mit der neuen CD von Tocotronic.

// Golden Years ist ein Tocotronic-Album, wie es nur nach 30 Jahren Bandgeschichte entstehen konnte – reflektiert, melancholisch, aber auch trotzig und strahlend. Es ist eine Platte über die Zeit, über das Reisen und über das Bleiben, über das Älterwerden und die Frage, was eigentlich bleibt, wenn man so lange unterwegs war. Die Band klingt vertraut, doch es gibt diese neue Leichtigkeit, dieses selbstbewusste Schwingen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Intimität und Weltschmerz. Schon der Titel weckt Assoziationen – David Bowies Golden Years, ein Song über den Glanz und die Vergänglichkeit, über das Vergangene und das Kommende. Tocotronic nehmen diesen Gedanken auf und machen ihn zu ihrem eigenen: Sie blicken nicht nostalgisch zurück, sondern fragen, was diese „goldenen Jahre“ eigentlich bedeuten. Waren es die wilden Neunziger, als sie mit schiefen Gitarren und lakonischem Gesang die deutsche Indie-Szene revolutionierten?
Oder sind es die Jahre jetzt, in denen die Welt brennt, aber der Trost in der Kunst noch immer zu finden ist? Musikalisch ist Golden Years Tocotronic in Bestform. Die Gitarren sind mal schimmernd und sanft, dann wieder verzerrt und drängend. Die Melodien tragen eine Sehnsucht in sich, die sich zwischen hymnischer Weite und intimer Zerbrechlichkeit bewegt. Dirk von Lowtzow singt mit dieser Stimme, die seit Jahrzehnten gleichermaßen ironisch wie verletzlich klingen kann. Und natürlich gibt es diese Texte – rätselhaft, poetisch, politisch, voller Referenzen, aber immer offen für eigene Interpretationen. Es ist ein Album, das sich anfühlt wie ein Reisetagebuch, ein Soundtrack für lange Autofahrten, für einsame Spaziergänge im Regen, für Nächte, in denen man an vergangene Lieben denkt und sich fragt, wo die Zeit geblieben ist. Und doch ist es nicht nur melancholisch – es steckt auch ein unaufgeregtes Selbstbewusstsein darin, eine Art friedliche Versöhnung mit dem ständigen Wandel. Tocotronic sind nie stehen geblieben, sie haben sich immer wieder neu erfunden, und doch bleibt dieses unerschütterliche Tocotronic-Gefühl, das man schon beim ersten Akkord erkennt. Golden Years ist ein Album für alle, die mit Tocotronic aufgewachsen sind, für die ihre Musik wie ein langjähriger Freund ist, aber auch für diejenigen, die erst jetzt einsteigen. Es ist ein Album über das Unterwegssein und das Ankommen, über Licht und Schatten – und über die goldenen Momente dazwischen.
UND WAS NUN?