mit neuer Musik von Gotye, Cymbals Eat Guitars, Lal, „FM4 Soundselection 25“, Bush, Boys Noize, Immanu El & Wrongkong.
Es ist schon irgendwie bemerkenswert, dass sich ausgerechnet die neue Single von Gotye zum heimlichen X-Mas-Hit des Jahres gemausert hat. Mit „Something That I Used To Know“ hat der Künstler wahrscheinlich den eindrucksvollsten Dubstep-Pop-Bastard des Jahres seit James Blakes „Limit To Your Love“ hingelegt. Das aktuelle Album „Making Mirrors“ imponiert vor allem wegen seiner Experimentierfreude. Hier treffen famose Disco-Pop-Knaller wie „Eyes Wide Open“ auf psychedelische Verschlepper der Marke „Smoke & Mirrors“. Der Facettenreichtum von Gotyes Songs ist für sich allein genommen schon ansehnlich, wie er aber einzelne Soundschichten übereinander stapelt und anschließend wieder dekonstruiert, verschafft einem fast das Gefühl, als Hörer selbst hinter den Reglern zu stehen. Für Platten wie diese wurde der Kopfhörer erfunden. Denn nur so entfaltet sich jedes noch so winzige Detail dieses vor Ideen nur so überschäumenden Pop-Manifests. Für mich ist „Making Mirrors“ auf jeden Fall jetzt schon das Pop-Album des Jahres.
Die New Yorker Indie-Popper von Cymbals Eat Guitars haben in ihrer Jugend einen Narren an der Musik von The Velvet Underground gefressen. Jedenfalls klingt auch ihr aktuelles Album „Lenses Alien“ wie ein zeitgenössisches Update des Sounds der Psycho-Popper um Mastermind Lou Reed. Sogar der Bandname bezieht sich auf das Kollektiv – was im Blätterwald natürlich für allerlei Huldigungen sorgt. Nach dem Genuss der zehn Songs muss man allerdings auch abseits des breitenwirksamen Gedönses um die Band feststellen, dass Cymbals Eat Guitars hier ein nostalgisch stimmendes Kunststück gelungen ist. Hat man sich nämlich erst mal die Melodien hinter den lärmigen Passagen frei geschaufelt, stellt sich ein ähnliches Wohlgefühl ein wie bei den Kollegen von Jesus & Mary Chain. Gekrönt wird das Ganze vom düsteren Videoclip zu „Keep Me Waiting“, den sich alle Fans bedrohlicher „Coming Of Age“-Movies auf keinen Fall entgehen lassen sollten.
Das aktuelle Album der Band LAL steckt nicht nur in einem hübsch aufgemachten Comic-Schuber aus Pappe, es hat auch extravagante Songs im Grenzgebiet von HipHop, Soul und Jazz im Gepäck. Die Musik des Kollektivs strahlt eine sonderbare Wärme aus, die sich einfach nicht in ein bestimmtes Muster pressen lässt. Sie pulsiert im Ungefähren und sorgt dafür, dass man sich einfach mal wieder fallen lässt. Mal werden schöne Erinnerungen an Massive Attack wachgerufen, dann wiederum schmiegen sich abstrakte Sounds der Marke Georgia Anne Muldrow an einen heran. Wer auf lässige Grooves in ambitionierter Verkleidung steht, sollte mal reinhören.
Und huch, so schnell geht das. Einmal auf den Geschmack gekommen, lässt uns der österreichische Radiosender „FM4“ einfach nicht mehr los. Grund dafür ist die nun auch hierzulande erhältliche „FM4 Soundselection“, deren 25ter Teil nun in den Läden steht. An dem gängigen Erfolgsrezept, österreichische Musiker mit internationalen Größen in den Ring zu schicken, hat sich auch diesmal nichts geändert. Und während auf Silberling Nummer Eins alte Bekannte aus dem Hause The Kooks („Junk Of The Heart (Happy)“), The Drums („Money“) oder The Rapture (die Intro-Charts No.1.-Hymne „How Deep Is Your Love“) um die Gunst des Publikums buhlen, bekommt man auf Scheibe Nummer Zwei zahlreiche, hierzulande kaum gehörte (aber absolut hörenswerte) Tracks von Musikern wie der Rapcrew Die Vamummtn (mit der Videospiele-Hommage „Nintendo“) oder den sympathischen Mädels von Luise Pop („Black Cat“) präsentiert. Wenn dann auch noch The Horrors („Still Life“), Thees Uhlmann („Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“) und Metronomy („The Bay“) um die Ecke biegen, kommt man aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus. Auch nach fünfundzwanzig Ausgaben hat die „FM4 Soundselection“ nichts von ihrem Charme verloren. Zudem ist dieses Sammelsurium des guten Geschmacks geradezu ideal, um die persönlichen Jahrescharts noch einmal um ein paar lupenreine Hits zu ergänzen.
