mit neuer Musik von Die Profis, Fatoni, Sookee, Luise Pop, Big Deal, Matt Pryor, The Intersphere & The bianca Story.
// All jene, die zu Beginn des neuen Jahres ein wenig nostalgisch werden möchten, wollen wir in diesen Tagen auf den aktuellen Output von Die Profis verweisen. Dahinter stecken niemand Geringeres als Rapper Spax und DJ Mirko Machine, die sich daran machen, anspruchsvolle Rap-Klänge zurück auf den Plattenspieler zu schubsen. Den Albumtitel „Zeiten ändern dich nicht immer“ kann man einerseits als augenzwinkernden Breitseite auf Bushidos Filmgeschäft-Eskapaden verstehen, vor allem aber geht es den Jungs darum deutlich zu machen, dass man sich nicht verbiegen muss, geschweige denn das Provokations-Einmalseins zu Rate ziehen braucht, um sich als Rapmusiker eine treue Fanbase zu erspielen. Die lässt sich heutzutage sowieso nur noch bedingt in Plattenverkäufen messen, weshalb die Jungs sich auch überhaupt nicht darum bemühen, dem Zeitgeist hinterher zu hecheln. „Zeiten ändern dich nicht“ ist ein Album für alle, die auf klassische Rapmusik stehen. Dieses Album hätte genauso gut vor zehn Jahren entstehen können, dann würde es heute wahrscheinlich neben diversen Klassikern von Main Concept bis hin zu Kinderzimmer Productions eingereiht…
…und weil es gerade so viel Spaß macht, einfach mal wieder die Seele baumeln zu lassen und dem Vinyl beim Kratzen zuzuhören, möchten wir bei der Gelegenheit gleich noch auf das aktuelle Album von Fatoni hinweisen, welches beim Label „Kopfhörer Records“ erschienen ist. „Solange früher alles besser war“ liefert 15 klassische Rap-Produktionen, die ebenfalls einen nostalgischen Charme ausstrahlen. Der Künstler aus dem Hause Creme Fresh hat ja bereits mit seinem Gastspiel bei den Posaunisten von Moop Mama unter Beweis gestellt, dass er sich stilistisch nicht beschränken lässt, nun allerdings führt ihn sein Weg wieder „back to the roots“. Das dürfte all jenen gefallen, die sich auf Albumlänge gerne Geschichten erzählen lassen. „Solange früher alles besser war“ verzichtet über weite Strecken auf großspurige Effektgewitter und strahlt einen zurückgelehnten Charme aus, der dich trotz tagesaktuellem Themenspektrum wie im Track „Solange früher alles besser war bleibt alles beim alten“ (inklusive „Reimemonster“-Sample) niemals dem Zeitgeist unterordnet. Die zahlreichen Features von Audio 88, Yassin und Keno sorgen darüber hinaus für ein gehobenes Maß an Abwechslung, so dass man dieses Album all jenen ans Herz legen möchte, die aus Frust über diverse, aggressive Rap-Vertreter, inzwischen lieber den entspannten Klang-Eskapaden von Texta, Summsemann und Kayo lauschen.
// Und das ist jetzt nicht euer ernst?! Ihr habt noch nie etwas von Sookee gehört? Ich muss ja ehrlich gestehen: ich auch nicht, aber bin ich geflasht wie ne Wunderlampe von ihrer Musik. „Bitches, Butches, Dykes & Divas“ ist das ultimative Deutschrap-Album des Moments. Die elektrisierenden Beats, die lyrischen Ergüsse der Protagonistin. Hier stimmt einfach alles. Über fünfzehn Runden wird der oftmals vergrätzte Deutschrap-Fan mit politischen Lyrics beglückt, gegen K.I.Z. und Mario Barth gestänkert und der eigene Wertegang kritisch reflektiert. Eine Tanzbodenplatte, die noch dazu die allgemeine Fassungslosigkeit über die ganzen Hohlbrote auf dieser Welt transportiert. Besser geht’s kaum. „Sookee färbt HipHop lila“ steht auf der Packungsbeilage und man leckt sich die Finger nach diesem Werk, das sich endlich mal den gängigen Klischees widersetzt. Wer auf tanzbaren Rap mit elektronischer Breitseite steht, sollte unbedingt mal reinhören. Es lohnt sich: Pyro One-Beitrag inklusive.
