Wer sich heute gerne mal in die 90er zurückspulen möchte, als Gitarrenbands noch so richtig viel Krach machten, weshalb es dann nur umso mehr Spaß bereitete, die schicken Melodien dahinter auszubuddeln. All jene, die sich von den letzten beiden Alben von Dinosaur Jr. Honig ums Maul schmieren ließen, weil sie so schrecklich schön aus der Zeit gefallen zu sein schienen. All diejenigen, sollten sich jetzt auf der Stelle das neue Album von Yuck reinziehen. Ich garantiere euch: nach zwei Minuten schwebt ihr im siebten (Gitarren)himmel. Das gleichnamige Werk des gemischten Quintetts klingt wie die Indie-Rock-Version des aktuellen J Mascis-Akustik-Releases. Das schönste an diesen zwölf Songs ist aber, dass sie allesamt funktionieren. Man wird Yuck nicht als hoffnungslose Nostalgiker abstempeln, man wird sie feiern für diesen Sound, weil er heraus sticht, wie Weihnachtsplätzchen.
Fitz And The Tantrums haben mit „Moneygrabber“ nicht nur den Sommerhit des Jahres im Gepäck, sie haben jetzt auch ein mitreißendes Album aus dem Ärmel geschüttelt, das allerhand tanzbare Funk-Perlen beinhaltet. Fans von Eli Reed dürfen blind ins Plattenregal greifen, eine bessere Anleitung zum Sonnenanbeten werden sie so schnell nicht mehr vor den Latz geknallt bekommen. „Pickin´ Up The Pieces“ ist ein bunter Knallkörper voll gepackt mit Radiohits der besseren Sorte. Die sechsköpfige Truppe schreibt Songs, die auch beim fünfzigsten Durchlauf noch für Wohlfühlstimmung unter dem geöffneten Autodach sorgen.
Yuja Wang hat sich in den Vereinigten Staaten inzwischen schon fast zum Superstar in klassischen Gefilden gemausert. Gut gelaunt arbeitet sie sich dementsprechend auch durch zwei anspruchsvolle Werke von Rachmaninov. Zusammen mit dem „Mahler Chamber Orchestra“ unter der Leitung von Claudio Abbado, der sich inzwischen nur noch sehr selten entschließt mit Solo-Musikern zu spielen, zaubert sie ein Lächeln aufs Gesicht ihrer Zuhörer. Entsprechend formvollendet klingt das Ergebnis, dass die beiden hier auf Silberling überführt haben. Man sollte sich vor dem Hörgenuss allerdings erst mal die passende Anlage zulegen, um wirklich das komplette Spektrum an Dynamik dieser Aufnahme miterleben zu können. Ansonsten ist ihre Adaption von Rachmaninovs Musik ein weiterer Schritt nach vorne für die chinesische Pianistin. Wer sich also mal wieder eine gute Stunde mit klassischem Liedgut im zeitgemäßen Outfit auseinander setzen möchte, darf sollte mal reinhören. Es lohnt sich.
