mit neuer Musik von Air, Daantje & The Golden Handwerk, Diagrams, The Asteroids Galaxy Tour, Field Music, O Emperor, The Stewardesses & Thos Henley.
// Air veröffentlichten nach ihrem gefeierten Erstling „Moon Safari“ in regelmäßigen Abständen neue Alben, die hierzulande weitestgehend mit verhaltenen Reaktionen bedacht wurden. Es stimmt ja auch: die verspulte Lässigkeit, welche Tracks wie „Kelly Watch The Stars“ und „Sexy Boy“ einst ausstrahlten, sind der Band nur noch vereinzelt gelungen. Das aktuelle Album „Le Voyage Dans La Lune“ versucht nun überhaupt nicht erst an die guten alten Zeiten anzudocken (auch wenn der Titel es vielleicht glauben machen möchte). Mit ihrem aktuellen Album vertonen Air stattdessen einen gleichnamigen Stummfilmklassiker (auf Deutsch: „Die Reise zum Mond“ – der Film spielt auch im Rahmen des wunderbaren Kinderfilms „Hugo Cabret“ eine wichtige Rolle), der in den 90er Jahren aufwendig nachkoloriert wurde. Im Gegensatz zu ihrem cineastischen Stelldichein im Rahmen der „Virgin Suicides“ gelingt es dem französischen Duo diesmal auch abseits der Leinwand mit muskalischer Rafinesse zu punkten. Ihre Songs strotzen nur so vor Ideen und Experimentierfreude und funktionieren in diesem Zusammenhang auch abseits des Kinosessels. Auf große Pop-Hits muss man als Hörer zwar weitestgehend verzichten, das macht aber nichts, denn „Le Voyage Dans La Lune“ funktioniert als fest-verzankte Einheit. Wer auf cineastische Pop-Dramen im Album-Format steht, sollte unbedingt mal reinhören. Es lohnt sich.
// Beim letzten Auftritt von Gisbert zu Knyphausen in Würzburg mussten alle Neuankömmlinge mehrmals darauf hingewiesen werden, dass um halb 9 noch nicht der eigentliche Hauptact auf der Bühne stand. Daantje hatte sich zwar die Backing-Band von Gisbert neben sich aufs Podium gehievt und wilderte auch in musikalischer Hinsicht in ähnlichen Gefilden, aber, dass ihn inzwischen sogar Pressevertreter in ihren Berichterstattungen mit Gisbert verwechseln, das hat ihn dann doch ziemlich zugesetzt, so dass er fortan mehrmals darauf hinweist, nicht Gisbert zu sein. Nichtsdestotrotz sollten sich alle Fans von Letztgenannten unbedingt das Album von Daantje & The Golden Handwerk zu Gemüte führen. „Ach“ strotzt nur so vor zauberhaften Hits im Grenzgebiet von Ton Steine Scherben und Selig (und das meine ich hier ausdrücklich positiv). Absoluter Höhepunkt des Albums ist der Song „Container“, der mit spärlicher Instrumentierung auf den ganz großen Höhepunkt zusteuert. Überhaupt sind alle Stücke hier auf das Wesentliche reduziert, so dass man bisweilen glaubt, einer Momentaufnahme zu lauschen. Den Songs schadet das nicht: ganz im Gegenteil: Illustre Kollegen wie Elliott Smith und Damien Rice haben ihre besten Songs ja schließlich auch ohne eine bombastische Produktion aufgenommen. Alles in allem: ein bemerkenswertes Album.
// Lediglich neun Songs finden sich auf dem aktuellen Album der Band Diagrams… die aber haben es in sich. „Black Light“ klingt, als hätten sich die Smiths mit Sufjan Stevens im Studio verabredet und einige Hit-Singles von Hot Chip nachgespielt. Scheinbar unbemerkt schleichen sich Tracks wie „Night All Night“ und „Ghost Lit“ an einen heran und setzen sich bereits nach wenigen Durchläufen im Gehirn des Hörers fest. Wenn dann im gleichnamigen Titeltrack auch noch die Effekt-Kanone ausgepackt wird und mit elektronischen Laserstrahlen um sich geballert wird, fühlt man sich, als würde da jemand in die großen Fußstapfen der Super Furry Animals treten. Diagrams selbst ist übrigens niemand Geringeres als der Frontman der Band Tunng – namentlich Sam Genders -, der sich mit diesem Album anschickt seiner Hauptband einen vorderen Rang auf den einschlägigen Indie-Pop-Beliebtheitsskalen abspenstig zu machen.
