mit neuer Musik von Kettcar, die Türen, Dickes B!, Lambchop, tindersticks, The Excitements, Tom Liwa & Hanne Hukkelberg.
// Da ist es endlich. Das neue Album von Kettcar liegt vor uns und sorgt dafür, dass wir den Schneeflocken vor der Fensterscheibe beim Tanzen zusehen. „Zwischen den Runden“ ist die bisher ruhigste Platte der Hamburger Band und damit der Gegenentwurf zum schroffen Vorgänger „Sylt“. Gerade in der zweiten Hälfte nehmen sich Kettcar viel Zeit für ihre Songs und sorgen für zahlreiche, erhabene Momente. Man merkt der Band an, dass sie erst vor kurzem zusammen mit einem Streichquartett auf der Bühne stand. Die Hitsingles wiederum werden gleich zu Beginn verbraten. Mit „Rettung“, „Im Club“ und „R.I.P.“ werden am Anfang drei echte Hymnen aus dem Ärmel geschüttelt, die vor allem bei den Live-Auftritten der Band für echte Gänsehaut-Momente sorgen dürften. Wer die Band in den letzten Jahren lieb gewonnen hat, wird sich also wie verrückt freuen über dieses Werk. Und auch in textlicher Hinsicht haben die Songs von Kettcar in den letzten Jahren nichts an Glanz verloren. Wer bitteschön schreibt denn heute noch so wunderschöne Zeilen, wie „Die Hoffnung ist schon vorgerannt, das Grab schon mal zu graben“. Da merkt man gar nicht, dass diesmal ganze fünf Songs von Bassist Reimer Bustorff stammen. Wir fordern: mehr davon, bitte. Und Kettcar verweisen freundlich auf die „Special Edition“ dieses Albums, welche noch drei Songs mehr in der Hinterhand hält. Hach, wie ist das schön.
// Und man glaubt es kaum. Die Türen haben endlich mal wieder ein neues Album aus dem Ärmel geschüttelt. „ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ“ dekliniert klassischen, deutschsprachigen Pop einmal ordentlich durch und landet in diesem Zusammenhang im Grenzgebiet von den Sternen und den Goldenen Zitronen. Songtitel wie „Über den Tellerwäscherrand zum Millionär“ geben in diesem Zusammenhang bereits die Richtung vor und werden dafür sorgen, dass auch alle Fans des aktuellen Albums von Ja, Panik zu diesem Sound im Takt wippen. Vielleicht klappts ja nach all den Jahren doch noch mit dem großen Durchbruch, diverse Touren mit den Ärzten und Fettes Brot haben die Türen in der Vergangenheit ja auch schon absolviert. Zu wünschen wäre es den Jungs, auch wenn die charmanten Live-Auftritte der Band in großen Hallen sicher nicht den intimen Charme ihrer Club-Gigs erreichen dürften. Aber hey… man wird ja wohl noch träumen dürfen.
// Wer auf HipHop mit hohem Funkanteil steht, der darf sich in diesen Tagen über ein drittes Album der Kölner Rap-Formation Dickes B! freuen. „B-Prominent“ beschreibt nicht nur den gegenwärtigen Gemütszustand der Jungs, aus der Position des Underdogs heraus lässt sich auch nahezu unbeschwert drauf losoegen. Songs wie „Das B“ atmen nicht nur einen nostalgischen Flair früherer „Hausmarke“-Tracks, den Bandmitgliedern gelingt es auch überraschend gut, sich gegen gängige Szene-Konventionen zu wehren und einfach nur ihr eigenes Ding durchzuziehen. Im Gegensatz zu vielen Kollegen lassen es Dickes B! ähnlich entspannt angehen wie Toni L auf seinem letzten Album. Soll heißen: Wer auf die Partytracks aus dem Hause The Roots steht, sollte unbedingt mal reinhören. Es lohnt sich.
