mit neuen Büchern von Jens Bisky und Simon Beckett.
// In Die Entscheidung: Deutschland 1929 bis 1934 gelingt es Jens Bisky auf eindrucksvolle Weise, die letzten Jahre der Weimarer Republik als eine der prägendsten und gefährlichsten Epochen deutscher Geschichte darzustellen. Sein Werk beginnt mit dem Tod des Außenministers Gustav Stresemann, einer Schlüsselfigur der Stabilisierungspolitik, und endet mit der Errichtung des NS-Regimes – eine Zeit voller Unruhen und sich verschärfender Krisen, die wie ein düsterer Wirbelsturm über das Land hinwegfegte. Bisky zeichnet in seinem Buch ein lebendiges Bild dieser Zeit, indem er aus den Perspektiven unterschiedlichster Zeitzeugen berichtet: erschöpfte Sozialdemokraten, ratlose Liberale, nationalistische Desperados und Literaten kommen ebenso zu Wort wie Politiker, Journalisten und Offiziere.
Er stellt die Fragen, die sich die Menschen dieser Zeit stellen mussten, unmittelbar in den Raum und lässt sie selbst durch Tagebücher, Briefe und Zeitungsartikel wieder lebendig werden. Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie Bisky die zunehmende Zersplitterung und Radikalisierung der Gesellschaft nachzeichnet, die dem Faschismus Tür und Tor öffnete. Die unsicheren Verhältnisse, das Aufbegehren der Mittelschicht und die wachsende Verelendung, die bald eine extremistische Politik an die Macht hieven würden, werden schmerzhaft greifbar. Bisky schafft es dabei, historische Zusammenhänge präzise und anschaulich darzustellen, ohne jemals in trockene Geschichtsschreibung abzudriften. Er entwirft stattdessen ein vielschichtiges Bild dieser Übergangszeit und zeigt, dass das Scheitern der Weimarer Republik auch auf Fehleinschätzungen der eigenen politischen Kräfte zurückzuführen ist. Die Überheblichkeit vieler konservativer Eliten, die dachten, Hitler als Mittel zum Machterhalt nutzen zu können, wird besonders eindringlich dargestellt und lässt den Leser fassungslos zurück. Die Entscheidung ist nicht nur ein historisches Buch über den Zusammenbruch der Weimarer Republik, sondern auch ein Mahnmal gegen das Vergessen, das uns daran erinnert, wie schnell politische Instabilität in katastrophale Bahnen gelenkt werden kann. Für Leser, die ein umfassendes und detailreiches Bild dieser Epoche suchen, ist Biskys Werk ein unverzichtbarer Beitrag – ein Buch, das die Schrecken und die Tragik dieser Jahre eindringlich dokumentiert und aufzeigt, wie sehr diese Zeit bis heute nachwirkt.
// Simon Becketts Tiere ist ein Roman, der tief unter die Haut geht und eindrucksvoll aufzeigt, warum Beckett als Meister des psychologischen Thrillers gilt. Nigel, der eigenwillige Protagonist der Geschichte, führt ein isoliertes Leben voller Routinen und skurriler Eigenheiten. Was auf den ersten Blick fast komisch wirken mag, entpuppt sich jedoch schnell als düstere Fassade eines Mannes, der eine Abgrenzung zur Gesellschaft sucht – und das auf verstörende Weise. Im ehemaligen Pub seiner Eltern lebt Nigel allein und scheint das Leben aus sicherer Entfernung zu betrachten, ohne echtes Interesse an sozialen Kontakten. Doch diese Distanz wird zunehmend unheimlich, als wir einen Blick in seinen Keller werfen, wo er seine „Mitbewohner“ gefangen hält. Es ist der Moment, in dem die Spannung ins Unerträgliche wächst und Nigel’s gedankliche Abgründe klarer zutage treten. Beckett fängt die düstere Psyche seines Protagonisten eindrucksvoll ein, und die beklemmende Atmosphäre zieht sich wie ein dichtes Netz durch den gesamten Roman. In „Tiere“ bleibt Beckett seinem scharfsinnigen Stil treu und spielt meisterhaft mit der Perspektive: Als Leser schwankt man zwischen Abscheu und einem fast bedauernden Verständnis für Nigel, während man tiefere Einblicke in seine Motive und Neurosen erhält. Die Erzählweise ist packend, oft an der Grenze zum Horror, ohne jedoch je reißerisch zu wirken. Stattdessen entfaltet sich ein psychologisches Kammerspiel, das immer wieder überrascht und schockiert – Beckett zeigt einmal mehr, dass er es versteht, den Leser mit einem Wechselspiel aus subtilen Hinweisen und offenen Schreckensmomenten zu fesseln. Die besondere Stärke des Buches liegt darin, wie es die Gesellschaft durch die Augen eines soziopathischen Außenseiters beleuchtet. Es ist eine Geschichte über Isolation, verzerrte Moral und die Faszination des Abgründigen. Beckett schickt seine Leser auf eine düstere Reise, die am Ende noch lange nachhallt und einen Blick in menschliche Abgründe wirft, die man am liebsten schnell wieder vergessen möchte. Tiere ist ein fesselnder Psychothriller für alle, die düstere, tiefgehende Geschichten lieben und sich an der Frage, was ein Mensch wirklich zu einer „Bestie“ macht, nicht abwenden können. Ein beunruhigendes und packendes Werk, das man nicht so schnell wieder aus der Hand legt!
UND WAS NUN?