mit neuen Büchern von Miranda July, Daniel Kahneman, George R. R. Martin, Guy Deluchey und Ian McEwan.
// Die Vermonter Künstlerin Miranda July scheint ein echtes Multitalent zu sein. Nachdem sie uns im vergangenen Jahr bereits mit ihrer gelungenen Beziehungs-Geschichte „The Future“ die Tränen in die Augen trieb, hat sie nun auch noch ein Buch veröffentlicht, das schon allein aufgrund seiner hübschen Aufmachung des Kaufpreis rechtfertigen würde. „Es findet dich“ ist in diesem Zusammenhang eine Zusammenstellung zahlreicher Kurzgeschichten, die allesamt einem Zweck haben: für die Autorin galt es herauszufinden, wer sich hinter diversen Kleinanzeigen im „PennySaver“ versteckt. Also macht sie sich zusammen mit der Fotografin Brigitte Sire auf die Suche nach Menschen, die ihre Habseligkeiten zu einem Spottpreis via „PennySaver“ verschleudern.
So trifft sie zum Beispiel auf Pauline & Raymond, die einen großen Koffer für 20 Dollar unters Volk bringen möchten oder Matilda & Domino, die ein paar in die Jahre gekommene Glücksbärchis zum Preis von 2 bis 4 Dollar verjubeln . Im Rahmen ihrer „Expeditionen“ widmet sich Miranda July ausgiebig den Menschen hinter den Annoncen, welche sie nicht nur in anrührende Gespräche verwickelt, sondern auch über ihre bisherigen Lebenserfahrungen ausquetscht. Die zauberhaften Fotos von Brigitte Sire machen „Es findet dich“ nicht nur zu einem herzerwärmenden Vergnügen, sie führen einem auch die Menschen hinter der Produktpalette vor Augen. Miranda July zeigt mit ihren Geschichten, was wirklich wichtig ist im Leben und hat sich mit diesem Werk am Ende auch selbst therapiert. Denn eigentlich ist das Buch bereits im Jahre 2009 entstanden, da hatte die Autorin nämlich eine Schreibblockade und wollte sich mit ihren verrückten Hausbesuchen mal eben den Kopf frei schaufeln. Das wiederum ist ihr vollends gelungen. So sehr sogar, dass neben dem Film „The Future“ nun auch „Es findet dich“ in den Regalen steht. Ein durch und durch zauberhaftes Werk.
// All jene, die bereits an „Inkognito“ von David Eagleman ihre helle Freude hatten, möchten wir bei der Gelegenheit ebenfalls auf ein außerordentliches Werk eines anderen großen Denkers aufmerksam machen. Daniel Kahneman ist nicht nur Professor für Psychologie an der renommierten Princeton-Universität. Er wurde 2002 sogar als erster Nicht-Ökonom mit dem Wirtschaftsnobelpreis geadelt. In seinem aktuellen Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ („Thinking, Fast and Slow“) widmet er sich wie Eagleman den Prozessen in unserem Gehirn. Er wirft die Frage auf: Sind wir Menschen eher Vernunft-gesteuert oder verlassen wir uns auf unsere Intuition? Dabei geht er der Frage nach, was eigentlich „wirklich“ ist oder was wir als „wirklich“ annehmen. Er hinterfragt die Mechanismen unseres Verstandes und stellt dabei zunehmend unsere Wahrnehmung in Frage. Darüber hinaus lässt er sich es auch nicht nehmen, ein paar Seitenhiebe auf die so genannten Wirtschaftswissenschaften einzustreuen. Im Rahmen der einzelnen Kapitel widmet er sich schließlich dem Thema Illusionen, der Sache mit der Intelligenz und der Rationalität und stellt mit seinen Ausführungen zunehmend unsere Welt auf den Kopf. Im gewissen Sinne legt er immer wieder offen, dass man sich die Welt am Liebsten so zu recht legt, wie es einem am genehmsten ist. An den Dingen zu zweifeln scheint uns jedenfalls nicht in die Wiege gelegt worden zu sein und wir selbst scheinen nicht in der Lage zu sein, die Dinge als „Ganzes“ zu erfassen. So kommt man anhand Kahnemans Aufzeichnungen immer wieder ins Grübeln und wühlt sich regelrecht durch die 600 Seiten dieses Buches. Das Schönste aber ist: Daniel Kahneman möchte mit seinem Werk niemanden belehren. Er möchte die Menschen zum Nachdenken anregen. Und findet in diesem Zusammenhang genau die richtigen Worte, um wissenschaftliche Zusammenhänge für jedermann verständlich zu erklären. „Schnelles Denken, langsames Denken“ ist ein packendes Werk voller interessanter Überlegungen.
