Wie cool ist das denn. Da haben The Wonder Years erst vor kurzem mit ihrem zweiten Album dafür gesorgt, dass man sich plötzlich die alten Shirts von Saves The Day und den Get Up Kids nochmals überstreifen wollte und nun liegt auch schon der Nachfolger vor. „I´ve Given You All And Now I´m Nothing“ ist im Grunde genommen eine formvollendete Variante des Vorgängers. Es hat sich in Sachen Sound kaum etwas verändert. Die Jungs haben der Versuchung widerstanden sich von ihrem Produzenten in Richtung Stadionrock trimmen zu lassen. Stattdessen wird auch auf dem dritten Album wieder voll auf die Kacke gehauen. Der Band geht’s vor allem darum, eine gehörige Portion Enthusiasmus zu vermitteln. Davon haben sie auch mehr als genug, was dazu führt, dass man die Scheibe erst zehnmal durchlaufen lassen muss, bevor etwas hängen bleibt. Das allerdings war schon beim Vorgänger so und sorgte letztlich dafür, dass man sich nach einer gewissen Eingewöhnungsphase nie wieder von der Musik der Jungs trennen wollte. Diese Songs hier wachsen und wachsen. Wer sich also mal wieder ein Pop-Punk Album zu Gemüte führen möchte, dass diesen Namen auch verdient, der sollte unbedingt mal reinhören. Besser hätten es Saves The Day & The Anniversary in ihrer Frühphase auch nicht hinbekommen.
Mit viel Spannung wurde erwartet, ob Mikroboy mit ihrem zweiten Album das hohe Niveau ihres gelungenen Erstlings bestätigen können. Nach mehreren Durchläufen von „Eine Frage der Zeit“ lässt sich dieses Frage eindeutig mit „Ja“ beantworten. Die deutschen Get Up Kids haben in Sachen hymnischer, deutschsprachiger Popmusik sogar noch eine Schippe draufgelegt. Dieses Album hat genau die Tracks im Gepäck, die man auf dem letzten Album der lieb gewonnenen Kollegen von Virginia Jetzt! vermisste. Es scheint demnach wirklich nur „Eine Frage der Zeit“ zu sein, bis diese Band endlich auch in Sachen Breitenwirksamkeit auf die Überholspur wechselt. Wer sich schon immer mal gefragt hat, wie Phoenix wohl auf Deutsch klingen würden, hier kann er sich einen mehr als passable Eindruck davon machen. Ein Album gegen die eigene Lethargie. Also „Reiß dich los, grab dich frei“.
Clickclickdecker hat heimlich, still und leises ein neues Album veröffentlicht. Sein viertes wohl gemerkt. Wobei „Du ich wir beide zu den fliegenden Bauten“ wohl nur als kleine Zwischenmahlzeit zum nächsten, regulären Werk gedacht ist. Ist nämlich lediglich ein Live-Album geworden, wobei es schon imposant ist, wie der Sänger von Bratze seinen Songs hier noch mal diverse, nicht geahnte Facetten abtrotzt. Die Scheibe kann in Sachen Gänsehautatmosphäre durchaus mit dem letzten Live-Album von Kettcar mithalten. Und spätestens, wenn „Händedruck am Wendepunkt“ das Soundsystem flutet, ist dann auch der letzte Zweifler, dem nichts besseres einfällt, als „Abzocke“ zu brüllen, hingerissen von diesen Songs, die hoffentlich schon bald um einige Weitere ergänzt werden.
Sebastian Block, Sänger der Band „Mein Mio“, hat sich derweil dazu entschlossen, sein erstes Solo-Album aus dem Ärmel zu schütteln. Im Gegensatz zum gewöhnungsbedürftigen Output seiner Hauptband funktioniert „Bin ich du“ über die volle Distanz ganz vorzüglich. Alle Fans von Tele und Konsorten werden schon nach dem ersten Track auf Wolke sieben schweben. Die Scheibe versetzt einen sofort auf Mitschnipp-Modus, die Fingerspitzen purzeln unentwegt auf die nächstbeste Tischplatte, die Absätze deiner Stiefel trommeln im Takt, alles schreit nach „Pop“ und plötzlich ist man lauthals am Mitsingen. „Ich hab es vielleicht geahnt, doch gewusst hab ich’s nie“. Wer auf zuckersüßen, melancholisch angehauchten Indie-Pop der Marke Anajo und Virginia Jetzt! steht, sollte unbedingt mal reinhören. Oder am Besten gleich beim diesjährigen „Festungsflimmern“ vorbeischauen. Da kann man die Band nämlich am 3.7. live erleben (im Anschluss gibts noch den wunderbaren und äußert witzigen Film „Der Name der Leute“ zu sehen).
