mit den Bänden „FreakAngels“, „Gonzo“, „Das Schwert“, „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, „House Of Mystery“ und „Der Staub der Ahnen“.
// Steampunk-Fans haben wir ja bereits vor geraumer Zeit auf die Comic-Reihe „FreakAngels“ aufmerksam gemacht. Großmeister Warren Ellis, der bereits Geschichten um Judge Dredd, Thor und Die Fantastischen 4 in Szene setzte, gelingt hier eine atemberaubende Endzeit-Saga, die sich mit zwölf begabten Individuen auseinandersetzt. Nach dem Untergang der Welt versuchen die so genannten „Freakangels“ den letzten Überlebenden der Menschheit ein normales, irdisches Dasein zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang werden sie geleitet von ihrer eigenen Schuld, welche sie plagt und von den inneren Dämonen, die sie immer wieder einholen.
Waren Ellis und Mitstreiter Paul Duffield verwenden viel Zeit darauf, das Innenleben ihrer einzelnen Charaktere auszuleuchten. So wird man als Leser regelrecht in einen Sog der Emotionen gerissen. Auch der dritte Band schafft es, das hohe Niveau der beiden Vorläufer zu halten. Im Rahmen der Geschichte spitzt sich der Konflikt zwischen dem abtrünnigen Mark und dem Rest der Gruppe schrittweise zu. Immer wieder werden Angriffe auf „Whitechapel“ gestartet (das ist die Festung, welche die „FreakAngels“ zum Schutz der Menschheit errichtet haben), es stellt sich zunehmend die Frage, wie lange es Connor, KK, Arkady und ihren nächsten Verwanden, die allesamt mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen haben, noch gelingt, das Unglück zurückzuschlagen. In großformatigen atmosphärischen Bildern nimmt das Grauen seinen Lauf. Wie das alles endet? Wir halten euch natürlich auf den Laufenden und freuen uns jetzt schon auf den bereits angekündigten, vierten Band, der noch im Frühjahr 2012 bei „Panini“ erscheinen soll.
// Al jene, die sich bereits an der Graphic Novel „The Beats“ erfreuten, welche sich ausführlich mit den einschlägigen Vertretern der so genannten „Beat“-Generation auseinander setzte, dürften auch an „Gonzo“ ihre helle Freude haben. Die gleichnamige Graphic Novel, welche in diesen Tagen im „Tolkemitt Verlag“ erscheint (und lediglich in den Buchhandlungen von „Zweitausendeins“ erhältlich ist). beinhaltet „die grafische Biografie von Hunter S. Thompson“. Jener Thompson war nicht nur einer der renommiertesten Autoren der „Beat“-Generation, er wandelte auch Zeit seines Lebens auf dem schmalen Grad zwischen Genie und Wahnsinn, was die Wochenzeitung „Die Zeit“ dazu veranlasste ihn äußerst treffsicher als „Rache Amerikas an sich selbst“ zu beschreiben. Dem Kunstkritiker Will Bingley und Grafikdesigner Anthony Hope-Smith gelingt es das turbulente Leben des Protagonisten in zauberhafte Schwarzweiß-Zeichnungen zu transferieren. Dass jene vom Look her stark an „Fear And Loathing In Las Vegas“ erinnern ist in diesem Zusammenhang keinesfalls dem Zufall geschuldet. Schließlich ist Hunter S. Thompson selbst für den gleichnamigen Roman verantwortlich. Darüber hinaus nahm der Autor Zeit seines Lebens nie ein Blatt vor den Mund, so forderte er zum Beispiel nach Präsident Nixons Tod, dass man dessen Leiche doch bitte in einer Mülltonne verbrennen möchte und hielt der amerikanischen Gesellschaft immer wieder den Spiegel vor. Man hat das Gefühl, Thompson wollte mit seinem Schaffen die Fratze hinter der hübschen Maskerade offenbaren. Er legte den Finger nur allzu gern in die klaffende Wunde der amerikanischen Gesellschaft und ließ sich in diesem Zusammenhang von Niemandem beirren. Zwischenzeitlich brachte dieser Umstand Thompson den Ruf als drogensüchtiger Irrer ein – deshalb ist es schön zu sehen, dass diese Biografie der Versuchung widersteht, die undifferenzierte Darstellung der Figur Thompsons zu übernehmen. Stattdessen wird ein äußerst vielschichtiges Bild eines der wichtigsten Protagonisten der Literaturgeschichte gezeichnet. Wer mehr wissen möchte, sollte selbst mal reinschnuppern. Es lohnt sich.
