mit neuer Musik von Noel Gallagher´s High Flying Birds, Brett Anderson, “tv noir”, Theophilus London, Ugly Duckling, Blitzen Trapper, Yann Tiersen und Hélène Grimaud.
// Nachdem man sich schon mit dem gelungenen Debüt-Album von Beady Eye über den Verlust von Oasis hinwegtrösten durfte, bekommen alle ehemaligen Fans jetzt noch einen weiteren Rundumschlag aus dem Hause Gallagher vor den Latz geknallt. Noel Gallagher´s High Flying Birds sind am Start, um sich mit zeitgenössischen BritPop-Hymnen das Herz einer ganzen Generation aufs Neue zu erspielen. Vorneweg sei gesagt, dass das gleichnamige Solo-Debüt des begnadeten Musikers jeden alten Fan in Glückseligkeit stürzen dürfte. Der Scheibe gelingt es spielend das volle Spektrum vom balladesken „If I Had A Gun“ zum hymnischen „The Death Of You And Me“ auszuloten. Mit „A.K.A… What A Life“ hat Noel wahrscheinlich sogar den tanzbarsten Song seiner Karriere am Start und mit „(Stranded on) The Wrong Beach“, die Hymne, die zu nächtlicher Stunde abertausende von Menschen auf großen britischen Festivals mitgrölen möchten. Weil sich Noel außerdem dazu entschlossen hat, die Scheibe mit keiner festen Band einzuspielen / und noch dazu in allen Interviews betont, wie sehr er seine Ex-Band vermisst, nährt die Platte den Verdacht um eine sehnlich erwartete Reunion von Oasis – sollte es am Ende doch nicht soweit kommen, muss der geneigte Fan aber trotzdem nicht traurig sein. Dann bekommt er statt einem eben zwei Oasis-Alben pro Jahr präsentiert. Gibt Schlimmeres, oder?
// Brett Anderson sorgt nicht nur mit seiner Hauptband Suede für offene Mäuler bei BritPop-Anhängern. Er hat inzwischen unter seinem bürgerlichen Namen auch ein Solo-Projekt am Start, mit welchem er sein Gespür für melancholische Momente unter Beweis stellt. „Black Rainbows“ ist bereits das dritte Solo-Album des Musikers und im Gegensatz zum, über die volle Distanz etwas schlaffen, Vorgänger, wird diesmal gleich zu Beginn in experimentelle Gefilde abgedriftet. Der Opener „Unsung“ ist zwar ein astreiner Schmachtfetzen, er steckt aber voller kleiner Details, so dass man am liebsten zwei riesige Kopfhörer überstülpen möchte, während die Augenlider langsam zuzufallen beginnen. Weil sich im Zuge einer vollen Breitseite an Balladen eine gewisse Langeweile einstellen dürfte, drückt der Musiker auch hin und wieder aufs Tempo, was für zwei BritPop-Perlen der Marke „Crash About To Happen“ und „Thin Men Dancing“ sorgt. Alles in allem hätte „Black Rainbows“ mit Sicherheit auch als Suede-Comeback eine gute Figur gemacht, wird aber auch so viele Fans finden.
// Gerade noch haben wir uns zum Sound des ersten Samplers der TV-Reihe „tv noir“ in Kuscheldecken eingewickelt, da wird schon für Nachschub gesorgt. Mitte November erscheint der zweite Teil der „Akustik“-Reihe und steht dem Vorläufer in Nichts nach. Neben Everybodys Darling Bosse und Moderator Tex, sind mit Juli und Klee auch zwei echte Chart-Überflieger mit dabei. Außerdem schön zu sehen, dass sich auch einige renommierte, internationale Stars, wie Heather Nova und William Fitzsimmons haben breit schlagen lassen, ihren Beitrag zu leisten. Bei der Gelegenheit möchten wir euch darauf hinweisen, dass ihr nicht unbedingt die Glotze einschalten müsst, um euch „tv noir“ rein zu ziehen. Im Herbst schaut Tex mit seiner beliebten Show nämlich im Jugendkulturhaus Cairo vorbei. Nach seinem am Auftritt am 12.10. tritt er am 10.11. zusammen sind Yasmine Tourist und Wolfgang Müller im Cairo auf. Wir freuen uns drauf.
