// aufgelesen vol. (5)32 – „soledad“

mit dem Werk „Soledad“ von Thorsten Nagelschmidt. // „Soledad“ von Thorsten Nagelschmidt ist mehr als ein Roman über das Verschwinden – es ist eine Reise zu den äußeren Rändern unserer modernen Existenz, in das Unbekannte, das uns mehr über uns selbst verraten könnte, als wir je geahnt hätten. Der kolumbianische Dschungel, mit seiner mystischen Unberührtheit, […]

mit dem Werk „Soledad“ von Thorsten Nagelschmidt.

// „Soledad“ von Thorsten Nagelschmidt ist mehr als ein Roman über das Verschwinden – es ist eine Reise zu den äußeren Rändern unserer modernen Existenz, in das Unbekannte, das uns mehr über uns selbst verraten könnte, als wir je geahnt hätten. Der kolumbianische Dschungel, mit seiner mystischen Unberührtheit, wurde dabei zur idealen Kulisse für die Protagonistin Alena und Rainer, den deutschen Betreiber der abgelegenen Lodge. Beide Figuren tragen tief in sich diese unerfüllte Sehnsucht nach Zugehörigkeit und einem Ort, der ihnen Halt gibt. Doch während Alena versucht, ihre schmerzhafte Trennung zu verarbeiten, ist Rainer schon viel weiter gereist – geografisch und seelisch. Rainers Geschichte, die sich wie ein Spiegel von Alenas eigener Suche entfaltet, bietet das perfekte Spannungsfeld zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Als Rebell gegen die starren Normen der Nachkriegszeit in Deutschland war seine Odyssee durch Lateinamerika ein Versuch, sich selbst und seine Identität neu zu erschaffen.

Dass er schließlich ein Stück Land von einem kolumbianischen Drogenboss kauft, um seine Lodge mitten im Nirgendwo zu gründen, zeigt die radikale Konsequenz seines Lebenswegs. Was an dem Buch besonders fasziniert, ist das Zusammentreffen zweier Menschen, die so verschieden zu sein scheinen, aber in ihrer Essenz doch ähnliche Wünsche und Träume haben. Alena, die in ihrem Leben in Hamburg festgefahren ist, sucht in Soledad nach einer neuen Perspektive. Sie wird von Rainers Geschichten gefesselt, doch gleichzeitig spürt sie, dass unter der Oberfläche etwas Dunkleres lauert. „Soledad“ stellt die Frage, wie weit wir bereit sind zu gehen, um uns selbst zu finden. Und ob das, was wir am Ende vorfinden, wirklich das ist, wonach wir gesucht haben. Die Einsamkeit des Dschungels, das Rauschen des Windes in den Palmen und die allgegenwärtige Natur stehen im starken Kontrast zur hektischen Welt, die Alena hinter sich gelassen hat. Doch je tiefer sie in Rainers Welt eintaucht, desto klarer wird, dass auch hier niemand vor seiner Vergangenheit fliehen kann. Der Roman lebt von der Spannung zwischen Realität und Mythos, zwischen dem, was wir sein wollen und dem, was wir letztlich sind. Es geht um die Suche nach Anerkennung, um das Bedürfnis, irgendwo anzukommen. Und am Ende ist Soledad nicht nur ein Ort im Dschungel, sondern ein Zustand des Seins. Thorsten Nagelschmidt gelingt es, diese Themen mit Witz, Einfühlungsvermögen und einer gewissen Leichtigkeit zu verarbeiten, auch wenn der Roman tief in menschliche Abgründe vordringt. Es sind die kleinen Momente der Verbindung zwischen den Figuren, die einen beim Lesen am meisten bewegen. Letztendlich ist „Soledad“ eine Einladung, in eine Welt einzutauchen, die ebenso verlockend wie gefährlich ist. Ein Ort, an dem man sich verlieren und vielleicht auch neu finden kann.