// Die Macher von „Das Schwert“ wagen sich daran, die unterschiedlichsten Comic-Varianten unter einen Hut zu bringen. Das geschieht nicht etwa in Kurzgeschichtenform, sondern im Rahmen einer epischen Erzählung, die nicht nur in Martial-Arts-Gefilden wildert, sondern auch Coming Of Age-Passagen, Horror-Anleihen und „sagen“-hafte Momente beinhaltet. All das in einer Geschichte zu vereinen, dürfte nicht unbedingt einfach gewesen sein. Schon mehrfach sind solch ambitionierte Versuche vollends in die Hose gegangen. „Das Schwert“ bildet die Ausnahme von der Regel. Die düsteren Zeichnungen von den Luna-Brüdern sorgen für eine beklemmende Atmosphäre, die den Geschichten von Stephen King in nichts nachsteht. Joshua & Jonathan Luna haben in der Vergangenheit schon viel Erfahrung mit starken Frauenfiguren gesammelt (sie sind unter anderem beteiligt gewesen an den Superheldinnen-Reihen „Spider-Woman Origins“ und „Red Sonja“ sowie der verstörenden Mystery-Variante „Girls“). Die unterschiedlichen Facetten ihres breiten künstlerischen Schaffens bündeln sie nun in einer einzigen Geschichte. Im ersten Band „Feuer“ werden wir mit der Heldin bekannt gemacht. Sie hört auf den Namen Dara Brighton und sitzt nach einem Unfall im Rollstuhl. Am Leben hält sie vor allem die Unterstützung ihrer Familie, die sich liebevoll um sie kümmert. Eines Abends kommt es zu einem Einbruch – ein paar Fremde schwafeln irgendetwas von einem Schwert, dass sie suchen und als sie nichts finden, löschen sie Daras Familie aus. Die verwirrte, junge Dame bleibt als einzige zurück und stößt bei ihrer Flucht zufällig auf eben jenes Schwert, welches einst ihrem Vater gehörte. Warum er es vor der Welt versteckt hielt, welche Gefahren davon ausgehen und was es seiner neuen Besitzerin für eine Macht verleiht? Am Besten du findest es selbst heraus. Dieser Stil-Cocktail liefert packende Unterhaltung auf technisch höchstem Niveau und wirkt trotz seines Variantenreichtums immer nachvollziehbar und glaubwürdig. Da freuen wir uns jetzt schon auf die weiteren drei Bände, die in Kürze beim „Cross Cult“-Verlag erscheinen werden.
// Im Rahmen einer Graphic Novel einen literarischen Klassiker aufzugreifen, ist schon mehr als einmal ordentlich in die Hose gegangen. Stéphane Heuet allerdings gelingt das Kunststück, das Mammutwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von niemand Geringerem als Marcel Proust so aufzugreifen, dass daraus eine Art „künstlerisch-erweiterte Fassung“ des Originals entsteht. Im ersten Band der Reihe werden wir mit Marcel bekannt gemacht, der beim Geschmack einer Madeleine von einem nostalgischen Strudel der Emotionen erfasst wird. Der Untertitel „Combray“ bezieht sich auf die Heimat des jungen Mannes, dessen Leben sich fortwährend nur um ein essentielles Thema dreht: die Liebe. Kein Wunder, dass es nahezu 14 Jahre gedauert hat, bis es dem französischen Zeichner Heuet gelungen ist, dieses literarische Meisterwerk würdig als grafische Adaption in Szene zu setzen. Die lyrischen Ergüsse von Proust scheinen regelrecht mit den Motiven des Zeichners zu verschmelzen. Wie gebannt folgt man den Begebenheiten, die in den beiden folgenden Bänden ihre Fortsetzung finden. Im dritten Band (dem zweiten Teil des Original-Bandes „Im Schatten junger Mädchenblüte“) wird die hingebungsvolle Liebe von Marcel zu seiner Angebeteten namens Albertine skizziert. Der bürgerliche Knabe quillt geradezu über vor Emotionen und Heuet gelingt es diesen Umstand anhand einiger Schlüsselsequenzen in sommerlich-beschwingte Motive zu überführen. Überhaupt strahlt diese Adaption trotz des schwermütigen Themas eine Leichtigkeit aus, die ansteckend ist. Darüber hinaus ist es bezaubernd, Marcel beim Selbstfindungsprozess zuzusehen und mitzuerleben, wie er seine Vorlieben für die Kunst und das geschrieben Wort entdeckt. Für Proust-Laien, welche aufgrund der bisherigen Graphic Novel-Veröffentlichungen auf den Geschmack gekommen sind, sei bei der Gelegenheit angemerkt, dass noch weitere fünf Bände dieses epochalen Werkes auf eine Veröffentlichung in grafischer Form warten. Es dürfte also nicht allzu lange dauern, bis man erfährt, wie die Geschichte weitergeht. Im Zweifelsfall raten wir auch dazu, sich eventuell mal das Original unter den Nagel zu reißen – doch Vorsicht: mit sieben Bänden ist „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ ein nahezu episches Unterfangen, das einen ungemein hohen Sucht-Faktor erzeugt. Ein paar extra Wochen Urlaub können in diesem Zusammenhang also schon mal nicht schaden. Deshalb… sagt am Ende bloß nicht, wir hätten euch nicht gewarnt…
