Bilderbuch haben wir hier ja bereits für ihr fulminantes Vorgänger-Album abgefeiert, als ob es kein Morgen gäbe, nun legen sie mit „Die Pest im Piemont“ noch einmal einen oben drauf und servieren ihren Fans 14 mal lärmige, mal hymnische Indie-Pop-Perlen, die jeden Keller-Club in Ekstase versetzen sollten. „Unsere Jugend wird dahin sein wie der Rauch auf dem Schornstein“ gibt die Richtung vor und macht deutlich. Dieses Album will gefeiert werden und zwar jetzt. Klingt ein bisschen so, als hätte jemand den Erstling von Bloc Party auf deutsch übersetzt und anschließend noch mal bei Ja, Panik! geklingelt. Bei all dem Namedropping ist es durchaus bemerkenswert, dass da am Ende etwas Eigenständiges bei raus springt. Also „sei auf der Hut, von den Bäumen tropft Blut.“ Oder noch besser „das ist gang, das ist gäbe, Augen zu, Mund auf, ich lebe“. Spürst du es auch? „Die Häuser haben Risse, sie stehen nicht mehr lang.“ Deshalb am Besten einfach den Start-Button drücken und die Welt um sich herum einstürzen lassen.
Destroyer wird von allen Musikzeitschriften so hemmungslos auf Wolke Sieben gehievt, dass man fast schon wieder zum Gegenschlag ausholen möchte. Sein aktuelles Album klingt allerdings alles andere als „Kaputt“. Es lullt dich ein mit poppigen Melodien. Mal fühlt man sich an die ollen Sachen von Depeche Mode erinnert, mal an die Dream-Popper von M83. Alles glänzt, alles scheint zu schweben. Noch dazu kommt es ja nicht allzu oft vor, dass man als Musiker erst mit dem neunten Album zum Überholmanöver in Sachen Breitenwirksamkeit ansetzt. Dan Bejar hat es trotzdem geschafft und mit den Songs auf „Kaputt“ einen liebenswerten Melancholiker-Soundtrack für Fans von The XX bis The Cure zusammengezimmert, der sich nicht einmal zu schade ist, einen echten Formatradioschmachtfetzen namens „Savage Night At The Opera“ im Mittelteil zu verstecken. Wer im Pop seit Längerem das Nachhaltige vermisst, sollte unbedingt mal reinhören.
Na endlich, die Arctic Monkeys sind zurück und haben sich entschieden, wieder die Tanzschuhe überzustreifen. Die beiden Vorab-Veröffentlichungen „Brick By Brick“ und „Don´t Sit Down ´Cause I´ve Moved Your Chair“ führen mit ihrer Wüstenrock-Attitüde noch etwas in die Irre, ansonsten geht mit Ausnahme des Openers aber auch endlich mal wieder die Sonne auf. Das schmissige „Black Treacle“ zum Beispielt beflügelt auf einer grünen Wiese zum Salti schlagen. „The Hellcat Spangled Shalalala“ wiederum hätte auch im Rahmen des Last Shadow Puppets-Debüts einen guten Eindruck gemacht, welches Sänger Alex Turner ja höchstpersönlich mit Miles Kane veröffentlicht hat (der übrigens gerade auch ein zauberhaftes Debüt am Start hat, dass man sich als Monkeys-Fan gerne als Ergänzungsprogramm zu diesem Werk hier zulegen darf). Alles in allem scheinen die Arctic Monkeys nach ihrem Wüstenrock-Abstecher wieder Bock auf Popmusik bekommen zu haben. Das macht „Suck It And See“ zu einem äußerst leichtfüßigem Unterfangen. Einer echten Sommerplatte für romantische Tänze vor einer Sonnenuntergangs-Kulisse. Kurz gesagt: Diese Scheibe – „She´s Thunderstorms“.