// Nachdem das letzte Album von Lambchop noch als Gratis-Beilage der deutschen Ausgabe des Musikmagazins „Rolling Stone“ beigefügt gewesen ist, steht der Nachfolger „Mr. M“ nun wieder ganz regulär im Plattenregal deines Vertrauens. Die Scheibe lullt einen mit ihren elf Tracks mal wieder so richtig herrlich ein und lässt für Fans des breiten Schaffens von Lampchop keine Wünsche offen. Für Neueinsteiger sei gesagt, dass man sich die Musik in etwa so vorstellen darf, als hätten sich die Eels auf Weichzeichner-Modus geswitcht. Die Scheibe, die ursprünglich „Mr. Met“ heißen sollte (was an den Einwänden der amerianischen Baseball-Liga scheiterte, weil ein gleichnamiges Maskottchen für die New York Mets über den Rasen hüpft und seinen Namen nicht teilen mochte), entführt einen in eine kuschelweiche Welt und lässt Wolkenformationen vor dem geistigen Auge eine Choreografie zu karamellisierten Indie-Pop-Melodien absolvieren.
// tindersticks haben sich in der Zwischenzeit auch dazu durchgerungen, ein neues Album aus dem Ärmel zu schütteln. „The Something Rain“ wird eingeläutet von einem schokoladigen Intro und macht sofort deutlich, dass der geneigte Fan keine großen Überraschungen erwarten sollte. Die Band perfektioniert mit dieser Scheibe ihren Stil und schafft es erstmals nach ihrer 2003er Bankrotterklärung wieder zu alter Form zurückzufinden. Auch nach zwanzig Jahren Bandgeschichte sprudeln die Ideen nur so aus ihnen heraus. Dass am Ende nur neun Songs auf dem Silberling gelandet sind, sollte in diesem Zusammenhang nicht weiter abschrecken. Die nämlich verteilen sich auf etwas mehr als fünfzig Minuten und lassen keine Wünsche offen. Wir freuen uns deshalb auf Weiteres und möchten der Band am Ende nochmal zurufen: danke, dass ihr euch treu geblieben seid.
// All jene, die auf klassischen R&B stehen, sollten sich mal das aktuelle, absolut zeitlose Album von The Excitements zu Gemüte führen. Schon das nostalgisch stimmende Artwork macht Lust auf mehr und die Band belohnt ihre Anhänger mit einer steifen Brise Soul, die jeden Stubenhocker ins Scheinwerferlicht des nächsten Jazz-Clubs schubst. Man hat wirklich das Gefühl man hätte hier eine verschollene Soul-Perle aus den 60ern vor sich legen, die irgendein findiger Musiker originalgetreu nachgeträllert hat. Nach Genuss dieser Platte muss man erstmal eine Zeitmaschine suchen, die einen wieder zurück in die Gegenwert holt. The Excitements sind bemerkenswert und könnten sich mit etwas Glück zum absoluten Geheimtipp mausern.
// Gerade mal zehn Tage hat Tom Liwa benötigt, um sein aktuelles Album aus dem Ärmel zu schütteln. Was nach einem astreinen Schnellschuss klingt, entpuppt sich als schnörkelloses Liedermacher-Werk, das mir persönlich wesentlich besser gefällt, als die wohl-überlagten Klänge eines PeterLicht. Das einzige Manko an „Goldrausch“ ist eigentlich, dass Tom Liwa die Gitarre gegen eine Ukulele tauscht. Das fängt (siehe auch das aktuelle Album „Ukulele Songs“ von Eddie Vedder) nach geraumer Zeit stark an zu nerven und beraubt so manchem Song seiner Atmosphäre. Die verspielten „Ukulele“-Klänge hauchen den traurigen Leidern allerdings vorübergehend auch eine gehörige Portion Leichtigkeit ein. So hinterlässt einen Goldrausch“ äußerst zwiegespalten. Man wünschte sich fast, Tom Liwa würde diese Momentaufnahme von einem Album nochmal mit kompletter Band einspielen. Die Songs hätten es verdient.
// Kaum auszumalen, dass Hanne Hukkelberg wirklich schon vier Alben auf dem Buckel hat. Die studierte Jazz-Musikerin wird allerdings auch auf ihrem aktuellen Album nicht müde, den Hörer mit zahlreichen experimentellen Passagen aufs Äußerste herauszufordern. Im Grenzgebiet von Gustav und Dillon präsentiert sie euphorisch-stimmende Popklänge, die mit sperrigen Tonabfolgen immer wieder ad absurdum geführt werden. Mehr als einmal läuft der Klang des Klaviers auf „Featherbrain“ ins Leere. Gerade aus den zahlreichen Dissonanzen zieht die Scheibe aber auch ihren Reiz, besteht so doch nie die Gefahr, dass man sich als Hörer von diesem jazzigen Monster einlullen lässt. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?