// Inzwischen sind auch zwei weitere Bände der Kurzgeschichten-Reihe „House Of Mystery“ beim „Vertigo“-Verlag erschienen. Der zweite Band dieses Remakes einer gleichnamigen Comic-Reihe aus den 50ern (lief bis Mitte der 80er) wurde abermals von den beiden Autoren Matthew Sturges (Titelstory) und Bill Willingham (Kurzgeschichten) in Szene gesetzt. Ergänzt wird das Trio von Zeichner Luca Rossi, der scheinbar spielend die unterschiedlichsten Facetten seines darstellerischen Talents abzurufen weiß. Darüber hinaus sind mal wieder zahlreiche Gastautoren und Illustratoren eingeladen, um den breiten Horrorreigen zum gruseligen Augenschmaus zu machen. Im zweiten Band „Liebes-Geschichten für die Toten“ dreht sich auch weiterhin alles um Fig Keeles. Jene werte Dame wird seit ihrer Kindheit von schrecklichen Träumen über das „House Of Mystery“ geplagt. Nachdem sie im ersten Band zufällig vor den echten Gemäuern des Hauses steht, kann sie der Versuchung nicht widerstehen, in die olle Bruchbude einzutreten und dem Geheimnis um ihre Träume auf den Grund zu gehen. Der Haken bei der ganzen Sache ist allerdings: hat sie erst einmal die Schwelle zum Anwesen überschritten, kommt sie nicht mehr hinaus. Deshalb beginnen sie (und auch die anderen Gefangenen) sich gegenseitig Geschichten zu erzählen. Ganz nebenbei gilt es auch noch das Geheimnis um den Keller im Haus zu lüften, in welchem von vielen Anwesenden der Ausweg aus diesem Labyrinth der Absurditäten vermutet wird. Überaus interessant an der „House Of Mystery“-Reihe ist in diesem Zusammenhang, das die einzelnen Episoden / Erzählungen der Hausbewohner, mit der Schicksalsgemeinschaft der Hauptgeschichte verbunden sind. (Nicht zuletzt die Comic-Adaption von „True Blood“ hat diesen Gedanken ebenfalls aufgegriffen). So wird man als Leser bei der Stange gehalten und darf sich im kürzlich erschienen, dritten Band namens „Der Raum dazwischen“ an weiteren, dunklen Schilderungen aus dem Grenzgebiet zwischen Leben und Tod erfreuen. Sie irrealen Komponenten und die märchenhaften Passagen, sie sorgen nicht nur für Abwechslung, sie strahlen alle auf ihre Weise einen kruden Charme aus. Darüber hinaus versuchen Fig Keele und ihre Mitstreiter im dritten Band den Ursprüngen des Hauses auf die Schliche zu kommen. Vorrangiges Ziel ist es, herauszufinden, wer für ihrer Gefangennahme verantwortlich ist. Worauf sie in diesem Zusammenhang stoßen, liegt schon im Buchtitel versteckt. Darüber hinaus bekommt man als Leser auch noch Gastbeiträge von Neal Adams, Sergio Aragones, Eric Powell („The Goon“) und David Petersen geliefert. Wie das alles enden soll? Wir sind gespannt und freuen uns auf die weiteren Bände.
// Felix Pestemer hat sich zugunsten seiner nun erschienen Graphic Novel „Der Staub der Ahnen“ ein komplettes Jahr in Mexiko herumgetrieben. Der gebürtige Braunschweiger sammelte dort Eindrücke für die weitestgehend fiktive Geschichte über einen Museumswächter namens Eusebio Ramirez, welcher von Geistern aus seiner Vergangenheit heimgesucht wird. Am so genannten „Tag der Toten“ kehren seit jeher die Verstorbenen zurück, um zusammen mit den Lebenden ein großes Fest zu feiern. Viele Menschen in Lateinamerika gehen bis heute davon aus, dass es auf der Erde vor Untoten nur so wimmelt. Pestemer gelingt es diesen Umstand in zauberhafte Zeichnungen zu überführen, die einen betörenden Reiz ausstrahlen. Ihm gelingt es mit seinen Motiven die mexikanische Kultur einzufangen. „Der Staub der Ahnen“ basiert über weite Strecken auf dem Bildband „Polvo – Tag der Toten“ und verschafft einen überaus interessante Einblicke in die Bräuche eines ganz besonderen Landes. Dass es dabei auch mal etwas gruseliger zugehen darf, muss in diesem Zusammenhang wohl nicht mehr extra erwähnt werden. Es lohnt sich auf jeden Fall sich über mehrere Stunden in diesem opulenten Bilderrausch zu verlieren, welcher einen immer wieder einen kalten Schauer über den Rücken jagt. Also gruselt euch schön. Bis zum nächsten Strichcode.
UND WAS NUN?