Queen-Fans müssen sich derweil vorkommen, wie auf Wolke sieben. Ein Re-Release nach dem Anderen wird in diesen Tagen veröffentlicht und ganz besonders erfreulich ist es, dass in diesem Zuge auch die Compilation-Reihe „Deep Cuts“ neu aufgelegt wurde. Der zweite Teil des Samplers beinhaltet zahlreiche, rare Tracks aus den Jahren 1977-1982. Die großen Hits der Jungs wurden hier ganz bewusst ausgeklammert, stattdessen bekommt man eher experimentelles Zeug von der Band präsentiert. Es ist bemerkenswert, welche Bandbreite an Stilrichtungen Queen mit ihrer Musik abdecken. Und zudem einfach klasse, dass man auf diese Weise endlich mal die Möglichkeit hat, sich abseits von den tot-gespielten Gassenhauern an verschollenen Perlen zu ergötzen. Wer etwas tiefer ins Universum von Queen eintauchen möchte, sollte sich unbedingt diese Scheibe hier nach Hause holen. Sie strotzt nur so vor Überraschungsmomenten.
Wer nicht genau aufpasst, könnte die Band Kellermensch versehentlich in eine Schublade mit Rammstein und anderen, düsteren Gestalten stecken. Ihr gleichnamiges Debüt hat allerdings mit deutschsprachigem, dick aufgetragenem Stadionrock gar nichts am Hut. Kellermensch stammen noch dazu gar nicht aus Deutschland, sondern aus Dänemark. Ihre Musik bewegt sich im Grenzgebiet von Nick Cave und der gehobenen Metal-Schule a la Neurosis, was dazu führt, dass man sich erstmal eine gehörige Portion Kajal ins Gesicht schmieren möchte, bevor man sich dann romantisch zum Dinner bei Kerzenschein verabredet. Anschließend wird dann die Grufti-Disco gestürmt und zum fulminanten „All Time Low“ auf der Tanzfläche durchgedreht. Wer endlich mal wieder ein mitreißendes „Metal“-Album mit Indie-Einschlag hören möchte, sollte in Sachen Kellermensch unbedingt zugreifen.
Während die Jungs von Deichkind schon seit Längerem nichts mehr von sich haben hören lassen, macht sich DJ Phono daran, seinem bisherigen Output als Solokünstler ein weiteres Kapitel hinzuzufügen. „Welcome To Wherever You´re Not“ lullt dich ein mit seinen atmosphärischen Passagen, verliert sich in vier bis zehnminütigen Elektro-Balladen und ist doch keine Sekunde langweilig. Die Scheibe versteht sich als formvollendetes Gesamtwerk, das zur Mitte hin eine Ahnung davon vermittelt, dass hier jemand durchaus aufs Gaspedal treten kann, wenn er denn möchte. Ansonsten lebt das Werk von seinen dynamisch arrangierten Tracks, die konsequent auf den atemberaubenden Höhepunkt der Scheibe, den Track „Your Name“, zusteuern. Wer auf klavierlastigen, atmosphärischen Elektro-Pop steht, sollte mal reinhören. Es lohnt sich.
Dan Black macht sich derweil daran, den ollen Hut namens Raprock noch mal aufs Neue überzustülpen, wobei es ihm zumindest stellenweise gelingt, das blutleere, letzte Werk von Linkin Park hinter sich zu lassen. Das liegt vor allem daran, dass auf „((Un))“ auch mal diverse R&B-Parts für Unterhaltung sorgen. So klingt die Scheibe dann auch, als hätte man Tracks von Fall Out Boy und Owl City durch den Remix-Wolf gedreht. In Sachen Zeitgeist dürfte das Ganze dann auch hervorragend funktionieren. Stellt sich nur die Frage, wie es mit der Halbwertszeit dieser Scheibe aussieht. Diese scheint mir nach Genuss diverser einfältiger Hitschleudern der Marke „Pump My Pumps“ und „Life Slash Dreams“ doch ziemlich gering zu sein. Womit wir auch schon wieder am Ende wären für heute. Also lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?