// Theophilus London braucht auf seinem aktuellen Album genau dreißig Sekunden, um alles unter Strom zu setzen. Der knackige Opener „Last Name London“ ist genau das Brett von Hitsingle, das man sich zuletzt von Dizzee Rascal gewünscht hätte. Das hohe Niveau kann sein Album „Timez Are Weird These Days“ leider nicht über die volle Distanz halten, weil die beiden Duette mit Sara Quin („Why Even Try“) und Holly Miranda („Love Is Real“) einfach zu arg in Richtung Formatradio schielen. Theophilus London macht mit seiner Platte deutlich: er möchte sich nicht lange in kleinen Clubs herumtreiben. Der Künstler möchte direkt ins Rampenlicht hüpfen, reißt das Ruder dann aber kurz vor Schluss mit den beiden tanzbaren Nummern „Lighthouse“ und „I Stand Alone“ doch noch mal herum und sorgt so für einen versöhnlichen Abschluss. Stellt sich abschließend nur die Frage, warum er die traumhafte Vorab-Single „Humdrum Town“ nicht auf die Scheibe gepackt hat. Da wäre nämlich noch ein weiteres Mal die Sonne aufgegangen.
// Warum Ugly Duckling hierzulande immer noch auf den großen Durchbruch warten, versteht eigentlich keiner. Eine sympathischere HipHop Band im Grenzgebiet von De La Soul und Jurassic 5 hat die Welt jedenfalls in den letzten 15 Jahren nicht gesehen. Unentwegt gehen die Jungs ihren Weg auf ihrem fünften Longplayer „Moving At Breakneck Speed“ weiter und vermengen auch diesmal klassische Funk- und Soulsamples mit knackigen Punchlines. Wer auf Old-School-Rap steht und das letzte Album der Cool Kids gar nicht mehr aus der Anlage nehmen wollte, der sollte unbedingt mal reinhören. Kommt schon… „Keep Moving“!
// Alle Fans von The Hold Steady und den Drive-By Truckers sollten sich in diesen Tagen mal an die neue Scheibe von Blitzen Trapper heranwagen. Deren aktuelles Album „American Goldwing“ schafft den Spagat zwischen zurückgelehnter Country-Ballade und hymnischer Rockschelte ohne im Einheitsbrei unterzugehen. Das liegt vor allem an den hervorragenden Texten der Band, die schöne Erinnerungen an Bruce Springsteens und Conor Oberst wachrufen. Man möchte mitten im Herbst das Schiebedach aufreißen und sich mit einer Kippe im Mundwinkel auf einsamen Landstraßen verlieren – wohl wissend, dass einen dieser Sound hier schon in Richtung Heimathafen steuern wird. Stellt sich nur die Frage: Wo hab ich eigentlich meine alten Holzfällerhemden verstaut?
// Yann Tiersen sollte vielen aufgrund seines Stelldicheins für den Kinofilm „Die wunderbare Welt der Amelie“ ein Begriff sein. All jene, die nur den Soundtrack kennen, dürften überraschend sein, welch breiten musikalischen Schatz der Künstler noch in der Hinterhand hält. Sein aktuelles Album „Skyline“ bildet da keine Ausnahme. Die Scheibe sorgt mit seinen zahlreichen Gesangspassagen sogar dafür, dass schöne Erinnerungen an Apparat und Radiohead wach werden. Das Album wurde von Ken Thomas in Szene gesetzt. Ein renommierter Produzent, der schon mit Sigur Ros und M83 ins Studio stapfte. Er sorgt dafür, dass man sich diesen wilden Mix am Besten per Kopfhörer zu Gemüte führt. Wer Gefallen an dem neuen Björk-Album gefunden hat, der sollte mal reinhören. „Skyline“ strotzt nur so vor Experimentierfreude und sorgt mit seinen eingestreuten Pianopassagen für die nötigen Verschnaufpausen.
// Klassisch geht’s auch im Hause Hélène Grimaud zu. Nach Bach, Brahms, Beethoven und Chopin hat sich die französische Pianistin nun auf Mozart gestürzt und dessen Piano-Konzerte „No. 19 in F Minor“ und „No. 23 in A Major“ in Szene gesetzt. Am Klavier kommt es ihr in gewisser Weise zu Gute, dass die Musikerin als Kind an ADHS litt. Die Scheibe gerät zu einem Rausch der Emotionen, der auch für Klassik-Laien ein echtes Vergnügen ist. Zusammen mit dem Kammerorchester des Bayrischen Rundfunks hat sie sich darüber hinaus zum ersten Mal daran gewagt, ein „Live-Album“ einzuspielen. Mit Mojca Erdmann setzt sie zudem die Arie „Ch’io mi scordi di te“ der Oper „Idomeneo“ in Szene. So dürfte am Ende für wirklich jeden was dabei sein. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?