Liebe Leserinnen und Leser. Was bitteschön ist denn mit Kitty, Daisy & Lewis los? Die legen auf ihrem sehnlich erwarteten Nachfolger des selbst betitelten Debüts doch glatt los, als wollten sie Amy Winehouse Konkurrenz machen. „Smoking In Heaven“ legt eine so entspannte Attitüde an den Tag, wie man sie dieser Band nie und nimmer zugetraut hätte. Spätestens wenn ein astreines Bläsersolo den Raum mit jazzigen Parts füllt, setzt sich ein fettes Grinsen auf dem Gesicht des Zuhörers fest. Schön zu sehen, dass sich das Trio dazu entschlossen hat, ein bisschen herumzuexperimentieren. Auf die lieb gewonnen R&B und Rock´n´Roll Parts muss man natürlich trotzdem nicht verzichten. Schon der zweite Song „Will I Ever“ schubst dich nämlich wieder zurück in die 50er, um dir mit seinem zeitlosen Charme den Kopf zu verdrehen. Alles in allem machen Kitty, Daisy & Lewis auf ihrem zweiten Album alles richtig. Sie sorgen für Abwechslung, aber auch dafür, dass die alten Fans nicht das Weite suchen. Weil ihre Songs noch dazu ein gehöriges Maß an Hit-Appeal ausstrahlen, ohne sich dem gegenwärtigen Zeitgeist unterzuordnen, sollte das Trio mit diesem Album endgültig die Spitze der Charts erklimmen. Und mal ehrlich: Genau da will man diese Band auch sehen.
Und hach, wie lange ist das eigentlich her, seit wir uns über Paul Kalkbrenners famoses Gastspiel in „Berlin Calling“ scheckig gelacht haben. Wie lange haben wir nur darauf gewartet, dass es endlich wieder heißt: „Icke wieder“. Weil Paul Kalkbrenner es versteht, seine Tanzbodenraketen mit warmen Sounds zu kontern, wird sich auch anno 2011 nicht nur der geneigte Club-Gänger an seinen Tracks ergötzen, auch die Indie-Fraktion dürfte zu seiner neuen Platte auf Tagtraum-Modus schalten. Hinterher geht’s dann entweder ab zum „Schnakeln“ oder auf ins „Jestrüpp“. Da sieht man am Ende auch über das schlappe Cover-Artwork hinweg. Geht ja sowieso nur um Musik und die klingt, als wollte sie in einer warmen Nacht deinen Chauffeur durch den Dschungel der Clubs spielen.
Nik Freitas wildert diesbezüglich in ganz anderen Gefilden, ein hohes Maß an Wärme stellt sich dennoch ein, wenn sein Album „Saturday Night Underwater“ den Boxenturm flutet. Alles scheint zu schweben, während Freitas zärtlichen Melodien einen einlullen. Es werden schöne Erinnerungen an die Shins wach, aber auch Fans von Conor Oberst dürfen mal einen Durchlauf riskieren. Freitas ist nicht umsonst festes Mitglied der Mystic Valley Band des Bright Eyes-Sängers. Dieses Album bringt dich an einen Ort, wo die Uhren langsamer zu laufen scheinen. Am besten einfach die Augen schließen und „Saturday Night Underwater“ einlegen. Den Rest macht die Musik, die einen als Hörer die Hektik des Lebens vergessen lässt.
The Middle East sind ein paar echte Schlawiner. Da nennen sie ihr aktuelles Album doch tatsächlich „I Want That You Are Always Happy“ und legen dann einen Schmachtfetzen Coldplay´schem Ausmaßes vor, der sich noch dazu „Black Death 1349“ schimpft. Ansonsten hätte man aber auch schon beim Betrachten des Totenkopf-Puppenspiels auf dem Frontcover erahnen können, wohin der Hase läuft. The Middle East machen Tränendrüsen-Pop der Marke Snow Patrol, stellen sich dabei aber äußerst gekonnt an. Überhaupt geht von dieser Platte ein entrückter Charme aus, weshalb sich zu einem Song wie „As I Go To See Janey“ auch alle Beach House-Fans in den hymnischen Chören verlieren dürfen. „I Want That You Are Always Happy” ist ein bemerkenswerter, musikalischer Albtraum.
Alle Fans von Phoenix werden derweil auf der Stelle die Hände in die Luft schmeißen, wenn sie zum ersten Mal den Track „Cadenza“ von den Dutch Uncles präsentiert bekommen. Da geht die Sonne auf, wenn diese Wohlfühlschleuder von Song mit kandieren Melodien nur so um sich ballert. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wollte diese Band die ganze Welt in Zuckerwatte packen. Sofort schaltet der eigene Körper auf Mitwipp-Modus und man verliert sich in diesem Werk, bestehend aus elf Songs, die allesamt dazu einladen auf die Straße zu rennen und alle Anwesenden mit Luftküssen zu bedecken.
Sound Of Rum machen auf ihrem aktuellen Album schon nach wenigen Sekunden klar, wohin die Reise gehen soll. Die Scheibe klingt wie der weibliche Gegenpart zum Debütalbum der Streets. Alles mutet so schräg und gleichzeitig schmissig an, dass man sich sofort zu dem Sound der Truppe eingroovt. Während die wortgewandte Sängerin sich viel Mühe gibt, flow-technisch die Rhythmusfraktion auszuhebeln, entsteht daraus ein unmittelbares, äußerst aufrichtiges Werk, das „Balance“ in eine Welt bringen möchte, welche außer Kontrolle geraten ist. Wer sich mal wieder an ein wirklich ambitioniertes Post-Grime-Album zu Gemüte führen möchte, sollte unbedingt mal reinhören. Es lohnt sich.
Flogging Molly haben sich derweil schon seit Jahren einen festen Platz im Herzen der Folk-Punk-Gemeinde gesichert. Mit ihrem aktuellen Album „Speed Of Darkness“ dürfte sich das nicht groß ändern. Vielleicht werden ein paar Spätgeborene dazu kommen, die sich gerne mal eine gelungene Alternative zur aktuellen Yellowcard-Platte reinziehen möchten. Ansonsten gilt auch weiterhin: Wer auf Folkpunk der Marke New Model Army oder Nick Cave im Punkrockmantel steht, sollte unbedingt mal reinhören.
Womit wir dann auch schon wieder am Ende sind. Vorher allerdings möchten wir euch noch kurz auf den altehrwürdigen Seasick Steve aufmerksam machen. Der hat schon einige Lenzen auf dem Buckel, trifft mit seinem aktuellen Album „You Can´t Teach An Old Dog New Tricks“ aber trotzdem den Nerv der Zeit. Allen Fans der White Stripes wird jedenfalls das Wasser im Munde zusammen laufen, wenn der gleichnamige Titel-Track aus den Boxen scheppert. Ansonsten entpuppt sich das fünfte Album des Musikers als nostalgisch angehauchter Mix aus Bluegrass und Country-Gospel. Eine gelungene Kombination, finden wir. Da macht es auch nichts, dass er mal am Banjo zupft, weil seine Songs niemals ins Klischeehafte abdriften. Ein echter Geheimtipp also, dieser Musiker aus Oakland, der auch schon Janis Joplin und Joni Mitchell auf der Bühne begleitete. Deshalb einfach mal reinziehen und in Nostalgie schwelgen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?