// werktag vol. (1)68 – „der plattenspieler“

mit den Werk „Der Plattenspieler“ von Konrad Paul Liessmann. // Ich wusste ehrlich gesagt nicht, wie sehr mir ein kleines, unscheinbares Buch wie „Der Plattenspieler“ von Konrad Paul Liessmann aus der Seele sprechen würde – bis ich es in der Hand hielt, aufschlug und kaum eine Stunde später in einem merkwürdigen, warmen Schwebezustand dasaß, mit […]

mit den Werk „Der Plattenspieler“ von Konrad Paul Liessmann.

// Ich wusste ehrlich gesagt nicht, wie sehr mir ein kleines, unscheinbares Buch wie „Der Plattenspieler“ von Konrad Paul Liessmann aus der Seele sprechen würde – bis ich es in der Hand hielt, aufschlug und kaum eine Stunde später in einem merkwürdigen, warmen Schwebezustand dasaß, mit dem Gefühl, gerade etwas gelesen zu haben, das auf leise, aber tiefgehende Weise etwas in mir aufgerüttelt hat. Dieses schmale Buch, gerade einmal 64 Seiten lang, ist keine bloße Liebeserklärung an ein nostalgisches Objekt. Es ist auch kein technikfeindliches Manifest. Was Liessmann hier macht, ist vielmehr eine Art Denkspaziergang – ein Flanieren durch persönliche Erinnerungen, kulturelle Entwicklungen, klangliche Sehnsüchte und philosophische Fragen. Dabei schreibt er in einer Sprache, die klug, aber nie überheblich ist. Voller Zuneigung, aber nie kitschig. Und obwohl der Ton ruhig und bedacht ist, steckt eine fast rebellische Haltung darin: gegen die Oberflächlichkeit des schnellen Streamens, gegen die Unverbindlichkeit des „Ich höre mal kurz rein“-Klicks. Was mich besonders berührt hat: Wie Liessmann es schafft, etwas so Technisches wie den Plattenspieler zu etwas zutiefst Menschlichem zu machen. Wenn er beschreibt, wie das Auflegen einer Platte eine kleine Zeremonie ist, mit Händen, Blicken, Erwartung – dann erinnert er mich daran, wie es sich anfühlt, Musik nicht zu konsumieren, sondern zu erleben.

Ich musste dabei an die Plattensammlung meines Vaters denken, an das vorsichtige Herausziehen der schwarzen Scheiben aus ihren Hüllen, an das Knistern, das dem ersten Ton vorausging. Es war kein Nebengeräusch, sondern Teil der Musik. Liessmann verknüpft seine Gedanken mit Anekdoten, etwa von der ersten eigenen Schallplatte oder der Faszination für das Coverdesign, und streift ganz nebenbei große Fragen: Was macht Kunst aus, wenn sie jederzeit und überall verfügbar ist? Was verlieren wir, wenn Musik keinen Raum und keine Zeit mehr beanspruchen darf? Und wie verändert sich unser Hören, wenn es keine Stille mehr davor und danach gibt? Die Illustrationen von Hanna Zeckau passen übrigens wunderbar dazu – zurückhaltend, stilvoll, mit einer fast meditativen Qualität. Sie fangen etwas ein von der Poesie der Maschine, ohne sie zu verklären. „Der Plattenspieler“ ist ein Buch, das man vielleicht gerade deshalb so schätzt, weil es sich der Hast unserer Zeit entzieht. Es will nicht belehren, es will erinnern – und zum Innehalten einladen. Und ja, es hat mir danach tatsächlich Lust gemacht, meinen eigenen alten Plattenspieler wieder hervorzukramen, verstaubt und ein bisschen störrisch, aber bereit für eine neue Drehung. Denn was dieses Buch einem leise zuflüstert: Es ist nicht nur die Musik, die zählt. Es ist das, wie wir sie hören – und mit welchem Herzen.