Als Bachelorette bezeichnet man gemeinhin eine unverheiratete Dame. Der Name passt also schon mal ziemlich gut, wenn man bedenkt, dass Annabel Alpers ihr ambitioniertes Soloprojekt mit Selbigem bedacht hat. Die Scheibe selbst gerät ziemlich creepy. Alles wirkt ein bisschen verstrahlt, was die Musikerin auf dem gleichnamigen Werk an Soundexperimenten aus dem Ärmel schüttelt. In Annabels Songs spiegeln sich vier Jahrzehnte Musik-Geschichte wieder, was das ganze Unterfangen bisweilen etwas zerrissen wirken lässt. Mal fühlt man sich in Sachen Atmosphäre nach Twin Peaks transformiert, dann wiederum schwelgt man in schönen Erinnerungen an Grace Jones. Schade nur, dass sich all das nur bedingt zu einem schlüssigen Ganzen zusammenführen lässt.
EMA alias Erika M. Anderson geht die ganze Geschichte in diesem Zusammenhang wesentlich zielstrebiger an. Das aktuelle Album der „nächsten Patti Smith?“ (The Sunday Times) klingt, als wolle es dem guten alten Albumformat wieder auf die Sprünge helfen. Die neun Tracks auf „Past Life Martyred Saints“ klingen wie aus einem Guss und machen deutlich, dass Kompromisslosigkeit gerade in künstlerischer Hinsicht eben doch zu Höchstleistungen anspornt. Wenn hier Folkrock auf Gitarrenfeedbacks trifft, wirkt das niemals besonders abwegig. Alles wird von EMA schlüssig zusammengefügt, was dazu führt, dass einem als Hörer das Maul offen stehen bleibt. Enthusiasmus ist eben ansteckend. Und EMA hat mehr als genug davon.
Adam Young alias Owl City macht sich derweil daran, Indie-Pop mit Synthesizern zu befeuern. Dabei gelingt ihm die eine oder andere catchy Hymne, die auch den Fans der neuen Songs von Fall Out Boy gefallen könnte. Alles in allem klingt „All Things Bright And Beautiful“ wie eine aufgepäppelte Version des letzten Hellogoodbye-Albums. Es werden zwar Hit-Raketen im Dreiminutentakt abgefeuert, aber wenn der letzte Funken versprüht ist, fehlt leider die letzte Spur von Nachhaltigkeit, die auch die Bubble Gum-Produktion der Scheibe nicht zu kaschieren vermag. Für den Moment genommen funktioniert die Platte hingegen ganz vorzüglich. Wer in Sachen Musik allerdings nach Langlebigem strebt, sollte die Finger von diesem Album lassen. Hier ist alles auf den großen Moment zugeschnitten. Diese Scheibe kann man feiern. Muss man aber nicht.
Mads Langer beschäftigt sich bereits seit seiner Kindheit mit Musik. Kein Wunder, dass der Skandinavier irgendwann mal selbst auf den Brettern stehen wollte, die die Welt bedeuten. Das aktuelle Album des Liedermachers empfängt einen mit einladenden (bisweilen romantischen) Akustik-Pop-Klängen, die jeden Fan der einschlägigen Teenie Soap-Sampler der Marke O.C. California das Wasser im Munde zusammen laufen lassen. Bisweilen drückt der Liedermacher auf „Behold“ zwar etwas hartnäckig auf die Tränendrüse, kontert das ganze aber mit einigen herzlichen Sommerpop-Hits wie „You´re Not Alone“, das er sich mal eben von einer 90er Jahre-Dance-Compilation stibitzt hat. Wer seinen Sonnenuntergang gerne in der Farbe blutrot serviert bekommt, sollte unbedingt mal reinhören.
Wer sich zuletzt am Sound von CSS und Konsorten erfreute, für den sind Las Kellies ein gefundenes Fressen. Die spanisch-amerikanischen Songs der Mädels versprühen eine gehörige Portion Lebensfreude, sind aber spannend genug arrangiert, um die Hörerschaft auch beim zehnten Durchlauf noch um den Finger zu wickeln. Das gleichnamige Werk kontert den Post-Punk-Zeitgeist mit Palmenstrand-Sounds. Da dürfen auch Surf-Popper mal einen Durchlauf riskieren. Es lohnt sich. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?