Wolfram hat es tatsächlich geschafft Haddaway und Hercules & Love Affair auf einem gemeinsamen Album zu versammeln. Keine Ahnung wie er auf die Idee gekommen ist, aber am Ende funktioniert das gewagte Unterfangen. Sein gleichnamiges Debüt ist eine einzige Ode an das „Euro-Dance“-Geblödel der 90er Jahre. Das war damals ja nicht unbedingt die Musikrichtung, die reihenweise Klassiker abwarf. Selbst eingefleischte Tanzmusik-Fans dürften sich zwanzig Jahre später noch ziemlich schwer tun, den ollen Scheiben von 2 Unlimited und Magic Affair etwas Positives abzugewinnen. Umso bemerkenswerter ist „Wolfram“, das den ganzen Italo Disco-Quatsch im Sinne einer Sally Shapiro in einen zeitgenössischen Kontext setzt. Am Ende entsteht daraus ein bezauberndes Tanz-Album, das einen den Frühling versüßt und den Sternenhimmel zum Lichtermeer transformiert. Wer auf Disco-Pop zum Mitsingen steht, sollte unbedingt mal reinhören.
Times New Viking zählen derweil zu den sympathischsten Indie-Pop-Querschlägern der Neuzeit. Ihre Alben klingen so, als hätten sich ein paar übermütige Schaumschläger in die Garage verirrt und dort mit Süßkram um sich geworfen. Fans der ollen „C86“-Kassette (die vor vier Jahren noch mal im Cd-Format erschienen ist), werden sich vor Freude die Kniekehlen zu dieser Musik verrenken. Mit „Dancer Equired“ werden Times New Viking ganz sicher nicht auf die Spitzposition der Albumcharts klettern, dafür wird jeder Pop-Fan, der sich gerne durch verramschte Klangspielereien buddelt, mit einem reizenden Pop-Album belohnt, das er (fast) für sich alleine behalten darf.
Morrissey dürfte derweil wohl in die Geschichte eingehen als der Künstler, der nahezu im Halbjahrestakt neue Best Of-Alben releast. Es ist natürlich immer wieder bezaubernd, die melancholische Stimme des Smiths-Frontmanns erklingen zu hören, aber die Frage muss erlaubt sein: Hat es eine neue „Very Best Of Morrissey“ wirklich gebraucht? Man muss der Scheibe zumindest zugute halten, dass hier nicht nur die großen Klassiker zweit-verwertet werden, sondern auch einige imposante B-Seiten und Coverversionen zum Zuge kommen. Ausgewählt Albumtracks sorgen in diesem Zusammenhang dafür, dass man am Ende wirklich das Gefühl hat, hier einem bisher nicht unveröffentlichtem (Gesamt)schau des Meisters zu lauschen. Zweifelsohne haben sich die Macher sehr viel Mühe mit der Zusammenstellung gegeben, noch dazu bekommt man eine schicke DVD mit 11 Videos mitgeliefert, die ebenfalls mit einigen raren Live-Auftritten bestückt wurde. Alles in allem ist diese Zusammenstellung deshalb vor allem für jene Fans interessant, die wirklich alles vom „Mozzer“ besitzen wollen.
The Dodos haben sich derweil dazu entschlossen die Welt auf schwarz/weiß zu schalten und leisten mit „No Colors“ ihren Beitrag zum Post-Joy Division-Pop-Kosmos der Nuller Jahre. Das schlichte Artwork gibt die Richtung vor. Viele Songs wurden verschleiert, was wiederum alle Fans von Jesus & The Mary Chain oder den Raveonettes freuen sollte. Bemerkenswert an diesem Album ist vor allem, wie die Band mitten in den Songs immer wieder auf Sonnenstrahl-Modus schaltet, indem sie die eine oder andere schöne Melodie durch das Dickicht aus Hall und Wave hindurchdringen lässt. Wer also mal wieder zu trauriger Musik tanzen möchte, sei in diesem Zusammenhang an die Dodos verwiesen.
Fans von My Bloody Valentine sollten derweil die Ohren spitzen, wenn der Name Simon Says No! fällt. Das gleichnamige Album der Jungs klingt, als hätte der Black Rebel Motorcycle Club plötzlich wieder Blut geleckt. Im Grenzgebiet von Shoegaze, Post-Rock und Pop angesiedelt sind die Songs der Band damit nicht nur das perfekte Futter, um eine solch diskussionswürdige Teenie-Serie wie „Skins“ mit verstrahlten Sounds zu beleiefern, man kann sich von dieser Musik auch in bester Jesus & The Mary Chain-Manier die Gehörgänge vernebeln lassen.
Namensvetter Sir Simon wiederum hat ein ganz anderes Anliegen. Bei ihm wird nichts verschleiert. Seine melancholischen Indie-Pop-Perlen sind ein gefundenes Fresen für all jene, die sich schon seit Jahren nach einer Reunion von Bands wie Miles oder The Electric Club sehnen. Nach seinem Zwischenstopp bei Tomte besinnt sich Simon Frontzek wieder auf das Wesentliche und erzählt uns nach seinem gelungenen Debütalbum „Battle“ zehn neue Geschichten, welchen von Leerstellen im Alltag berichten. Wer auf melancholisch angehauchten Indie-Pop mit einer Haube aus Zuckerwatte steht, sollte unbedingt mal reinhören.
Wer auf klassischen Funk mit Minimal-Anleihen steht, der sollte sich mal das aktuelle Album von Wim Plug, Mark Kneppers und Oscar De Jong zu Gemüte führen. Unter dem Banner Kraak & Smaak knallen sie uns eine elektronisch angehauchte Fun(k)tasie vor den Latz, die alle Prince-Fans auf Wolke 7 hieven sollte. „Electric Hustle“ ist die House-Version dessen, was Chromeo zuletzt im Pop-Kontext versuchten. Wer auf „Nu-Disco“-Sounds steht und sich im Club gerne vom Raumklang die Nacht versüßen lässt, sollte sich diese Kopfhörer-Platte auf keinen Fall entgehen lassen.
The Truth About sind nicht nur eine Frauenband mit Mann. Sie haben auf ihrer aktuellen EP auch genügend Argumente zusammen, um die Tegan & Sara-Fraktion in Verzückung zu versetzen. Manchmal geht’s dabei zwar nicht ganz so glatt zu, wie bei den beiden Indie-Pop-Geschwistern, das macht aber nicht, „The Way We Move“ lebt gerade von seinen 90er Jahre Referenzen in Sachen Schrammelpop, die immer wieder für ordentlich Wumms in der verpoppten Glückseligkeit sorgen. Womit wir uns dann erstmal in die Osterferien verabschieden. Also lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?