// Alle Fans von Le Tigre bis Bikini Kill dürfen sich nun endlich über Nachschaub auf dem Plattenteller freuen. Die missmutigen Wiener(innen) von Luise Pop haben nämlich einen tanzbaren Indie-Rock-Brocken namens „Time Is A Habit“ aus dem Ärmel geschüttelt, der für euphorisches Herumgehopse auf den Tanzflächen sorgen sollte. Zwölf rotzige, kleine Perlen zwischen eineinhalb und fünf Minuten warten nur darauf, einem den Alltag zu versüßen. Vergnügt werden die Erwartungshaltungen der breiten Masse unterlaufen, stattdessen werden mürrische Kracher wie „Broken Bits“ aus der Hüfte geballert. Wer mehr wissen möchte, einfach mal reinhören. Es lohnt sich.
// Wer auf karamellisierte Pop-Melodien steht, die einen spröden Indie-Charme ausstrahlen, der sollte sich mal das aktuelle Album von Big Deal zu Gemüte führen. Die mal folkigen, mal psychedelischen Pop-Schmankerl des Albums „Lights Out“ erinnern nicht nur an die schönsten Momente von Mazzy Star und Konsorten, sie krallen sich auch an den Gehörgängen des verträumten Hörers fest. Die zärtlichen Momente rufen darüber hinaus schöne Erinnerungen an einige Songs des französischen Kollektivs Cocoon wach, wobei Alice Costello und Kacey Underwood auch auf Albumlänge nicht die Puste ausgeht. Wer sich schon immer mal gefragt hat, wie es wohl klingen würde, wenn sich Sonic Youth vollends auf den Pop-Aspekt ihres Schaffens beschränken würden, bekommt hier einen Eindruck davon. Ein „eindrucks“-volles Werk.
// Matt Pryor ist ein umtriebiger Typ. Mit den Emo-Legenden von The Get Up Kids und seinem symapathischen Side-Projekt The New Amsterdams hat er sich in der Vergangenheit eine breite Fanbase erspielt. Nun erscheint zum zweiten Mal ein Soloalbum unter des Künstlers bürgerlichen Namen und abermals kehrt Pryor darauf sein Innerstes nach Außen. Die spärlich instrumentierten Songs auf „May Day“ rufen schöne Erinnerungen an die Frühphase von Dashboard Confessional wach. Man hört den Stücken an, dass sie in einigen nächtlichen Studio-Sessions ohne Betätigen der Stopp-Taste aus dem Ärmel geschüttelt wurden. Man merkt auch, dass es Pryor ein Anliegen gewesen sein dürfte, sie in exakt dieser puristischen Form auf Platte zu überführen. Spätestens bei „Your New Favourite“ singen dann alle lauthals mit und freuen sich über die erste Emo-Hymne des Frühjahrs. Deshalb fordern wir… mehr davon, bitte.
// All jene, die sich schon seit Längerem nach einem neuen Album von Incubus sehnen und auch dem zeitgenössischem Output von Dredg nicht abgeneigt gegenüberstehen, sollten sich mal an das aktuelle Album von The Intersphere heranwagen. „Hold On, Liberty!“ kann man wohl als Alternativ-Prog-Album bezeichnen, es vereint nämlich auf imposante Weise die große Stadion-Geste von einer Band wie Live mit zahlreichen zeitgenössischen Passagen. Das dürfte nicht nur viele langjährige Festivalgänger nostalgisch stimmen, das wird auch Fans von U2 gefallen, weil sich The Intersphere in produktionstechnischer Hinsicht ebenso zügellos in Szene setzen lassen, wie die Kollegen von 30 Second To Mars. Wer auf Stadionrock mit Tiefgang steht, sollte mal reinhören. Es lohnt sich.
Nachdem bereits seit Längerem ein illustrer Act nach dem anderen aus unserem Nachbarland, der Schweiz, zu uns herübergereicht wird, freuen wir uns über den neuesten Wurf namens The bianca Story, welcher neben Boy und Sophie Hunger zum nächsten großen Wurf avancieren könnte. Fans von Nick Cave und Get Well Soon dürften ihre helle Freude an „Coming Home“ haben. Die Scheibe versucht sich am Balance-Act zwischen Stadionchören und Tränendrüse. Auf den ersten Durchlauf klingt das noch ziemlich absurd, mit der Zeit aber gewinnt man dieses schräge Werk ungemein lieb – wahrscheinlich auch deshalb, weil hier schöne Assoziationen an Werle & Stankowski geweckt werden. Wir freuen uns auf die Live-Darbietungen. Und machen Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?