// Seit 1997 sind zehn Bänder der Fantasy-Saga von George R. R. Martin in deutscher Sprache (im englischen Original heißt die Familiensaga in 5 Bänden „A song of ice and fire“) erschienen und trotz der 10. Auflage des ersten Bandes ist die Erzählung aus einem anderem Mittelalter in manchen Kreisen noch immer ein Geheimtipp. Jeder, der bereits die Lektüre von „Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“ genossen hat, sollte sich für die anstehenden Sommerferien „Das Lied von Eis und Feuer“ besorgen. Um was geht’s im ersten Band der Reihe? Wie bei „Herr der Ringe“ erlebt der Leser abwechselnd aus der Sicht der neun Hauptcharaktere das feudale Leben auf dem Kontinent Westeros. Im Rahmen des ersten Bandes namens „Die Herren von Winterfell“ werden die Intrigen zwischen und in den Königshäusern und insbesondere zwischen Ned Stark und seine Familie dargelegt und dabei werden keine Abgründe verschwiegen, sondern bestimmte Eigenheiten der einzelnen Familienmitglieder dargelegt. Der Autor, George R. R. Martin legt in diesem Zusammenhang sehr viel Wert auf detaillierte Charakterbeschreibungen – mit der aufwendigen Verfilmung für den amerikanischen Sender HBO unter dem Namen „Game of Thrones“ (Ausstrahlung Frühjahr 2011) ist der Stoff darüber hinaus inzwischen auch äußerst bekannt geworden. Die Serie gewann mehrere Preise und lief in Deutschland bereits auf TNT-Serie und bei RTL II. Wer sie verpasst hat, dem sind unbedingt die Bücher zu empfehlen. Also viel Spaß beim Lesen. (besprochen von K. Reschke)
// Alle Tarzan-Fans dürfen sich in der Zwischenzeit über einen hochwertigen Bildband freuen, der sich mit der Entstehungsgeschichte der weltberühmten Romanfigur auseinander setzt. Das Leben des Menschenaffen wird von Autor Guy Deluchey nahezu übermächtig in Szene gesetzt. Auf knapp 300 Seiten widmet er sich nicht nur Tarzan-Gründer Edgar Rice Burroughs, sondern auch den zahlreichen Filmemachern, die sich seiner 30 Romane im Laufe der Zeit angenommen haben. Kaum zu glauben, aber Tarzan brachte es im Lauf der Geschichte auf nahezu 43 Kinofilme mit 21 unterschiedlichen Darstellern. Zu den berühmtesten zählen sicher Chrstopher Lambert, Johnny Weissmuller und Lex Barker, aber Deluchey ist niemand, der sich nur mit Oberflächlichkeiten zufrieden geben würde. Er versammelt nicht nur eine immense Menge an Informationen, sondern auch eine gehörige Portion Bildmaterial, das vor kurzem noch in den Archiven zu verstauben drohte. „Ich, Tarzan – Wie er wurde, was er ist“ ist in diesem Zusammenhang nicht nur ein gefundenes Fressen für Leinwand-Freaks, das Werk widmet sich auch den 57 TV-Adaptionen und über 12.000 Comics, Musicals, Action-Figuren und Computerspielen, die sich um den sympathischen Urwaldbewohner drehen. Man merkt dem Schöpfer an, dass er komplett vernarrt in die Figur des Menschenaffen ist und dieses Gefühl überträgt sich auf den Leser. Stundenlang wandert der Blick über die großformatigen Seiten des Werks, bis man schließlich völlig in der Welt von Tarzan versinkt. Wer sich neben zahllosen Fotos auch noch ein paar witzige Anekdoten und Hintergrundinformationen zu Gemüte führen möchte, ist bei „Ich, Tarzan“ an der richtigen Adresse. Guy Deluckey ist damit ein echtes Mammut-Werk gelungen.
// Wer auf lässige Charaktere der Marke Hank Moody aus der TV-Serie „Californication“ steht, sollte mal in den neuen Roman Ian McEwan rein schnuppern. „Solar“ dreht sich nur auf den ersten Blick um Sonnenenergie. Das Buch umreißt vielmehr den Alltag eines selbstverliebten Physikers namens Michael Beard, der nicht nur ein ausgewiesener Frauenheld, sondern auch ein frisch gebackener Nobelpreis-Träger ist. Statt sich allerdings mit Leib und Seele der Wissenschaft zu verschreiben, macht es sich der Protagonist erst einmal gemütlich. Michael will seinen Erfolg so richtig genießen und tritt dabei in allerlei Fettnäpfchen. Dabei ist man als Leser immer wieder hin und hergerissen, ob man die arrogante Haltung der Hauptfigur nun sympathisch oder verachtenswert findet. Wenn er Nebenbuhler für sich im Knast einsitzen lässt oder all die Umweltschützer da draußen mit einem zynischen Lächeln abkanzelt, wird deutlich, dass man von der Hauptperson selbst keine Wunder in Sachen Weltretten mehr erwarten sollte. Stattdessen krallt sich Michael einfach, was nicht niet- und nagelfest ist und scheut dabei auch nicht vor dem geistigen Eigentum des inzwischen eingekerkerten Nebenbuhlers zurück. Wer auf Respektlosigkeiten aller Art steht, sollte unbedingt mal reinlesen. Ian McEwan gelingt mit „Solar“ ein literarisches Meisterstück, weil er all das Gejammer der Gutmenschen da draußen mit einem Schuss Ironie kontert. Dadurch appelliert er fast beiläufig an das gute Gewissen des Lesers und führt einem nur umso deutlicher vor Augen, was gerade schief läuft in unserer Welt. Und damit Schluss für heute. Bis zur nächsten Leserunde.
UND WAS NUN?