The Pigeon Detectives waren schon mit ihrem letzten Werk drauf und dran, sich als die neuen Kaiser Chiefs zu empfehlen. Nach dem wagemutigen Debüt, das dem ersten Album der Wombats in nichts nachstand, war der Zweitling eher ein Werk des Übergangs, welcher mit „Up, Guards And At `Em“ nun folgerichtig zu Ende gegangen wird. Das dritte Album ist zweifelsohne auf große Hits zugeschnitten. Zehn Songs haben es auf den Silberling geschafft und schon der fulminante Opener „She Wants Me“ macht deutlich, dass nach zwei Top Five Alben in den britischen Charts jetzt die Pole-Position geknackt werden soll. Womit wir auch schon wieder bei den Wombats wären. Die haben nämlich ein ähnlich breitenwirksames Werk namens „This Modern Glinch“ rausgebuttert, das vor Hits nur so strotzt. Alles glänzt und das Rotzige von früher wurde durch eine großformatige Produktion an den Kanten ein bisschen abgeschmirgelt. Bemerkenswert an beiden Alben ist allerdings, dass das Ganze so hervorragend funktioniert. Songs wie „What Can I Say“ von den Pigeon Detectives und „1996“ von den Wombats hat man noch Stunden später im Ohr. Ein gewisser Hang zu treibenden Elektronik-Riffs zeichnete bereits die Vorab-Single „Vampires & Wolves“ (Wombats) aus, The Pigeon Detectives kontern diesen Track mit dem ebenso hymnischen „Lost“, das in jeder Indie-Disco für Euphoriesprünge auf dem Tanzparkett sorgen sollte. Ob nun die Wombats oder Pigeon Detectives in Sachen Langlebigkeit die Nase vorn haben, muss sich zwar noch unter Beweis stellen. Für den Moment genommen sind beide Platten aber einfach nur mit 20 Perlen der Glückseligkeit gesegnet. Deshalb feiert sie, so lange sie noch heiß sind. Kommt schon: „Jump Into The Fog With Me!“
Mit der Band Vs. Antelope haben die Kollegen von „Arctic Rodeo Recordings“ derweil schon wieder ein Allstar-Projekt mit allerhand alten Bekannten aus Klassik-Emo-Kreisen als Kontrastprogramm zum Austauschbaren Modern Rock-Gedudel aus dem Ärmel geschüttelt. Mitglieder von Jets To Brazil und Texas Is The Reason schicken sich auf dem selbst betitelten Werk an, die Welt um neun klassische Indie-Pop-Perlen zu erweitern, die alle in einen Glückstaumel stürzen dürften, die sich schon immer gefragt haben, wie die Rival Schools wohl in einer Pop-Variante klingen könnten. Wobei mit Pop hier natürlich gemeint ist, dass Gitarren auch mal etwas Lärm machen dürfen und die Gesangsstimme in Schieflage zu geraten hat, wenn das Herz danach verlangt. Wer auf die alten Scheiben von Superchunk steht, sollte sich dieses zeitlose Post-Emo-Werk also auf keinen Fall entgehen lassen. Es lohnt sich.
The Head and the Heart stehen auf Harmonien, wie die Fleet Foxes, möchten aber im Gegensatz zu ihnen nicht nur am Lagerfeuer herumsitzen, sondern auch mal das Tanzbein schwingen. Ihr gleichnamiges Album strotzt nur so vor Melodien, die jedem Fan des aktuellen Bright Eyes-Albums die Tränen in die Augen treiben dürften. Man möchte auf der Stelle mitklatschen, wenn „Coeur d´Alene“ den Raum mit seinen Melodien durchflutet. Bei dieser Band scheinen sich die mal herzerwärmenden mal beschwingten Refrains nahezu im Minutentakt die Klinke in die Hand zu geben. Deshalb „Dü Dü Dü Dü Dü Dü“ und ab dafür. „My Friends… I´m Talking About Leaving, I´m Leaving…“. Denn es ist doch so. “One Day We All Be Gone”. Deshalb vorher noch dieses Album zu Gemüte führen. Es versüßt dir die Zeit bis dahin.
Wer auf Elektro-Pop der Marke M.I.A. steht, das Ganze aber mit einer größeren Portion Soul-Pop serviert bekommen möchte, darf sich schon mal auf das neue Album von Ladi6 freuen. Die Soul-Musikerin reiht sich mit ihrem experimentierfreudigem Werk „The Liberation Of…“ irgendwo zwischen Erykah Badu & der sehnlich vermissten Ms. Dynamite ein. Die zehn Songs der Platte taugen allesamt zu Single-Hits, sorgen aber auch auf Langschleife für erhöhten Pulsschlag bei der Tanzbodenfraktion. Womit wir dann auch schon wieder am Ende wären für heute. Lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?