus „Titanic“ und „FAS“, dessen Gesamtwerk wir im „Strichcode“ erst kürzlich vorstellten, schafft es, mit seinen böswilligen Darstellungen zu punkten. Natürlich kann man es in Sachen „schwarzer Humor“ nicht jedem Recht machen, trotz allem liefern die beiden Bände „Fiese Bilder 1“ und „Fiese Bilder 2“ einen interessanten Rundumschlag in Sachen gesellschaftskritischer Cartoons, die auch vor schwierigen Themen nicht Halt machen. Anschauen kann man sich die hübschen Zeichnungen übrigens auch im Rahmen einer Ausstellung in der Kunsthalle Kühlungsborn ansehen. Dort sind bis zum 7. März 250 der Zeichnungen aus dem Sammelband „Beste Bilder“ zu sehen, die all jenen zu empfehlen sind, die sich stil-technisch nicht auf ein bestimmtes Genre festlegen möchte und ihr Lächeln am Liebsten an lustige Geschichten aus den unterschiedlichsten Kategorien verschwenden. Womit wir dann auch schon wieder durch wären für heute. Viel Spaß beim Schmökern und bis zum nächsten Strichcode.
UND WAS NUN?