Nach seinem Experimentier-Rockalbum mit der Band Institute und einem halbgaren Soloalbum unter eigenem Namen hat sich Gavin Rossdale nun dazu durchgerungen, seine ollen Kollegen von Bush wieder zusammenzutrommeln. Die Reunion war schon seit geraumer Zeit erwartet worden. In den vergangenen Jahren hat man schließlich bei Rossdales Solo-Gigs immer wieder diverse Bush-Klassiker vor den Latz geknallt bekommen. „The Sea Of Memories“ konnte demnach also nur ein waschechtes Desaster werden. Kein Mensch hat allen ernstes damit gerechnet, dass ausgerechnet diese Band, die schon damals von zahlreichen Hörern, als Trittbrettfahrer-Kollektiv abgestempelt worden war, tatsächlich noch mal ein relevantes Album veröffentlichen würde. Dann aber erklingen die ersten paar Sekunden von „The Sound Of Winter“ und sofort stellt sich dieses warme Gefühl wieder ein, Bush tragen zwar immer noch genauso dick auf wie früher, zeigen den Kollegen von 30 Seconds To Mars aber, worauf es ankommt. Man sollte nämlich vor lauter produktionstechnischem Aufwand nicht vergessen, gute Songs zu schreiben. Von denen wiederum haben Bush hier mindestens neun untergebracht. Und würden einzelne Stücke nicht gelegentlich etwas ausfleddern, man könnte „The Sea Of Memories“ als das ultimative Bush-Album bezeichnen. All jene, die sich am letzten Werk der Foo Fighters erfreuten, bekommen hier eine unerwartete Zugabe präsentiert. „All My Life I Am Waiting for This Moment“… soll heißen…: schön, dass ihr wieder da seit Jungs. Und entschuldigt bitte vielmals meine Voreingenommenheit. „The Sea Of Memories“ ist ein unerwartet gelungenes Werk. Und wir freuen uns jetzt schon auf Weiteres.
Der Elektro-Musiker Boys Noize gehört nicht erst seit seinem Headliner-Auftritt beim letztjährigen Berlin-Festival zu den Größen der Szene. Mit seinen brachialen Elektro-Stampfern sorgte er nicht nur bei eingefleischten Clubgängern, sondern auch bei der Indie-Rock-Fraktion für erfreutes Herumgehopse. Weil sich im Laufe der Jahre noch dazu ein breites Sammelsurium an Remixen für andere Künstler angesammelt hat, hat sich Alex Ridha nun entschlossen, die gelungensten davon auf zwei Silberlingen zu versammeln. So kommt man in den Genuss ballernder Elektro-Punk-Versionen von Depeche Mode, Feist, Snoop Dogg, Editors, David Lynch, Justice (wer sonst?!), The Chemical Brothers, Gonzales, Daft Punk, Marilyn Manson, den Kaiser Chiefs und vielen mehr. Sogar Charlotte Gainsbourg ist drauf. Und Ridha darf endlich mal unter Beweis stellen, dass seine Tracks auch mit angezogener Handbremse funktionieren.
Immanu El versuchen sich auf ihrem aktuellen Album „In Passage“ daran, orchestrale Klänge mit poppigen Melodien zu vereinen. Was entsteht ist eine sonderbare Art von Post-Pop, die geradezu dazu einlädt, die Augen zu schließen und in ferne Welten abzudriften. Hätte man so etwas nicht schon zigmal in ähnlicher Form von Sigur Ros und Konsorten präsentiert bekommen, man würde wohl vor Freude auf Tagtraum-Modus schalten und mit geschlossenen Augen entlang schneebedeckter Felder stapfen. So aber stellt sich schon nach wenigen Minuten ein Gefühl der Langeweile ein, das nicht unbedingt auf die Fähigkeiten der Band zurückzuführen ist, sondern darauf, dass Selbige sich immer wieder streng an den eigenen Richtlinien orientiert. Ein emotionaler Aufschrei (oder nennen wir es: Momente, die einen im Innersten aufrütteln) hätte am Ende sicher nicht geschadet. Trotzdem sollten Fans, die von oben genannten Bands gar nicht genug kriegen können, einen Durchlauf riskieren. Es könnte sich lohnen.
Die pop-affinen Kollegen von Wrongkong sind derweil auch noch nie eine Band für die kleinen Bühnen des Landes gewesen. Das machten sie unter anderem während ihres letztjährigen Auftritts beim Würzburger Hafensommer deutlich, bei welchem sie ihre elektronischen Pop-Songs exzentrisch in Szene setzten. Diese Band möchte Pop sein und tut auch auf ihrem zweiten Album „So Electric“ alles dafür, dass dieser Traum Wirklichkeit wird. Inzwischen kann die Band auf eine ganze Reihe illustrer Support-Slots verweisen, muss aber erst noch unter Beweis stellen, dass sie einen ganzen Abend auch auf eigene Faust zu meistern vermag. Wir wünschen deshalb viel Glück dabei und euch allen ein besinnliches Weihnachtsfest. Der „Zuckerbeat“ verabschiedet sich in die Weihnachtsfeiertage, traurig sein müsst ihr deshalb aber noch lange nicht. Nach den Feiertagen beglücken wir euch nämlich noch mit den schönsten Alben des Jahres in unseren Jahrescharts… also seit gespannt. Wir lesen uns.
UND WAS NUN?