// Mit ihrem ersten Album konnten sich The Asteroids Galaxy Tour hierzulande leider noch nicht so recht im Gedächtnis der Massen verankern. Das könnte sich mit der Veröffentlichung des Nachfolgers ändern, alle Fans von tanzbaren Elektro-Funk-Krachern mit Amy Winehouse Gedächtnisstimme werden sich zu Songs wie „Dollars In The Night“ und „Major“ die Hüften verrenken.Nach dem imposanten Auftakt des Albums gelingt es der Band um Mette Lindberg und Lars Iversen, die Scheibe über die volle Distanz spannend zu halten. Mehr noch: „Out Of Frequency“ hangelt sich von Höhepunkt zu Höhepunkt und geht am Ende sogar als zeitgemäßes Update verfunkter Filmsoundtracks a la „Vampyros Lesbos“ durch. Sollte Tarantino irgendwann eine Fortsetzung von „Jackie Brown“ drehen, könnte er sich nahezu problemlos aus diesem Song-Sammelsurium hier bedienen. Ein eindrucksvoller Zweitling.
// Nachdem sie erst vor kurzem ihr Studio räumen mussten, weil das zugehörige Gebäude nicht mehr länger der Öffentlichkeit zur Verfügung stand, haben es sich Field Music nun im neuen Ambiente gemütlich gemacht. „Plumb“, das vierte Album des Duos, weisst in diesem Zusammenhang nur noch geringe Ähnlichkeiten mit dem gefeierten Vorgänger auf. Die Spielzeit von damals noch 70 Minuten wurde auf knapp 35 komprimiert und das tut der Scheibe außerordentlich gut. Die 15 Tracks pendeln zwischen den Polen Größenwahn und Minimalismus. Die Band scheut sich nicht vor Experimenten, findet aber in den entscheidenden Momenten immer wieder in die Spur zurück. Gegen Ende fabriziert sie in diesem Zusammenhang sogar noch eine echte Disco-Pop-Perle namens „Just Like Everyone Else“, die jeden Prince-Fan sofort auf den Tanzboden zerren dürfte.
// Wenn fünf Folk-Rocker aus Irland um die Ecke biegen, fühlt man sich schnell an die letzte Nacht im örtlichen Pub erinnert. O Emperor wiederum haben mit klassischem „Irish-Folk“ nur wenig am Hut. Sie orientieren sich in musikalischer Hinsicht schon mal an den großen Vorbildern im Brit-Pop-Bereich und haben mit „Hither Tither“ noch dazu einen echten Geheimtipp für alle Fans der Fleet Foxes in der Hinterhand. O Emperor sitzen musikalisch ein wenig zwischen den Stühlen und genau das macht ihren Charme aus. Die klassische Instrumentierung, die bewegenden Melodien, die hymnischen Passagen: all das verschmilzt auf diesem Album zu einen formvollendeten Ganzen. Wer sich einfach mal wieder zurücklehnen möchte und den Schneeflocken vor dem Fenster beim Tanzen zusehen möchte, findet hier den passenden Soundtrack dazu.
// Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie man ein Cover-Album so richtig in den Satz setzt. Die wenigen Ausnahme (beispielsweise: Neigungsgruppe Sex Gewalt und Gute Laune) muss man mit der Lupe suchen. The Stewardesses versuchen sich mit ihrem Album „Pussy Empire hebt ab“ ebenfalls an einem solch gewagten Unterfangen. Die Band schickt sich an, zeitgenössische Hits von Künstlern wie Herbert Grönemeyer, Juli und Das Bo in einen akustischen Kontext zu überführen. Das klingt mal liebenswert, mal schmalzig, mal peinlich und dürfte zumindest auf den einschlägigen Studenten-Partys für neugierige Blicke in Richtung DJ-Pult sorgen. Soll heißen: ein charmantes, kurzweiliges Album, das vor allem davon lebt, dass dabei so unterschiedliche Musikerinnen wie Illute, Catharina Boutari und Chantal De Freitas in die Trickkiste greifen.
// Thos Henley stammt aus dem kleinen Kaff Netley im Süden Englands und hat schon sehr früh sein Faible für akustische Gitarrenklänge entdeckt. Auf diese Weise haben sich in den vergangenen Jahren zehn zärtlichen Pflänzchen zeitgenössischen Liedermacher-Pops angesammelt, die nun im Rahmen der gleichnamigen Compilation (Untertitel: „A Collection Of Early Recordings“) auf einem Silberling vereint wurden. Fans der aktuellen Alben von Conor Oberst werden in diesem Zusammenhang sicherlich auf ihre Kosten kommen, weil die Herzschmerzballaden des „jungen Reisenden“, der gerne mal zu Fuß durch Frankreich und Griechenland schlendert, immer wieder auf dem schmalen Grat zwischen Radio-Rock und LoFi-Pop tänzeln. Ein durchaus liebenswertes Werk. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?